Im Erzbistum Breslau wählte nach dem Tode des Breslauer Erzbischofs Adolf Bertram am 6. Juli 1945 das Breslauer Domkapitel am 16. Juli den DomdechantenFerdinand Piontek zum Kapitularvikar. Am 12. August veranlasste der Primas von Polen, August Kardinal Hlond, Piontek zum Verzicht auf den nunmehr unter polnischer Verwaltung befindlichen Teil des Erzbistums östlich der Oder-Neiße-Grenze. Gleichzeitig teilte Hlond diesen Kirchenprovinzanteil in vier Apostolische Administraturen, für die er bereits am 15. August 1945 Apostolische Administratoren ernannte:
Die Administratoren wurden mit Wirkung vom 1. September in ihr Amt eingesetzt. Wie sich später herausstellen sollte, bezogen sich Hlonds Sondervollmachten nicht auf die ehemals deutschen Diözesen, so dass sie keine kirchenrechtliche Grundlage hatten.
Im September 1945 wurde von den Breslauer Domkapitularen PrälatLudwig Cuno (* 15. Juli 1881 Kassel; † 1. August 1949 Görlitz), Bruder des Reichskanzlers (November 1922 bis August 1923) Wilhelm Cuno, und Emanuel Tinschert (1883–1968) eine Zweigstelle des Generalvikariats Breslau für den westlich der Oder und Lausitzer Neiße gelegenen Teil des Erzbistums Breslau eingerichtet. Kapitelsvikar Ferdinand Piontek, der sich zu jenem Zeitpunkt noch in Breslau befand, bestätigte in einem Schreiben vom 2. November 1945 diese Einrichtung. Neben der Diözesanverwaltung im Diözesangebiet westlich der Oder-Neiße-Linie war es Aufgabe der Görlitzer Zweigstelle, Kontakt zu halten zu den in alle Diözesen Deutschlands verstreuten Breslauer Priestern und Theologiestudenten, was dem in Breslau verbliebenen Kapitelsvikar kaum möglich war.
Erzbischöfliches Amt Görlitz
Im Mai 1946 wurde die Verwaltung für das Görlitz-Cottbuser Diözesangebiet in Erzbischöfliches Amt Görlitz umbenannt. Dies geschah auf Wunsch Pionteks, der sich noch in Breslau aufhielt und dort Konflikte mit den polnischen kirchlichen und staatlichen Behörden wegen der weiteren Verwendung der alten Siegel des Erzbistums unter deutschem Namen zu vermeiden suchte.[3] Aus dem Namen der Verwaltung wurde die Bezeichnung für das gesamte Diözesangebiet westlich der Neiße. Piontek verließ Breslau am 9. Juli 1946 mit einem Flüchtlingstransport, der in Peine endete. Im März 1947 schließlich gelangte Piontek nach Görlitz und nahm dort seine Amtsgeschäfte als Kapitelsvikar des Erzbistums Breslau, nunmehr beschränkt auf den westlich der Neiße gelegenen Bistumsteil, auf.
In der Folgezeit arbeiteten Piontek und seine neu aufgebaute Bistumsverwaltung daran, den deutschen Rest des Erzbistums zu einem lebensfähigen kirchlichen Jurisdiktionsbezirk werden zu lassen. Dazu zählte die Neuordnung der Seelsorgestrukturen und die Errichtung zahlreicher neuer Seelsorgestellen zur Betreuung der infolge der Vertreibungen stark angewachsenen katholischen Bevölkerung. 1948 wurde das Priesterseminar Bernardinum in Neuzelle gegründet, um weiter eigene Seelsorger ausbilden zu können. Katechetenseminare in Görlitz und Cottbus und eine neue Verwaltung für die Diözesancaritas gehören ebenso zu diesen Aufbauleistungen.
Abgeschnitten von den traditionellen Wallfahrtsorten wurde 1947 auf Anregung des Jugendseelsorgers Heinrich Theissing eine Jugendwallfahrt in Leben gerufen und 1948 das Neuzeller Wallfahrtslied für die jährlich stattfindenden Wallfahrten nach Neuzelle geschaffen. Daraus entstand eine neue Wallfahrtstradition für das Erzbischöfliche Amt Görlitz.
Piontek ernannte für das fortbestehende deutsche Breslauer Metropolitankapitel neue Mitglieder. Nach seinem Tod 1963[4][5] wählte das Kapitel Gerhard Schaffran zum Nachfolger Pionteks als Kapitelsvikar.[6]
Das Bistum ist heute, gemessen an der Anzahl der Katholiken, das mit Abstand kleinste katholische Bistum in Deutschland.
