Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und lokal- und regionalpolitischen Funktionen in Montélimar, dessen Bürgermeister er auch war, saß Loubet, der einer wohlhabenden Bauernfamilie entstammte, 1876 bis 1885 als republikanischer Abgeordneter des Départements Drôme in der französischen Deputiertenkammer. 1887 wurde er erstmals Regierungsmitglied als Minister für öffentliche Arbeiten. Vom 27. Februar bis zum 29. November 1892 fungierte er als Ministerpräsident.
Seit 1885 Senator, wurde der linksbürgerliche und antiklerikale ranghohe Freimaurer 1896 zum Senatspräsidenten gewählt. Am 18. Februar 1899 wurde Loubet als Kandidat der Linken mit 483 von 812 gültigen Stimmen der Abgeordneten und Senatoren zum Staatspräsidenten Frankreichs als Nachfolger des im Amt verstorbenen Félix Faure gewählt. Sein Gegenkandidat Jules Méline erhielt 279 Stimmen.
In Loubets Amtszeit fällt sowohl die Festigung der Französisch-Russischen Allianz (1901 Besuch Zar Nikolaus II. in Paris, 1902 Gegenbesuch Loubets in Petersburg) als auch das Zustandekommen der Entente Cordiale und eine allgemeine Annäherung an Großbritannien, dessen König Eduard VII. er 1904 zum Staatsbesuch empfing.
Loubet, der sich in der Dreyfus-Affäre bis dahin neutral verhalten hatte, weigerte sich 1899 zunächst, Dreyfus zu begnadigen; dies könne auch als Kritik an der Armee und dem Militärgerichtsverfahren verstanden werden. Kriegsminister Galliffet schlug Loubet vor, die Begnadigung als einen acte de haute humanité (dt. Akt vornehmer Menschlichkeit) darzustellen und im Dekret Dreyfus’ besorgniserregenden Gesundheitszustand zu thematisieren.[3] Am 19. September 1899 unterschrieb Loubet das Dekret.[4]
Le Président Émile Loubet. Gratier, Grenoble 1900 (bnf.fr).
Matthieu Pibarot und René Girault: Émile Loubet et les Relations internationales : 1899–1906 (mémoire de diplôme d'études supérieures en histoire des relations internationales). Université Panthéon-Sorbonne, Paris 1992, OCLC492268177.
Émile Loubet, in Adolphe Robert und Gaston Cougny: Dictionnaire des parlementaires français, herausgegeben von Edgar Bourloton, 1889–1891.
Émile Loubet, in Dictionnaire des parlementaires français (1889–1940), herausgegeben von Jean Jolly, Presses universitaires de France, 1960.