Die Aleramiden waren die Familie der Markgrafen von Montferrat und Saluzzo vom 11. Jahrhundert bis 1305 bzw. 1543. Sie gehören zu den ältesten urkundlich nachgewiesenen italienischen Adelsgeschlechtern.
Die Aleramiden waren vermutlich Anfang des 10. Jahrhunderts im gräflichen Rang aus dem Westfrankenreich nach Italien eingewandert. Graf Aledramus (Aleram) war 961 einer der drei Adligen (neben Oberto von Luni, dem Stammvater der Obertenghi, und Arduin Glaber, dem Stammvater der Arduine), die von König Berengar II. (seinem Schwiegervater) bei der Neuordnung der feudalen Strukturen eine der neu geschaffenen Markgrafschaften übertragen bekam, in diesem Fall die Marca Liguria Occidentale (Markgrafschaft Westligurien) oder Marca Aleramica mit Vercelli, dem Montferrat, Ceva, Acqui Terme bis hinunter zur Mittelmeerküste zwischen Oneglia und Albenga. Der Zerfall des Königreichs und damit auch der markgräflichen Macht beschränkten den Herrschaftsbereich dann vor allem auf das Zentrum der Markgrafschaft: erstmals im Jahr 1040 wird ein Marcio aus der Familie als Markgraf von Montferrat bezeichnet. Aus verstreutem Besitz weiter im Westen und dem Erbe einer Tochter eines Markgrafen von Turin bildete eine Linie der Familie dann die Markgrafschaft Saluzzo, die 1142 das erste Mal erwähnt wird.
Die Linie in Saluzzo starb 1548 aus, nachdem sie wenige Jahre zuvor die Markgrafschaft verloren hatte. Die Linie in Montferrat war mit dem Markgrafen Johann I. bereits 1305 erloschen. Sie wurde von den Palaiologen beerbt, der damaligen kaiserlichen Familie in Byzanz, die die Markgrafschaft weitere 230 Jahre regierten. In weniger bedeutenden Nebenlinien existiert die Familie noch heute, darunter möglicherweise die Lanza.
Stammliste
Die Zählung der Markgrafen mit Namen Wilhelm ist in der Literatur nicht einheitlich. So werden zum Beispiel häufig Guglielmus († vor 933) als Wilhelm I. und Guglielmus (961/967 bezeugt) als Wilhelm II., zu deren Zeit die Markgrafschaft Montferrat noch nicht existierte, ebenso mitgezählt wie Wilhelm Lungaspada († 1177), der als Kreuzfahrer lebte und vor seinem Vater starb, somit selbst nicht Markgraf von Montferrat war.
Die Zählung hier folgt der von Schwennicke (s. Literatur) vorgeschlagenen, die mit Markgraf Wilhelm († vor 1042) beginnt, dessen (vermutlicher) Sohn Otto im Jahr 1040 erstmals als „Marchio Montiferratensis“ bezeichnet wird.
(I) Anselm I., 961/1014 bezeugt, 991 Markgraf; ⚭ Gisla, 991/1014 bezeugt, Tochter von Adalbert I., Markgraf in östlichen Ligurien (Obertenghi) – Nachkommen siehe ältere Linie
(I) Oddo, 961 bezeugt, † vor 991; ⚭ NN, Tochter von Graf Riprando von Piacenza – Nachkommen siehe jüngere Linie
Ältere Linie
Anselm I., 961/1014 bezeugt, 991 Markgraf; ⚭ Gisla, 991/1014 bezeugt, Tochter von Adalbert I., Markgraf in östlichen Ligurien (Obertenghi) – Vorfahren siehe oben
Ugo, 1014/33 bezeugt, † 26. Januar …, geistlich
Anselm II., 1014/17 bezeugt, † vor 1055, Markgraf; ⚭ Adelagia, 1017/55 bezeugt, Tochter von Markgraf Azzone
Anselm, 1055/65 bezeugt
Ugo, 1055/65 bezeugt
?? Teto (Teuto, Tetes), † vor 1064 – Nachkommen und Bemerkung siehe unten
Adelaide; ⚭ vor 15. Januar 1106 Brunio – Nachkommen: die Markgrafen von Sezze
Wido, 1030 bezeugt
Jüngere Linie bis Markgraf Rainer
Oddo, 961 bezeugt, † vor 991; ⚭ NN, Tochter von Graf Riprando von Piacenza – Vorfahren siehe oben
Wilhelm I., 991/1017 bezeugt, † vor 29. Januar 1042, Markgraf; ⚭ Waza, † vor 29. Januar 1042
? Otto, 1040 Marchio Montiferratensis
