Der Cadillac DeVille der Modelljahre[Anm. 1]1977 bis 1984 ist ein Oberklassefahrzeug, das der General-Motors-Konzern unter der Marke Cadillac als Coupe DeVille und Sedan DeVille vor allem auf nordamerikanischen Märkten verkaufte. Nach verbreiteter Zählung ist diese Baureihe die fünfte von insgesamt neun Generationen der DeVille-Familie und zugleich die letzte mit Hinterradantrieb. Ein höherwertig ausgestattetes, teureres Schwestermodell wurde im gleichen Zeitraum unter der Bezeichnung Fleetwood Brougham verkauft. Der DeVille dieser Generation war ein problematisches Auto, das nicht zuletzt unter unzuverlässigen, leistungsschwachen Motoren litt. Er ist insoweit ein typischer Vertreter der Malaise Era.
Die fünfte DeVille-Generation entstand Mitte der 1970er-Jahre in einer Phase des Umbruchs. Die erste Ölpreiskrise 1973 führte in diesen Jahren zu erheblichen Absatzeinbußen der verbrauchsintensiven amerikanischen Full-Size-Modelle, die bis zu sechs Meter lang waren und zum Teil ein Leergewicht von bis zu 2,5 Tonnen hatten.[Anm. 2] Die US-amerikanische Regierung erließ als Reaktion auf die Ölpreiskrise Regeln zur Begrenzung des Flottenverbrauchs, die 1975 unter der Bezeichnung Corporate Average Fuel Economy (CAFE) in Kraft taten und die US-amerikanischen Hersteller dazu zwangen, Maßnahmen zur Senkung des Treibstoffverbrauchs ihrer Fahrzeuge zu ergreifen.[Anm. 3] Diese Vorgaben wurden schrittweise strenger.
Die fünfte DeVille-Generation wurde acht Jahre lang produziert. Über dem DeVille rangierte in dieser Zeit ein baugleiches, aber besser ausgestattetes teureres Modell, das im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren nicht mehr als 60 Special, sondern als Fleetwood Brougham verkauft wurde. Im Gegensatz zu den früheren 60 Specials hatte der Fleetwood Brougham den gleichen Radstand wie der DeVille. Auf gleicher technischer Basis entstand außerdem das verlängerte Repräsentationsfahrzeug Fleetwood Limousine. Die Produktion des hinterradgetriebenen DeVille lief (im Gegensatz zum Fleetwood Brougham) 1984 aus. Zum Modelljahr 1985 vollzog Cadillac ein weiteres Downsizing der großen Modelle[2] und damit verbunden eine technische Neuausrichtung. Die sechste DeVille-Generation wurde wesentlich kürzer und leichter als das alte Modell und erhielt eine selbsttragende Karosserie, Frontantrieb mit vorn quer eingebauten Motoren.
Modellbeschreibung
Plattform und Fahrwerk
Der DeVille der Modelljahre 1977 bis 1984 basiert auf einer neu konstruierten Plattform, die wie schon bei den Vorgängermodellen[Anm. 4] als C-Plattform bezeichnet wurde. Maße und Gewichte der neuen DeVille-Generationen waren gegenüber dem Vorgänger reduziert: Die Gesamtlänge ging um 250 mm zurück, der Radstand um 216 mm. Das Leergewicht lag bis zu 500 kg unter dem des 1976er DeVille.[3]
Ungeachtet der Längen- und Gewichtsreduzierung ist der DeVille der fünften Generation „technisch anspruchslos“: Er hat einen separaten Leiterrahmen aus Stahl mit Traversen, auf den die Karosserie aufgesetzt ist.[2] Die Räder sind einzeln aufgehängt. Vorn und hinten sind Schraubenfedern eingebaut. Gegen Aufpreis war im DeVille eine automatische Niveauregulierung für die Hinterräder erhältlich; im Fleetwood Brougham gehörte sie dagegen zur Serienausstattung. Vorn hat er Scheiben-, hinten Trommelbremsen. Der Fleetwood Brougham hingegen war serienmäßig mit Scheibenbremsen an allen vier Rädern ausgestattet.[4]
Frontpartie der ersten Serie bis 1979 (links) und der zweiten Baureihe ab 1980 (rechts)
Die Grundkarosserie der DeVille-Modelle wurde im Produktionszeitraum nur wenig verändert. Kleinere Detailänderungen, die fast jährlich kamen, umfassten Dekorteile oder die Verkleidung der Kühleröffnung. Bereits nach dem ersten Modelljahr wurde die Einfassung der Rückleuchten geändert; die neue Form blieb im Wesentlichen bis zur Einstellung des Modells 1984. Zum Modelljahr 1980 gab es das einzige größere Facelift. Es betraf die Gestaltung der Frontpartie und die Linienführung an der C-Säule. In den Modelljahren 1977 bis 1979 gab es vier rechteckige Doppelscheinwerfer mit Blicklichtern, die zwischen Scheinwerfer und Kühlerverkleidung angeordnet waren. Von 1980 bis 1984 befanden sich die Blinker waagerecht unter den Frontscheinwerfern. Das Layout entsprach der Gestaltung des zeitgenössischen Cadillac Seville. Die C-Säule erhielt sowohl beim Vier- als auch beim Zweitürer einen nahezu senkrechten Abschluss, was den Autos ein „förmliches Auftreten“[6] gab. Die Einfassung der Heckleuchten war nun ebenfalls senkrecht angeordnet.
