Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Brunnen (Begriffsklärung) aufgeführt.
Brunnen sind von Menschen gemachte Bauwerke z. B. zur Wassergewinnung aus Grundwasserleitern oder auch Quell-Fassungen (-> Brunnenstube), aber auch Tröge, in denen Quell- oder einem Fliessgewässer abgeleitetes Wasser aufgefangen und gesammelt wird, um z. B. daran oder daraus zu trinken oder sich damit oder darin erfrischen zu können sowie früher auch zum (gemeinsamen) Wäsche-Waschen; daneben sind z. B. Springbrunnen usw. zur städtebaulichen Gestaltung und Aufwertung, auch zur Verbesserung des Stadtklimas (Kühlung) zu nennen.
Eine besondere Form sind artesische Brunnen, bei denen der Brunnen in einen gespannten Grundwasserleiter abgeteuft ist, sodass keine Einrichtungen zur Wasserförderung benötigt werden; dasselbe gilt für Quellfassungen, Wasserleitungen und andere Brunnen, die durch natürlichen oder künstlichen Wasserdruck in der Zuleitung gespeist sind.
Trinkwasser ist die Voraussetzung für auch das menschliches Überleben – über die Menschheitsgeschichte wurden zeitweilige Lager und Siedlungen in der Nähe von Wasserstellen wie Quellen, Flüssen und Süßwasserseen errichtet.
Vom mesolithischenWohnplatzFriesack in Brandenburg sind drei Gruben bekannt, die von Jägern und Sammlern zur Gewinnung von Trinkwasser angelegt wurden (Wasserlöcher). Auf diese Funktion deuten Schöpfgefäße aus einem Schildkrötenpanzer und aus Birkenrinde, die auf den Grubensohlen entdeckt worden sind.[1]
Europas tiefster steinzeitlicher Brunnen (über 15 m tief) (etwa 5100 v. Chr.) wurde bei Merzenich-Bürgewald entdeckt und im Block geborgen.[6] Aus der Schnurkeramik sind Brunnen mit einer Auskleidung aus Flechtwerk bekannt.[7]
„Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.“[9]
„Aus kleinen Brunnen trinkt man sich ebenso satt als aus großen.“[10]
„Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen“.
Kategorien von Brunnen
Grundsätzlich wird der Oberbegriff Brunnen im deutschen Sprachgebrauch für alle Arten von Bauwerken verwendet, welche an eine künstliche oder natürliche Wasserversorgung angeschlossen sind (bzw. bei stillgelegten Brunnen angeschlossen waren). Dabei werden die Arten von Brunnen je nach Betrachtungsweise nach der Art ihrer Errichtung (Brunnentyp) sowie in Konstruktion (Bauweise) und als auch nach ihrer Funktion (Nutzung) unterschieden. Themenbezogen können Brunnen auch in symbolische Gruppen kategorisiert werden, wie nach Material, Motiv oder räumlicher Zuordnung. Eine Sonderform von Brunnen sind Wasserspiele – eine meist kombinierte Art von Springbrunnen, Wasserspeiern und Kaskaden, welche in ihrer Darstellung über die Definition eines Einzelbrunnens hinaus gehen.
Unterscheidung nach Brunnentyp
Die Brunnentypen unterscheiden sich bei dieser Betrachtung nach ihrer Art der Errichtung des Brunnens. Die Regeln dafür sind in Deutschland und Österreich in der jeweiligen Trinkwasserverordnung festgelegt und werden je nach Brunnentyp landesspezifisch unterschiedlich überwacht. Bezeichnet wird der Oberbegriff auch als Wasserfassung (Brunnenfassung)[11]
Hausbrunnen - werden meist auf Privatgrundstücken errichtet
Beispiel: Heideborn Hausbrunnen in der Oberlausitz[12]
Ziehbrunnen - historischer Brunnentyp, wo mit Hilfe der Konstruktion Wasser an die Oberfläche befördert wird
Rammbrunnen - meist in der Landwirtschaft verwendeter Typ (auch als Schlagbrunnen bezeichnet), Errichtung durch Schlagen eines Rohres in die wasserführende Bodenschicht
Zierbrunnen oder Schmuckbrunnen
- alle Arten von: Springbrunnen, Fontänen,
Wandbecken, Brunnenschalen und -Becken,
Wasserspeiern und Wasserwänden o. ä.