Wilhelm III., † wohl 1084/85, jedenfalls vor 1100, 1083 Markgraf von Ravenna; ⚭ I NN; ⚭ II Otta di Agledo, Tochter von Tebaldo in Ravenna, Sohn des Stadtgrafen von Ravenna
(I) Enrico il Balbo, † vor 4. Januar 1127, Marchese di Rocchetta
Bernardo, Marchese di Rocchetta 1137/35
Damicella, Erbin von Rocchetta; ⚭ Alberto d'Incisa
? Burcardo, 1126 bezeugt
(II) Wilhelm IV. genannt Inforzato, 1085/1100 bezeugt, † vor 4. Januar 1127
(III) Maria, * Sommer 1191 in Tyros, † 1212, 1206/12 Königin von Jerusalem, gekrönt am 3. Oktober 1210; ⚭ 14. September 1210 Jean de Brienne, Graf von Eu, 1210 König von Jerusalem, Regen von Konstantinopel, † 27. März 1237 (Haus Brienne)
Bonifatius I., X 4. September 1207, 1191 Regent und 1192 Markgraf von Montferrat, 1201 Anführer des Vierten Kreuzzugs, 1204, wohl im Mai, König von Thessaloniki und (wohl im Juli) Herr von Kreta; ⚭ I wohl vor 1171 vermutlich Elena di Busca, 1179 bezeugt, wohl Tochter von Anselmo Marchese des Bosco; ⚭ II Mai 1204 Margarete (griechisch: Maria) von Ungarn, * 1175, † nach 1223, 1207 Regentin von Thessaloniki, Tochter von König Béla III. (Arpaden), Witwe von Kaiser Isaak II. (Angelos)
(I) Wilhelm VI., 1191 bezeugt, † 17. September 1225, 1202 Markgraf von Montferrat; ⚭ I 1187 Sophie von Hohenstaufen, † wohl 1187/88, Tochter von Kaiser Friedrich Barbarossa (Staufer); ⚭ II vor 9. August 1202 Berta di Clavesana, Erbin von Mombarcaro und Cortemilia, 1224 bezeugt, Tochter von Marchese Bonifacio
(II) Johann I., * 1278 in Mailand, † wohl 9. März 1305, 1290 Markgraf von Montferrat; ⚭ 23. März 1296 Margareta von Savoyen, † 1339, Erbin von Lanzo, Ciré und Caselle, Tochter von Graf Amadeus V. (Haus Savoyen)
? Elena, Erbnichte des Demetrius von Montferrat, König von Thessaloniki, “domina totius regni Thessalonicencis”, am 5. Februar 1240 von Kaiser Balduin II. mit dem Anspruch auf das Königreich Thessaloniki belehnt, 1244 vom Papst bestätigt; ⚭ vor 1240 Guglielmo da Verona, Mitherr von Negroponte (Euböa), wohl 1205 Vasall des Königreichs Thessaloniki
(I) Beatrice, 1202 bezeugt; ⚭ Enrico II. Marchese del Carretto
Rainer (griechisch Johannes/Ioannes), * 1163, † vergiftet August 1182, nach dem 18., 1180 byzantinischer „kaisar“; ⚭ vor Februar 1180 Maria Komnene, * wohl März 1152, † vergiftet Juli 1182, erhält Thessaloniki als Mitgift von Kaiser Manuel I. Komnenos
Dieser Abschnitt folgt der Darstellung Harry Bresslaus (siehe Literatur), der den Stammvater Teto als Sohn Anselms († vor 1055) sieht, dies aber nur damit begründet – als Hinweis und nicht zwingend – dass einer von Tetos Söhnen den gleichen Namen trug.
Teto (Teuto, Tetes), † vor 1064 (Aleramide); ⚭ Bertha von Turin, Tochter Odalrich Manfreds II. Markgraf von Turin (Arduine), 1065 Gräfin
Manfred, Markgraf, 1064/65, † vor 1079
Heinrich II., 1097, † vor 1141, Graf von Paterno (Süditalien), Markgraf del Vasto; ⚭ Flandina, Tochter Rogers I.
(II) Johann Ludwig, † 1563, Markgraf 1528–1529, vertrieben, 1531 abgesetzt, überträgt seine Rechte an Frankreich, das Saluzzo am 17. Januar 1601 an Savoyen weitergibt
(unehelich) August, † 1587
Carlota Katharina; ⚭ Johann von Lür – Nachkommen: die Grafen von Lür-Saluces
(II) Franz, Markgraf, † 28. März 1537, Markgraf 1529–1537,
(II) Gabriel, Markgraf, † 29. Juli 1548 in Gefangenschaft, Markgraf 1537–1543, vertrieben
Leopoldo Usseglio: I Marchesi di Monferrato in Italia ed in Oriente durante i secoli XII e XIII, 2 Bände, Mailand 1926 (Biblioteca della Società storica Subalpina NS VI-VII)
Maria d'Incisa di Camerana: I Marchesi d'Incisa di Discendenza Aleramica del secolo XII ad oggi, Florenz o. J.