Das Bundeskanzleramt hat die Aufgabe, die für die Arbeit des Bundeskanzlers erforderlichen Informationen zu beschaffen und bereitzuhalten. Dies geschieht vor allem durch engen Kontakt zu den Bundesministerien, die ihrerseits über die ressortspezifischen Informationen verfügen. Da das Bundeskanzleramt die Bundesministerien koordiniert, zum Beispiel bei Großen Anfragen, entspricht die innere Struktur des Bundeskanzleramtes den jeweiligen Ministerien – man spricht hier auch von „Spiegelreferaten“. Diese von Hans Globke geschaffenen politischen Abteilungen sollen zum einen die Arbeit der Fachministerien begleiten und zum anderen dem Bundeskanzler eine kompetente Verfolgung ihrer Arbeit ermöglichen.[5] Dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung entspricht beispielsweise die Abteilung 2.
Des Weiteren nimmt das Bundeskanzleramt die administrativen Aufgaben der Bundesregierung wahr.
Arbeitsbereich
Wie alle Behörden ist auch das Kanzleramt in einen Leitungs- und einen Arbeitsbereich gegliedert. Die verwaltungsmäßige Arbeit wird dabei von sieben Abteilungen wahrgenommen:[6]
Abteilung 1: Zentralabteilung; Innen- und Rechtspolitik (Leitung: Babette Kibele)
Gruppe 11: Personalangelegenheiten der Bundesregierung; Verwaltung
Gruppe 12: Kabinett und Parlament; Bund-Länder-Angelegenheiten; Justiziariat
Gruppe 13: Innen- und Rechtspolitik
Leitung des Dienstsitzes Bonn
Abteilung 2: Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik (Leitung: Jens Plötner)
Gruppe 21: Außen- und Sicherheitspolitik
Gruppe 22: Globale Fragen; Subsahara-Afrika; Entwicklungspolitik; Auswärtige Migrationspolitik
Die Gruppen (bzw. bei Abteilung 7 die Abteilung) gliedern sich in Referate.
Abteilung 4 (Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik) und Abteilung 5 (Europapolitik) waren Staatssekretär Jörg Kukies nachgeordnet. Die anderen Abteilungen sind dem Chef des Bundeskanzleramts nachgeordnet.
Zum Leitungsbereich des Bundeskanzleramtes gehören der Bundeskanzler, der Chef des Bundeskanzleramtes sowie die im Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Kanzleramtschefs angesiedelten Staatssekretäre und Staatsminister.
Ihnen unterstehen die Abteilungsleiter, in der Regel im Amt eines Ministerialdirektors, deren gebündelte Informationen über den Chef des Bundeskanzleramtes Verwendung in Lagebesprechungen – wie der wöchentlich stattfindenden „Großen Lage“[7] – finden.
Der Bundeskanzler wird in seiner Arbeit vom Kanzlerbüro (Leitung: Jeanette Schwamberger) unterstützt, der Chef des Bundeskanzleramts vom Büro Chef BK.
Chef des Bundeskanzleramtes
Die Behörde wird nicht vom Bundeskanzler direkt, sondern vom Chef des Bundeskanzleramtes (abgekürzt: ChefBK) geleitet, der gemäß § 7 Abs. 1 GOBReg zugleich die Geschäfte eines Staatssekretärs der Bundesregierung wahrnimmt.
Zum ChefBK ernennt der Bundeskanzler entweder einen Staatssekretär – in diesem Falle unterliegt der Amtsinhaber dem Bundesbeamtengesetz und kann vom Bundespräsidenten als sogenannter „politischer Beamter“ gemäß § 54BBG auch jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden – oder er bestellt einen Bundesminister für besondere Aufgaben zum ChefBK, dessen Stellung jedoch einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis entspricht und der alle Rechte eines Mitglieds der Bundesregierung genießt, wobei ihn der Bundeskanzler allerdings weiterhin ohne Weiteres entlassen kann (Art. 64 Abs. 1 GG / § 9 BMinG). In den Medien und der Öffentlichkeit ist daher auch die inoffizielle Bezeichnung (Bundes-)Kanzleramtsminister gebräuchlich.