(weiterführend auch Wasserspiele)
Unterscheidung nach
Themenbezogen können Brunnen auch in symbolische Gruppen eingeordnet werden:
Unter einem Tiefbrunnen (oder Ziehbrunnen) versteht man eine meist senkrechte vom Menschen geschaffene Öffnung im Erdreich oder im Gestein, die entweder klein und verrohrt oder aber groß und durch die natürliche Festigkeit des Umgebungsmaterials erhalten sein kann (begehbare Brunnen). Im Norddeutschen nannte man gegrabene Brunnen früher auch Sodbrunnen oder lediglich Sod[13], im Rheinland war der Begriff „Pütz“ (von franz. puits) gebräuchlich. Aus modernen engen Bohrungen wird das Wasser durch technische Hilfsmittel (Winde oder Pumpe, z. B. Schwengelpumpe) nach oben gefördert.
Ziehbrunnen sind seit dem frühen Neolithikum nachgewiesen (Zypern) als urtümliche Schächte, die im Erdreich durch Holzkonstruktionen (Holzkastenbrunnen) stabilisiert wurden. Solche Schöpfeinrichtungen dienen zur Erleichterung der Wasserbeschaffung, insbesondere beim Tränken von Viehherden. Bekanntes Beispiel sind die Brunnen der Puszta, die es so im gesamten Steppengürtel Eurasiens und anderswo gibt. Neben dem Einsatz der Hebelwirkung über den Schwingbaum, an dem Gegengewichte die Arbeit erleichtern, sind Räder, Seile und Zugtiere (Büffel, Esel, Kamele) im Einsatz. Dagegen sind die in Mitteleuropa gebräuchlichen Ziehvorrichtungen weniger effektiv: Dabei wurde ein Zugseil auf einem verhältnismäßig kleinen Rundholz aufgewickelt oder über eine Umlenkrolle gezogen, die an einem zweischläfrigen Galgen aufgehängt war („Galgenbrunnen“).
Der Gemeindeziehbrunnen war auf dem Flachlande vor der Gründung von Feuerwehren und dem Anlegen von Löschwasserteichen häufig einer der wenigen Möglichkeiten der Wasserentnahme für eine Brandbekämpfung. Am Brunnen mussten große Eimer mit Ziehkette vorgehalten werden.[14]
Mädchen an einem Ziehbrunnen, 1941 in Russland
Ziehbrunnen in der Puszta (ung. gémeskút, Schaduff) zur Viehversorgung
Quellfassungen sind oft unmittelbar oder in näherer Umgebung mit einem Brunnenbau erschlossen. Selbst wenn sie als Wasserschloss für die Einspeisung in die Druckleitung ausgebaut sind, kann das Überwasser noch einen Brunnen befüllen. Bei überdachtem Ausbau spricht man auch von einem Brunnenhaus.
Im weiteren Sinne quellgespeist sind auch die großen Wasserleitungsversorgungen der bergnahen Städte, die seit den antiken Hochkulturen über die römischen Fernleitungen mit ihren Aquädukten bis heute üblich sind. Eine der bedeutendsten solchen Anlagen, die noch in Betrieb sind, sind die Wiener Hochquellwasserleitungen.
