Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).
Atorvastatin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Statine, der zur Therapie der Hypercholesterinämie eingesetzt wird. Er kam 1997 in den USA als Lipitor, in Deutschland als Sortis auf den Markt, das bis 2017 mit einem Gesamtumsatz von 142 Milliarden US-Dollar das umsatzstärkste Medikament weltweit war.
Entwickelt wurde Atorvastatin 1985 von dem US-amerikanischen Chemiker Bruce D. Roth.
Atorvastatin ist ein kompetitiver HMG-CoA-Reduktasehemmer. Die HMG-CoA-Reduktase wirkt als Katalysator bei der Reduktion des 3-Hydroxy-3-methylglutaryl-Coenzyms A (HMG-CoA) zu Mevalonat, welche einen begrenzenden Schritt in der hepatischen Cholesterinsynthese darstellt.
Durch die Absenkung der Cholesterinsynthese steigern die Leberzellen die Anzahl der LDL-Rezeptoren auf der Zelloberfläche, sodass die LDL-Aufnahme in die Leberzelle erhöht und damit der LDL-Spiegel im Blut verringert wird.
Wirkstärke
Atorvastatin galt bis Anfang 2009 als in den eingesetzten Dosierungen (10 bis 20, selten bis 80 mg pro Tag[5]) als das am stärksten wirksame Statin auf dem deutschen Markt. Es ist etwa zwei- bis dreimal so stark wirksam wie Simvastatin (10 mg Atorvastatin entsprechen etwa 20–30 mg Simvastatin).[6] Stärker als Atorvastatin ist das auf dem deutschen Markt seit Januar 2009 verfügbare Rosuvastatin.[7]
Nutzen
Im Rahmen der groß angelegten multizentrischen randomisierten kontrollierten Studie „Collaborative Atorvastatin Diabetes Study“ (CARDS) konnte gezeigt werden, dass die Behandlung mit Atorvastatin im Vergleich zu Placebo das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse signifikant reduzieren kann. Die absolute Risikoreduktion betrug 3,2 Prozentpunkte. Das bedeutet, dass in der Atorvastatin-Gruppe 3,2 % weniger Patienten kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Koronarinterventionen erlitten, als in der Placebogruppe.[8]
Nebenwirkungen
Atorvastatin kann u. a. Störungen des Magen-Darm-Traktes (Durchfall, Verstopfung, Blähungen), Müdigkeit, Muskelschmerzen sowie Kopf- und Gelenkschmerzen verursachen.[9]
Zu den schwerwiegenden, wenn auch seltenen, Nebenwirkungen gehören toxischeMyopathien (Herzerkrankungen), die tödlich verlaufen können.[10]
Das von Warner-Lambert 1997 in den USA als Lipitor und in Deutschland als Sortis eingeführte Atorvastatin galt bis 2017 mit einem Gesamtumsatz von 142 Milliarden US-Dollar als umsatzstärkstes Medikament weltweit.[13] 2000 fiel die Lizenz durch die Firmenübernahme von Warner-Lambert an Pfizer. 2003 war Lipitor mit einem Anteil von etwa 50 Prozent in den USA Marktführer in der Kategorie der Cholesterinsenker. Im Jahr 2005 erzielte Lipitor einen Umsatz von weltweit 12,2 Milliarden US-Dollar.[14] 2008 hatte es auf dem weltweiten Statinmarkt einen Marktanteil von ca. 40–50 % und erbrachte Pfizer einen Umsatz von 12,4 Milliarden Dollar.[15] Auch noch 2011 war Lipitor mit einem Umsatz von 12,264 Milliarden Dollar auf Platz 1 der weltweit umsatzstärksten Medikamente.[16] Nach dem Verlust des Patentschutzes (November 2011 in USA, Mitte 2012 in Europa) brachen die Umsätze ein.[17] Im Jahr 2019 belief sich Pfizers Umsatz mit Lipitor auf rund 1,97 Milliarden US-Dollar.[18]
Deutschland
