Anthophyllit kristallisiert im Orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt meist körnige, faserige und radialstrahlige Aggregate, aber auch langprismatische Kristalle in verschiedenen Farben, wobei Braun jedoch vorherrschend ist. Andere Farben wie Gelb, Grau, Weiß, Grün sind eingemischt, treten aber auch für sich auf. Die Kristalle zeigen Glasglanz, Spaltflächen dagegen Perlmuttglanz. Bei Verwitterung wird Anthophyllit matt.
Namensgebend waren wegen ihrer dunkelbraunen Farbe die Früchte der Gewürznelke, auch Mutternelke genannt, deren lateinischer Name Anthophylli lautet. Dieser Name leitet sich wiederum aus altgriechischἄνθοςánthos, deutsch ‚Blüte, Blume‘, und φύλλονphýllon, deutsch ‚Blatt‘ her.
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Anthophyllit zur Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Ferro-Gedrit, Gedrit und Holmquistit die zu den Orthoamphibolen gehörende „Anthophyllit-Reihe“ mit unendlichen Doppel-Zweierketten (Bändern) [Si4O11]6− und der System-Nr. VIII/D.06 innerhalb der Amphibol-Familie bildete.
Im überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/F.12-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Ketten- und Bandsilikate“, wo Anthophyllit zusammen mit Ferro-Anthophyllit, Ferro-Gedrit, Ferro-Holmquistit, Ferro-Papikeit (früher: Natrium-Ferrogedrit), Gedrit, Holmquistit, Natrium-Anthophyllit, Natrium-Ferro-Anthophyllit, Papikeit (früher: Natrium-Gedrit), Proto-Anthophyllit, Proto-Ferro-Anthophyllit, Proto-Ferro-Suenoit die Gruppe „Orthorhombische Amphibole“ bildet (Stand 2018).[8]
Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Anthophyllit in die Abteilung der „Kettensilikate mit doppelten, unverzweigtem Ketten, W=2“. Hier ist er in der unbenannten Gruppe 66.01.02 innerhalb der Unterabteilung der „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2 Amphibol-Konfiguration“ zu finden.
Vor dem Lötrohr wird Anthophyllit grünlichschwarz, verliert seinen Glanz und wird mürbe, schmilzt aber nicht. Die Boraxperle wird dabei nur wenig aufgelöst und färbt sich grünlichgelb oder lauchgrün bis olivgrün.[7]
Die Bezeichnung Kupfferit, benannt nach dem deutsch-baltischen Physiker, Mineralogen und Physikochemiker Adolph Theodor Kupffer, ist ein Synonym für zwei verschiedene Varietäten von Anthophyllit:
Magnesio-Anthophyllit wurde von Allen and Clement erstbeschrieben und stellte sich bei späteren Analysen als magnesiumhaltige Varietät heraus[10]
eine chromhaltige Varietät wurde erstmals von Koksarov beschrieben[11]
Als relativ häufige Mineralbildung konnte Anthophyllit an vielen Orten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 700 Fundorte dokumentiert sind (Stand: 2019).[12] Bekannte Vorkommen sind neben seiner Typlokalität Kongsberg in Norwegen unter anderem das Gebiet um Bodenmais in Niederbayern (Deutschland) und die Oblast Swerdlowsk im russischen Föderationskreis Ural. Anthophyllitasbest-Lagerstätten kennt man aus Paakkila (Gemeinde Tuusniemi), Rikkavesi und Usinmäki in Finnland, Hamersley in Australien sowie die Sall Mountains in den US-Bundesstaaten Georgia und North Carolina.[13]
Christian Friedrich Schumacher: Versuch eines Verzeichnisses der in den Dänisch-Nordischen Staaten sich findenden einfachen Mineralien. Brummer, Kopenhagen 1801, S.96 (rruff.info [PDF; 814kB; abgerufen am 29. November 2019] siehe auch eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Anthophyllite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF); abgerufen am 29. November 2019 (englisch).
↑ abcdHugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S.625 (englisch).
↑ abcd
Anthophyllite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 81kB; abgerufen am 29. November 2019]).
↑ abcdeAnthophyllite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 29. November 2019 (englisch).
↑ ab
Christian Friedrich Schumacher: Versuch eines Verzeichnisses der in den Dänisch-Nordischen Staaten sich findenden einfachen Mineralien. Brummer, Kopenhagen 1801, S.96 (rruff.info [PDF; 814kB; abgerufen am 29. November 2019] siehe auch eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
↑Kupfferite (of Koksarov). In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 11. Dezember 2020 (englisch).
↑Localities for Anthophyllite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 29. November 2019 (englisch).
↑Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S.528.
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Fundortliste für Anthophyllit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 29. November 2019.