Bistumswappen
Wappenbeschreibung: „Von Rot und GoldgespaltenerSchild, durch einen unten eingebogenen erniedrigten silbernen, schwarz gemauerten Balken-Brückenbogen geteilt; oben rechts sechs silberne Lilien, oben links nach rechts verschobenes breitendiges schwarzes lateinisches, am oberen und am Quer-Balken wiedergekreuztes, in der Mitte mit einem Ring belegtes Kreuz, links unten von einer schwarzen Muschel begleitet, rechts unten silberner Balken, links unten zwei schreitende schwarze Löwen übereinander. Über dem Schild silberne, golden verzierte rotgefütterte Mitra mit abfliegenden silbernen, rotgefütterten Infuln. Hinter dem Schild schräggekreuzt rechts goldenes Vortragekreuz, dessen gleiche Arme in Quadraten enden, links goldener Krummstab mit Lilie in der Krümme.“[11]
Bedeutung: Die sechs Silberlilien auf rotem Grund verdeutlichen die frühere Zugehörigkeit des Bistumsgebietes zum Erzbistum Breslau, während das schwarze Wiederkreuz und die schwarze Muschel auf Goldgrund die bisherige Apostolische Administratur Görlitz mit den beiden kirchlichen Zentren Görlitz (Jakobusmuschel/Bischofskirche) und Neuzelle (ehem. Zisterzienserabtei/Wallfahrtsort und Priesterseminar) versinnbildlichen. Diese Zeichen als Hinweise auf den Ursprung werden getragen von einer Brücke, die das persönliche Wappen der heiligen Hedwig (rot-silbern-rote Streifen und zwei schwarze Löwen auf Goldgrund) überspannt. In der Nachfolge der Hl. Hedwig soll somit das Bemühen des Bistums um Verständigung und Verbundenheit zum polnischen Nachbarvolk zum Ausdruck gebracht werden. Besonders eindrucksvoll kam diese Brückenfunktion des Bistums bei der Gedenkfeier des 750. Todestages der Hl. Hedwig von Schlesien im Oktober 1993 zum Ausdruck. Ein Zeichen der Verbundenheit zwischen deutschen und polnischen Katholiken ist auch die alle vier Jahre stattfindende gemeinsame Prozession über die Grenze hinweg.[11]
Dritter Bischof von Görlitz ist seit 2011 Wolfgang Ipolt. Zuvor hatte Konrad Zdarsa das Amt inne, der nach Augsburg wechselte.
Kapitelsvikare und Apostolische Administratoren vor der Erhebung zum Bistum 1945–1994
Die folgenden Personen verwalteten den in Deutschland verbliebenen Restteil des Erzbistums Breslau westlich der Oder-Neiße-Grenze sowie die Apostolische Administratur Görlitz, bis diese 1994 zum Bistum Görlitz erhoben wurde. Sie waren Titularbischöfe (Can. 376 CIC). Das Erzbischöfliche Ordinariat Breslau/Zweigstelle Görlitz und das Erzbischöfliche Amt Görlitz sowie die Apostolische Administratur Görlitz leiteten sie als Kapitelsvikar bzw. Apostolischen Administrator.
Zeit
Name
Beschreibung
1945–1972: deutscher Teil des Erzbistums Breslau (September 1945–Juli 1946: Erzbischöfliches Ordinariat Breslau/Zweigstelle Görlitz; Juli 1946–Juni 1972: Erzbischöfliches Amt Görlitz)
Nach dem Tod von Adolf Kardinal Bertram verwaltete er vom 16. Juli 1945 bis 31. August 1945 als Kapitelsvikar das gesamte Erzbistum Breslau, nach abverlangter Verzichtsleistung übte er seine Jurisdiktion jedoch nur noch auf den westlich der Oder und Neiße gelegenen Teil des Erzbistums, mit Sitz in Görlitz, sowie auch Ordinarius für alle Priester und Gläubigen des Erzbistums Breslau, die durch Flucht oder als Heimatvertriebene nicht mehr im polnisch verwalteten Diözesangebiet lebten. Am 28. Februar 1946 verlieh ihm Papst Pius XII. die jurisdiktionellen Rechte eines residierenden Bischofs.
Titularbischof von Barca (ab 1959) sowie Kapitelsvikar des Erzbistums Breslau mit Sitz in Görlitz, später Erzbischöfliches Amt Görlitz
Titularbischof von Semnea, ab 1962 als Weihbischof des Kapitelsvikars Piontek, dann als Kapitelsvikar des Erzbistums Breslau für das Erzbischöfliche Amt Görlitz
1972 durch Papst Paul VI. zur Apostolischen Administratur erhoben und dadurch vom Erzbistum Breslau separat verwaltet
1972–1994
Bischof und Apostolischer Administrator Bernhard Huhn
Titularbischof von Tasaccora, ab 1971 Weihbischof des Kapitelsvikars Schaffran, dann Apostolischer Administrator der Apostolischen Administratur Görlitz
1994 durch Papst Johannes Paul II. zum Suffraganbistum des Erzbistums Berlin erhoben und vom Erzbistum Breslau rechtlich abgetrennt
Der Priestermangel und der Rückgang der Zahl praktizierender Katholiken führten auch im Bistum Görlitz dazu, dass Gemeinden zu größeren Pfarreien zusammengeführt wurden und seit dem Ende der 1990er Jahre Gotteshäuser geschlossen wurden.[12] Die Zahl der Kirchenmitglieder ist trotz Zuwanderung aus Polen bis 2024 auf 28.862 gesunken. Das Bistum bleibt daher auf die Alimentierung durch vermögende west- und süddeutsche Diözesen angewiesen.[13]
↑ abKatholische Kirche in Deutschland. (PDF: 1.041 kB) Statistische Daten 2018. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 19. Juli 2019, S. 3, abgerufen am 19. Juli 2019.
↑Konrad Hartelt: Ferdinand Piontek (1878–1963) : Leben und Wirken eines schlesischen Priesters und Bischofs. In: Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands. Band39. Köln/Weimar 2008, ISBN 978-3-412-20143-2, S.247.