Antrieb und Kraftübertragung
7,0-Liter-V8-Ottomotor
In den Modelljahren 1977 bis 1979 war ein 6966 cm³ (425 cui) großer Achtzylinder-V-Motor der Standardantrieb des DeVille. Der Motor war eine Ableitung des 7,7 Liter großen Achtzylinders, der 1968 bei Cadillac eingeführt worden war und bis 1974 im Programm gestanden hatte. Der Hub (103,1 mm) war unverändert, die Bohrung (103,7 mm) war dagegen leicht reduziert worden. Die Serienvariante war mit einem Vierfachvergaser ausgestattet und leistete 182 PS (134 kW); gegen Aufpreis war eine Variante mit Kraftstoffeinspritzung und einer Leistung von 198 PS (145 kW) erhältlich.
6,0-Liter-V8- und V8-6-4-Ottomotor
Zum Modelljahr 1980 führte Cadillac als Ersatz für den Sieben-Liter-Motor einen 6,0 Liter großen Achtzylinder-V-Motor ein. Ab 1981 war er mir einer von der Eaton Corporation entwickelten Zylinderabschaltung ausgerüstet. Je nach Belastungssituation arbeiteten vier, sechs oder acht Zylinder, was sich in der ungewöhnlichen Bezeichnung V8-6-4 widerspiegelt;[6] die Abschaltung wurde elektromechanisch so gesteuert[7], dass den nicht genutzten Zylindern kein Gemisch zugeführt wurde und die Kolben gleichsam leer mitliefen. Die Zylinderabschaltung funktionierte vielfach nicht fehlerfrei und beschädigte wegen ihrer Defektanfälligkeit zu Beginn der 1980er-Jahre den Ruf der Marke.[6][8] Der 6,0-Liter-Motor war nur bis zum Ende des Modelljahrs 1981 beim DeVille und beim Fleetwood Brougham im Programm; lediglich die lange Fleetwood Limousine wurde bis 1984 mit ihm ausgerüstet.[9]
4,1-Liter-V6-Ottomotor von Buick
1981 und 1982 hatte Cadillac einen 4128 cm³ (252 cui) großen Sechszylinder-V-Motor im Programm, der von der GM-Marke Buick zugeliefert wurde und eine zuverlässige Alternative zum problematischen Achtzylindermotor mit Zylinderabschaltung sein sollte. Er war der erste Motor in einem Cadillac seit 70 Jahren, der weniger als acht Zylinder hatte.[9][Anm. 5] Seine Leistung wurde mit 125 PS (93 kW) angegeben.
4,1-Liter-V8-Ottomotor
Zum Modelljahr 1982 erschien ein neu konstruierter Achtzylinder-V-Ottomotor aus der HT-Reihe mit 4087 cm³ (249 cui) Hubraum. Der Motor hat einen Zylinderblock aus einer Leichtmetalllegierung und Zylinderköpfe aus Stahlguss.[2] Die Gemischaufbereitung übernimmt eine elektronische Benzineinspritzung. Die Motorleistung wurde mit 101 kW (135 PS) angegeben.
5,7-Liter-V8-Dieselmotor
Alternativ zu den Ottomotoren hatte Cadillac von 1978 bis 1984 einen von Oldsmobile konstruierten Achtzylinder-V-Dieselmotor mit 5736 cm³ Hubraum (Baureihe LF9) im Programm. Er war von einem gleichgroßen Ottomotor abgeleitet und leistete anfänglich 125 PS, ab 1980 nur noch 105 PS.[10] Er war äußerst unzuverlässig. Ein Konstruktionsfehler am Zylinderkopf, der wenig verändert vom gleich großen Ottomotor übernommen worden war, führte zu zahlreichen gravierenden Defekten im Praxisbetrieb. Das Dieselmotorenprogramm wurde zu „einem der größten Desaster in der Geschichte von General Motors“:[11] Bereits 1980 war der Ruf der Dieselmotoren nachhaltig beschädigt.[12]
Cadillac DeVille: Übersicht über die Motorisierungen
1979 war das letzte Modelljahr, in dem der DeVille mit seiner ursprünglichen Karosserieform angeboten wurde. Die stilistischen Änderungen gegenüber dem Vorjahr beschränkten sich auf Details. In technischer Hinsicht gab es eine Neuerung: Alternativ zu dem bekannten 7,0-Liter-Ottomotor stand erstmals der von Oldsmobile zugelieferte Achtzylinder-Dieselmotor im Programm.