Eine besondere Brunnenform stellen die vor allem im Iran, in Afghanistan und im westlichen Teil Pakistans verbreiteten Qanate dar, bei denen es sich um unterirdisch verlaufende horizontale Wassersammelstollen mit oft hunderten vertikalen Zugangsschächten handelt; sie dienen überwiegend der Bewässerung kilometerweit entfernter Felder. Qanate kann man in fast allen Ländern am Persischen Golf sowie in Afghanistan, Pakistan, Syrien, am Rande der Taklamakan und im gesamten Maghreb sowie auf den Kanarischen Inseln finden. Daher gibt es viele verschiedene Bezeichnungen für sie: Auf Persisch heißen sie Kariz bzw. Karez (كاريز, DMGKārīz). In Oman werden sie Faladsch genannt, im Maghreb lautet ihr Name Foggara, was so viel wie „unterirdischer Stollen“ bedeutet. In Marokko sind auch die Bezeichnungen Rhetara, Khettara oder Hattara gebräuchlich.
Stufenbrunnen
Auf dem gesamten Indischen Subkontinent, vor allem in den Bundesstaaten Gujarat, Rajasthan und Uttar Pradesh, spielten Stufenbrunnen (vavs, baolis) eine große Rolle bei der öffentlichen Wasserversorgung. Streng genommen handelt es sich um eine Kombination eines Brunnens mit einer Zisterne: Ein runder Brunnenschacht wurde bis auf das Grundwasserniveau hinuntergeführt; eine seitliche Treppe, die in der Monsunzeit auf unterschiedlichen Niveaus von Regenwasser bedeckt war, führte zum Wasser hinunter, wodurch das Wasserholen erheblich erleichtert wurde (siehe auch Rani Ki Vav, Chand Baori).
Gezeitenbrunnen
Gezeitenbrunnen (engl. tidal wells), wie man sie etwa auf Vulkaninseln wie den Azoren findet, spielten, wo eine Wasserversorgung aufgrund des Fehlens oberirdischer Wasserläufe und/oder Quellen nur mittels solcher bis zum örtlichen Aquifer in den Untergrund gehauener Brunnen möglich war, oft eine entscheidende Rolle bei deren Besiedlung, wenn auch die Wasserqualität in Ufernähe infolge des von unten nachdrückenden Seewassers mit den Gezeiten schwankte und nur bei Ebbe und damit niedrigstem Wasserstand im Brunnen akzeptabel war.[15]
Brunnen waren bis zur Einführung des Leitungswassers als öffentliche Orte der Wasserversorgung Treffpunkt für Menschen und insbesondere für Wäscherinnen. In vielen Ländern haben sie nach wie vor diese soziale Funktion. Viele historische Brunnenanlagen stehen heute unter Denkmalschutz und gelten zum Teil als Sehenswürdigkeit. Dadurch sind Brunnenanlagen auch weiterhin ein Anziehungspunkt im öffentlichen Raum.
Brunnen wurden als Symbole der Macht oder des Einflusses des Erbauers seit der Renaissance oft prunkvoll ausgestaltet, so wurde etwa der Trevi-Brunnen in Rom als Stiftung von Papst Nikolaus V., anlässlich der Restaurierung des AquäduktsAqua Virgo, erbaut.
Mit dem Aufkommen von Wasserleitungen, die das Nutzwasser direkt in die Haushalte brachte, verschwanden die Entnahme- und Waschbrunnen im öffentlichen Raum. Sie wurden in vielen Dörfern und Städten durch mehr oder weniger künstlerisch gestaltete Brunnenanlagen ersetzt. Sie können dann oft die Komplexität von Wasserspielen erreichen: Bestandteile solcher Wasserspiele sind auch Fontänen, Kaskaden und Becken.
Das Wasser kühlt durch die Verdunstung im Sommer und trägt somit zur Verbesserung des Kleinklimas bei. Im orientalischen Raum sind Innenbrunnen ein wichtiger Bestandteil von Palästen, da sie die Innenraumtemperatur absenken.
Zierbrunnenanlagen haben eine Umwälzpumpe; es wird daher nur das verdunstete Wasser ersetzt. Derartige Brunnen sollten vor Beginn der ersten Nachtfröste entleert werden.