Auf dem deutschen Markt lag der Marktanteil Ende 2003 unter den Statinen bei etwa 50 %. Anfang 2004 trat eine Gesundheitsreform in Kraft, die für alle Statine einen Festbetrag vorgab. Die Firma Pfizer beschloss, die Preise für Sortis nicht an die Festbeträge anzupassen, sodass seitdem bei der Verordnung von Sortis eine höhere Zuzahlung für die Patienten anfiel. Begründet wurde diese Maßnahme seitens des Herstellers mit wirtschaftlichen Gründen im internationalen Zusammenhang. Infolge dieser Aktion sank nach Kassenangaben der Marktanteil der zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Sortis-Packungen in Deutschland 2005 auf unter 5 Prozent. Der Marktanteil bei den privaten Krankenversicherungen betrug im gleichen Zeitraum über 50 Prozent.[21] Am 7. Mai 2012 lief der Patentschutz für Atorvastatin aus; seit dem 8. Mai 2012 ist der Wirkstoff damit frei für Generikaanbieter und auch in Deutschland als Generikum erhältlich.[22] Da laut Studie mehr als 50 % der Patienten, die sich bereits in Therapie z. B. mit Simvastatin befinden, einen nicht ausreichend gesenkten LDL- und Gesamtcholesterinspiegel haben, ist Atorvastatin für Kassenpatienten mit einer besseren Wirksamkeit zu einem ähnlichen Preis eine Alternative.[23] Bei den zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordneten Lipidsenker überholte Atorvastatin 2019 mit 1174 verordneten definierten Tagesdosen (Zuwachs gegenüber Vorjahr +20,1 %) erstmals Simvastatin, das bis dahin lange Zeit die Wirkstoffgruppe anführte.[24]
Pharmazeutisch wird in der Regel das Calciumsalz eingesetzt. Atorvastatin-Calcium-Trihydrat ist ein weißes bis fast weißes Pulver und weist Polymorphie auf. Es ist sehr schwer löslich in Wasser, schwer löslich in Ethanol (96 %) und praktisch unlöslich in Methylenchlorid.[25]
U. Gresser, B. S. Gathof: Review: Atorvastatin: Gold Standard For Prophylaxis Of Myocardial Ichemia And Stroke. Comparison Of The Clinical Benefit Of Statins On The Basis Of Randomized Controlled Endpoint Studies. Eur. J. Med. Res. (2004) 9: S. 1–17.
↑ abcV. M. Sonje, L. Kumar, V. Puri, G. Kohli, A. M. Kaushal, A. K. Bansal: Effect of counterions on the properties of amorphous atorvastatin salts. In: Eur J Pharm Sci. 44 (2011) S. 462–470, doi:10.1016/j.ejps.2011.08.023.
↑Eintrag zu Atorvastatin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.
↑Richard Daikeler, Götz Use, Sylke Waibel: Diabetes. Evidenzbasierte Diagnosik und Therapie. 10. Auflage. Kitteltaschenbuch, Sinsheim 2015, ISBN 978-3-00-050903-2, S. 149.
↑P. Jones et al.: Comparative dose efficacy study of atorvastatin versus simvastatin, pravastatin, lovastatin, and fluvastatin in patients with hypercholesterolemia (the CURVES study). Am J Cardiol. 1. März 1998; 81 (5): S. 582–587; PMID 9514454.
↑Helen M Colhoun, D John Betteridge, Paul N Durrington, Graham A Hitman, H Andrew W Neil, Shona J Livingstone, Margaret J Thomason, Michael I Mackness, Valentine Charlton-Menys, John H Fuller: Primary prevention of cardiovascular disease with atorvastatin in type 2 diabetes in the Collaborative Atorvastatin Diabetes Study (CARDS): multicentre randomised placebo-controlled trial. In: The Lancet. Band364, Nr.9435, August 2004, S.685–696, doi:10.1016/S0140-6736(04)16895-5.
↑N. Sattar et al.: Statins and risk of incident diabetes: a collaborative meta-analysis of randomised statin trials. In: The Lancet. Band375, Nr.9716, 2010, S.735–742, doi:10.1016/S0140-6736(09)61965-6.
↑B. Calo-Fernández, J. L. Martínez-Hurtado: Biosimilars: Company Strategies to Capture Value from the Biologics Market. Pharmaceuticals, Bd. 5, Nr. 12, 2012, S. 1393–1408. doi:10.3390/ph5121393
↑
Fabian Weber, Gottfried Sedelmeier: 200 umsatzstarke Medikamente. In: Nachrichten aus der Chemie. Band61, Nr.5, Mai 2013, S.528–529, doi:10.1002/nadc.201390162.
↑Jahre 2011─2018: Arzneiverordnungs-Report. Jahre 2003─2010: Arzneimittel - Verbrauch von lipidsenkenden Mitteln in Deutschland 2003–2010. Veröffentlicht von Statista Research Department, 12. September 2012 [1].
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