Zum Modelljahr 1981 erschien als Serienmotorisierung der 6,0-Liter-Ottomotor mit einer elektronisch gesteuerten Zylinderabschaltung. Weil sich diese Konstruktion früh als unzuverlässig erwies, nahm Cadillac zum Ende des Kalenderjahrs 1980 – also mitten im Modelljahr 1981 – einen von Buick konstruierten Sechszylinder-V-Motor mit Doppel-Registervergaser ins Programm auf, der zu einem Preisnachlass von 165 US-$ gegenüber dem V8-6-4-Motor angeboten wurde. Er war als Sparmotor gedacht, machte mit seiner Leistung von nur 125 PS (93 kW) den DeVille aber zu einem untermotorisierten Fahrzeug. Weiterhin war wahlweise der große Dieselmotor erhältlich.
Zum Modelljahr 1982 verlor der DeVille seine Funktion als Einstiegsmodell der Marke Cadillac. Mit dem kompakten Cimarron hatte Cadillac ein Vierzylindermodell auf den Markt gebracht, das wesentlich kleiner und auch preiswerter war als der DeVille.[14]
Beim DeVille gab es in diesem Baujahr nur marginale stilistische Änderungen, die vor allem das Gitter der
Kühlermaske betrafen. In technischer Hinsicht führte Cadillac den neu konstruierten, 4,1 Liter großen Achtzylindermotor aus der HT-Reihe (HT4100) als Standardmotorisierung ein, der neben Buicks V6-Motor und dem bekannten Dieseltriebwerk von Oldsmobile erhältlich war.
Im letzten Modelljahr des DeVille gab es keine Änderungen mehr an den hinterradgetriebenen DeVilles. Ab April 1984, also während des laufenden Modelljahrs 1984, war bereits der frontgetriebene Nachfolger erhältlich. Das wirkte sich auf den Absatz der großen alten Modelle aus.
Die Custom Phaetons waren hochpreisige Sonderausstattungen. Der Aufpreis lag jeweils bei etwa 2.000 US-$ und machte etwa 20 Prozent des Basispreises für einen DeVille aus. Mit dem Phaeton-Paket erreichte der DeVille den Listenpreis eines Fleetwood Brougham Sedan.[13]
Das D’Elegance-Paket kostete 1977 für beide Karosserievarianten 689 US-$, 1980 lag der Preis bei 1.005 US-$.
Vielfach wird das D’Elegance-Paket kritisiert. Es sei „plüschig“ und habe vor allen den Zweck gehabt, die Käufer davon abzulenken, dass sich unter dem Blech vielfach einfachste Technik verbarg.[18] Insofern handele es sich um ein typisches Merkmal der Malaise Era.
Der Cadillac DeVille im Film
Verschiedene Varianten des Cadillac DeVille erschienen über die Jahre in zahlreichen Spielfilmen.
↑Die zeitliche Zuordnung von Automobilen erfolgt in den USA in erster Linie anhand von Modelljahren. Modelljahre weichen von Kalenderjahren in der Regel ab. Bei den meisten Herstellern beginnt bereits im Spätsommer eines Jahres nach den Werksferien, in denen Fertigungsstraßen den neuen Modellen angepasst werden, ein neues Modelljahr. Üblicherweise liegt dies im September oder Oktober.
↑Der Cadillac 60 Special des Modelljahrs 1976 war 5936 mm lang und wog leer 2430 kg.
↑Die Vorgaben verlangten einen Flottendurchschnittsverbrauch von 18 miles per gallon (mpg) (13,0 Liter/100 km) im Jahr 1978, 19 mpg (12,4 Liter/100 km) im Jahr 1979 und 20 mpg (11,8 Liter/100 km) im Jahr 1980. Vgl. Albert R. Bochroch: American Cars of the Seventies. Warne´s Transport Library, London 1982, ISBN 0-7232-2870-1, S. 33.
↑General Motors bezeichnete die einzelnen Plattformen üblicherweise mit Buchstaben. Die Plattformen der Full-Size-Modelle wurden VB und C-Plattformen genannt. In größeren Abständen kam es zu Überarbeitungen der Plattformen. Die Buchstaben blieben jeweils gleich.
↑Der letzte Cadillac mit weniger als acht Zylindern war das bis 1914 gebaute Model 30.
Einzelnachweise
↑ abRichard M. Langworth: Encyclopedia of American Cars 1930–1980. Beekman House, New York 1984, ISBN 0-517-42462-2, S. 87.
↑ abcRoger Gloor: Alle Autos der 80er Jahre, Stuttgart, Motorbuch Verlag 2012, ISBN 978-3-613-03144-9, S. 119.
↑Richard M. Langworth: Automobiles of the 1930s. Beekman House, New York 1980, ISBN 0-517-30994-7, S. 94.