Brauchtum
In Oberfranken, besonders in der Fränkischen Schweiz, gibt es den Brauch, Osterbrunnen zur Feier des Osterfestes zu schmücken. Im schwäbischen Raum gibt es in manchen Städten den Brauch des jährlichen, so genannten Geldbeutelwaschens im Brunnen. In manchen Städten werden zur Fasnacht Leute in einen Brunnen geworfen. Münzen, die in einen Brunnen geworfen werden, sollen zu Lebensglück oder einer Rückkehr an den Brunnen führen, so speziell beim Trevi-Brunnen in Rom.
An der Popperöder Quelle in Mühlhausen/Thüringen wird alljährlich von Grundschulkindern ein Brunnenfest gefeiert. Dabei werden Blumensträuße in den Brunnen geworfen, Brunnentänze ausgeführt und Brunnenlieder gesungen.
In Endingen am Kaiserstuhl findet jedes Jahr zur Fastnacht ein besonderes Spektakel statt. Am Schmutzigen Donnerstag wird feierlich der Jokili aus dem Rathausbrunnen gehoben. Erst jetzt beginnt die eigentliche Fastnachtszeit. Am Abend vor Aschermittwoch wird der Jokili wieder nach Abschluss einer „Trauerrede“ im Brunnen versenkt, wo er bis zum Schmutzigen Donnerstag im darauffolgenden Jahr bleibt.[16]
Hermann Spindler: Der Brunnen im Recht. Würzburg 1938.
Gerold Weber: Brunnen und Wasserkünste in Frankreich im Zeitalter von Louis XIV. Mit einem typengeschichtlichen Überblick über die französischen Brunnen ab 1500 (= Grüne Reihe 8). Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1985, ISBN 978-3-88462-038-0
Albert Baur: Brunnen. Quellen des Lebens und der Freude. Technik, Geschichte, Geschichten. Oldenbourg, München 1989, ISBN 3-486-26409-5
Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege (Hrsg.): Brunnen der Jungsteinzeit. Internationales Symposium in Erkelenz, 27. bis 29. Oktober 1997. Materialien zur Denkmalpflege im Rheinland 11. Habelt, Bonn 1998.
Ludwig Timmer: Die Roten Hefte, Heft 27b – Die Löschwasserversorgung, Teil II Die unabhängige Löschwasserversorgung. 4. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2000, ISBN 3-17-009519-6.
Jan Klápště (Hrsg.): Water Management in Medieval Rural Economy. Ruralia V Konferenz, Prag 2005.
Saskia Hunsicker: Holzbrunnenkonstruktionen des frühen und hohen Mittelalters: Funktionsweisen und Bedeutung am Beispiel von Süddeutschland und dem Elsass. Diplomica-Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-8428-9519-5.
Weblinks
Commons: Brunnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
↑Bernhard Gramsch: Mesolithische Wasserlöcher in Brandenburg In: Harald Koschik (Hrsg.) Brunnen der Jungsteinzeit. Internationales Symposium in Erkelenz, 27. bis 29. Oktober 1997. Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland Heft 11, 1998, S. 17–23.
↑ abYosef Garfinkel, Ariel Vered, Ofer Bar-Yosef: The domestication of water: the Neolithic well at Sha'ar Hagolan, Jordan Valley, Israel. Antiquity, Sept. 2006.
↑Kornelija Minichreiter: Slavonski Brod: Galovo – deset godina arheoloških istraživanja (= ten years of archaeological excavations). Institut za arheologiju, Zagreb 2007.
↑Ingo Campen: Zwei weitere Bandkeramische Brunnen aus dem Tagebau Zwenkau. In: Archäologie aktuell im Freistaat Sachsen. 6, 1998/1999, S. 42–47.
↑Maßnahmen zur Wasserfassung. Wasserfassung im Brunnenbau. In: www.brunnenbauer.org. Marktplatz Mittelstand GmbH & Co. KG, 14. April 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Juni 2022; abgerufen am 22. Mai 2023.
↑Franz-Josef Sehr: Das Feuerlöschwesen in Obertiefenbach aus früherer Zeit. In: Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 1994. Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg, Limburg 1993, S.151–153.
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