Der ChefBK fungiert als zentrale Koordinierungsstelle für das Zusammenwirken der Bundesministerien, die ihn jederzeit über ihre Arbeit und dadurch über das gesamte Regierungshandeln des Bundes informieren. Er holt zudem im Umlaufverfahren die Entscheidungen der Bundesminister ein, wenn zwar eine Zustimmung der ganzen Bundesregierung erforderlich, eine mündliche Beratung jedoch nicht notwendig ist, und informiert sie wiederum über das Ergebnis sowie Entscheidungen des Bundeskanzlers. Außerdem obliegt ihm die langfristige Planung politischer Vorhaben der Bundesregierung und er ist zudem eine wichtige Verbindungsstelle zu den parlamentarischen Organen des Bundes, den Bundesländern, gesellschaftlichen Gruppen und Einzelpersönlichkeiten sowie (gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt) zu Repräsentanten ausländischer Staaten. Gemäß § 7 Abs. 2 GOBReg kann er an den Bundeskanzler gerichtete oder ihm vom Bundespräsidenten überwiesene Schreiben unmittelbar an den zuständigen Bundesminister weiterleiten.
Sofern der Bundeskanzler nicht selbst entscheidet, legt der ChefBK die Sitzungstermine des Bundeskabinetts und die jeweilige Tagesordnung fest und veranlasst die Einladung zu diesen Sitzungen. Außerdem leitet er die Runde der beamteten Staatssekretäre aller Bundesministerien, die regelmäßig zwei Tage vor jeder Kabinettssitzung stattfindet. An den Sitzungen des Bundeskabinetts und aller seiner Ausschüsse, einschließlich des Bundessicherheitsrates sowie den zuvor vorbereitend stattfindenden interministeriellen Besprechungen, nimmt der ChefBK gemäß § 23 Abs. 1 GOBReg ebenfalls teil – hat er den Rang eines Bundesministers, so besitzt er auch Stimmrecht. Die Vorlagen der Sitzungen müssen dem ChefBK mindestens eine Woche vor den Sitzungen zugeleitet werden. Die Einzelheiten von Übertragungen, die sich aus Organisationserlassen des Bundeskanzlers bezüglich der Verlagerung von Geschäftsbereichen zwischen Bundesministerien ergeben, sind dem ChefBK mitzuteilen.
Er bereitet zudem die zweimal jährlich stattfindenden Zusammenkünfte der Minister- und Senatspräsidenten der deutschen Länder mit dem Bundeskanzler vor, indem er sich im Vorfeld unter seinem Vorsitz mit den Chefs der Staatskanzleien der Länder trifft.
Staatssekretäre im Bundeskanzleramt, Parlamentarische Staatssekretäre und Staatsminister beim Bundeskanzler
Zur Unterstützung des Bundeskanzlers und des ChefBKs können weitere (beamtete) Staatssekretäre ins Bundeskanzleramt bestellt werden. Diese erhalten entweder als Beauftragte der Bundesregierung eigene Geschäftsbereiche oder wirken bei der Leitung der allgemeinen Verwaltung des Kanzleramtes mit. Außerdem hat der Bundeskanzler das Recht, sich selbst Parlamentarische Staatssekretäre beizugeben, denen er ebenfalls eigene Aufgabenbereiche (so beispielsweise seit 1998/1999 als Kulturstaatsminister und seit 2005 als Integrationsbeauftragte) zuweisen kann und die ihn bei seiner politischen Arbeit (im Besonderen als seine Vertreter in Bundestag und Bundesrat sowie deren Ausschüssen) unterstützen. Als einzigem Mitglied der Bundesregierung wird dabei dem Bundeskanzler seit 1999 das Privileg zugestanden, dass seine Parlamentarischen Staatssekretäre nicht Mitglieder des Deutschen Bundestages sein müssen. Seit Ende der 1970er Jahre ist es zudem allgemein üblich, dass der Bundeskanzler seine Parlamentarischen Staatssekretäre zu Staatsministern (gem. § 8 ParlStG) ernennt. Der Bundeskanzler kann sie jederzeit entlassen (§ 4 ParlStG).
2018–2021 Johannes Geismann (CDU), Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes
2021–2024 Jörg Kukies (SPD), Persönlicher Beauftragter des Bundeskanzlers für die G7/G20-Gipfel,als Staatssekretär den Abteilungen 4 (Wirtschafts-, Finanz- und Klimapolitik) und 5 (Europapolitik) vorgesetzt
seit 2021 Sarah Ryglewski (SPD), Koordinatorin der Bund-Länder-Beziehungen
seit 2021 Reem Alabali-Radovan (SPD), Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus
seit 2021 Carsten Schneider (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland und gleichwertige Lebensverhältnisse
seit 2021 Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Mitarbeiter
Im Gründungsjahr 1949 ging man von 120 Mitarbeitern zuzüglich Arbeitshilfen für das Bundeskanzleramt aus. Von 150 stieg die Belegschaft in den darauffolgenden 20 Jahren auf 250. In der Zeit von Bundeskanzler Willy Brandt (1969–1974) erhöhte sich die Mitarbeiterzahl auf 450 und stieg dann bis zum Jahr 2016 kontinuierlich auf 500 an.[8] Anfang 2019 waren es dann bereits 750 Mitarbeiter, für die ein mindestens 460 Millionen Euro teurer Neubau errichtet werden soll.[9] Mit Stand April 2024 wird von ca. 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berichtet.[1]
Zahlreiche Mitarbeiter werden von den Ministerien entsendet und finanziert.[10]
Gebäude
Bonn
Als erstes Bundeskanzleramt dienten 1949 zunächst einige Räume des Museum Koenig. Am 3. November 1949 übergab das belgische Militär das Palais Schaumburg in Bonn an die Bundesregierung. In den Jahren 1954 und 1955 wurde es um zwei eigenständige Erweiterungsbauten ergänzt. Von 1976 bis 1999 befand sich der Sitz des Bundeskanzleramtes in einem Neubau, der von der Planungsgruppe Stieldorf geplant worden war, anschließend verblieb dort zunächst ein Zweitsitz. Von Mai 2001 bis Juli 2013 war das Palais Schaumburg zweiter Dienstsitz des Bundeskanzleramtes. Er ist der Zentralabteilung (Abteilung 1) bzw. dem Kanzlerbüro zugeordnet und mit etwa 20 Mitarbeitern für die Bearbeitung von Eingaben und Petitionen sowie besondere Aufgaben zuständig. Im August 2013 wurde der Bonner Dienstsitz aufgrund einer bis zum Jahr 2027 geplanten Sanierung (Stand: Februar 2024) des Palais übergangsweise in das Gebäude des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung verlegt. Im Juni 2024 wurde bekannt, dass das Bundeskanzleramt das Palais Schaumburg als zweiten Dienstsitz in Bonn aufgeben wird, da die Sanierung durch wiederholte Kostensteigerungen nicht mehr wirtschaftlich sei. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben soll sich um eine „alternative, historisch angemessene Nutzung“ des Palais kümmern. Der zweite Dienstsitz soll in den Räumen des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung in Bonn bleiben.[11]
Palais Schaumburg, 1949–1976 Hauptsitz und 2001–2013 zweiter Dienstsitz des Bundeskanzleramts
Marco Althaus: Das Bundeskanzleramt als Instrument politischer Führung im parlamentarischen System.auf Academia.edu, Freie Universität, Berlin 1993.
Volker Busse, Hans Hofmann: Bundeskanzleramt und Bundesregierung. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. Nomos, Baden-Baden (8., aktualisierte und erweiterte Edition) 2022, ISBN 978-3-8487-7465-4.
Joannah Caborn: Die Staatsarchitektur in Bonn und Berlin. In: Carborn: Schleichende Wende. Diskurse von Nation und Erinnerung bei der Konstituierung der Berliner Republik., 2006, ISBN 3-89771-739-5.
Jürgen Gros: Das Kanzleramt im Machtgeflecht von Bundesregierung, Regierungsparteien und Mehrheitsfraktion. In: Karl-Rudolf Korte/Gerhard Hirscher (Hrsg.): Darstellungspolitik oder Entscheidungspolitik. Über den Wandel von Politikstilen in westlichen Demokratien. München 2000.
Thomas Knoll: Das Bundeskanzleramt. Organisation und Funktion von 1949 bis 1999. Wiesbaden 2004.
Katja Schlesinger: Ausbau der Hausmacht im Bundeskanzleramt. Die Systeme Schmidt, Kohl und Schröder. Köln 2000 (unver. MA, Fundstelle: Die Systeme Schmidt, Kohl und Schröder, 3. Mai 2006).
Klaus Seemann: Entzaubertes Bundeskanzleramt – Denkwürdigkeiten eines Personalratsvorsitzenden, vpa Verlag politisches Archiv, Landshut 1975, ISBN 3-921240-53-0.
↑Abkürzungsverzeichnis. (PDF; 49 kB) Abkürzungen für die Verfassungsorgane, die obersten Bundesbehörden und die obersten Gerichtshöfe des Bundes. In: bund.de.Bundesverwaltungsamt (BVA), archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. März 2020; abgerufen am 14. August 2016.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bund.de
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