Borchling war der Sohn eines preußischen Finanzbeamten. Er besuchte Gymnasien in Leer (Ostfriesland), Hildesheim und Emden, wo er 1889 sein Abitur ablegte. Von Herbst 1889 bis 1896 studierte er Klassische Philologie und Germanistik an der Georg-August-Universität Göttingen, besonders bei Moritz Heyne, Gustav Roethe, Edward Schröder und Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff. 1889 wurde er Mitglied der Burschenschaft Alemannia Göttingen.[1] Mit dem Bestehen der Staatsprüfung für das Höhere Lehramt in Preußen 1896 erhielt er die Lehrbefähigung für Griechisch, Latein, Deutsch und Englisch. Im folgenden Jahr wurde er nach einer preisgekrönten DissertationDer jüngere Titurel und sein Verhältnis zu Wolfram von Eschenbach zum Dr. phil. promoviert. 1903 habilitierte er sich mit Studien zur Geschichte der niederdeutschen Sprache in Ostfriesland. Er wirkte zunächst als Privatdozent für Deutsche Philologie in Göttingen und ab 1906 als außerordentlicher Professor für Germanische Sprachwissenschaft an der Königlichen Akademie zu Posen.
Ab 1910 war er Professor für Deutsche Sprache beim Allgemeine Vorlesungswesen, dem Vorgänger der Universität Hamburg und Leiter des Germanistischen Seminars. 1919 wurde er ordentlicher Professor für Deutsche Sprachwissenschaft und Deutsche Literatur mit besonderer Berücksichtigung des Niederdeutschen und des Niederländischen und erster Dekan der Philosophischen Fakultät an der neugegründeten Universität Hamburg. Zu seinen damaligen Studenten gehörten auch die Rundfunkpioniere Hans Böttcher und Kurt Stapelfeldt, die 1924 zu den Gründungsvätern der Nordischen Rundfunk AG (NORAG) zählten.
Borchling war verheiratet mit Alida, geb. von Melle (1885–1967), einer Tochter Werner von Melles.[6] Er wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt. Die Grabstätte liegt im Planquadrat J 13 nördlich von Kapelle 4.
Werk
Borchling war ein Pionier auf dem Gebiet der mittel- und neuniederdeutschen Philologie. 1917 gründete er zusammen mit Agathe Lasch die Arbeitsstelle Hamburgisches Wörterbuch. Ab 1923 sammelten sie auch Material für das von Lasch begründete 1928 Mittelniederdeutsches Handwörterbuch. Sein Lebenswerk war die zusammen mit dem Rostocker Bibliothekar Bruno Claussen erarbeitete Niederdeutsche Bibliographie.
Von 1964 bis 1987 vergab die Alfred-Toepfer-Stiftung den Conrad-Borchling-Preisfür niederdeutsche und friesische Sprach- und Literaturwissenschaft. Erster Preisträger war Karl Hyldgaard-Jensen; zu den weiteren Preisträgern zählen Bernd-Ulrich Kettner (1970), Reinhard Goltz (1984)[9] und Thomas Steensen (1987). 1989 entschied die Stiftung, den Preis nicht mehr zu vergeben.[10]
Borchlingweg
1950 erhielt zur Erinnerung an Conrad Borchling der Neulandsweg in Hamburg-Othmarschen den Namen Borchlingweg.
Veröffentlichungen (Auswahl)
Der jüngere Titurel und sein Verhältnis zu Wolfram von Eschenbach. Göttingen 1897 (Preisschrift/Dissertation; Digitalisat)
Mittelniederdeutsche Handschriften in Norddeutschland und den Niederlanden. Erster Reisebericht. In: Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philol.-hist. Klasse, Geschäftliche Mittheilungen 1898, Göttingen 1899, S. 79–316. (Digitalisat)
Mittelniederdeutsche Handschriften in Skandinavien, Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Vorpommern. Zweiter Reisebericht. In: Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philol.-hist. Klasse, 1900 (Beiheft), Göttingen 1900 (Digitalisat)
Litterarisches und geistiges Leben im Kloster Ebstorf am Ausgange des Mittelalters. Vortrag gehalten auf der Versammlung des Hansischen Geschichts-Vereins Pfingsten 1905 zu Halberstadt. In: Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen. Band 70, 1905, S. 361–420 (online).
Die niederdeutschen Rechtsquellen Ostfrieslands, A.H.F. DUnkmann, Aurich 1908 (Quellen zur Geschichte Ostfrieslands, Bd. 1) (Digitalisat)
Das Landrecht des Sachsenspiegels nach der Bremer Handschrift von 1342. Hamburgische Texte und Untersuchungen zur Philologie I, Ruhfus, Dortmund 1925.
Rechtssymbolik im germanischen und römischen Recht. Leipzig 1926; Nachdruck: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1965.
1000 Jahre Plattdeutsch. Proben niederdeutscher Sprache und Dichtung vom Heliand bis 1900. (Anthologie) 2 Bände, Glückstadt bei Hamburg 1927–1929.
(mit Rudolf Muuß) Die Friesen. Breslau 1931 (Nachdruck: Reprint-Verlag, Leipzig, Holzminden 2001, ISBN 3-8262-0215-5)
Plattdeutsche Rechtschreibungslehre für die Mundarten des nordniedersächsischen Raumes. Hamburg 1935.
mit Bruno Claussen: Niederdeutsche Bibliographie. 3 Bände, Neumünster 1931–1957 (Borchling/Claussen)
Literatur
Erik Rooth: Conrad Borchling zum Gedächtnis. In: Niederdeutsche Mitteilungen. Herausgegeben von der Niederdeutschen Arbeitsgemeinschaft zu Lund, Jg. 2, 1946, S. 21–34.
Abhandlungen zur niederdeutschen Philologie: Conrad Borchling zum Gedächtnis. Wachholtz, Neumünster 1950 (zugleich erschienen als Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Band 71/73 (1948/50))
Ingrid Schröder: Conrad August Johannes Carl (auch: Konrad) BORCHLING. In: Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Band IV, Aurich 2007, S. 50–55 (online)
Thomas Steensen: Conrad Borchling und die nordfriesische Bewegung. In: Nordfriesisches Jahrbuch 23 (1987), S. 15–26.
Walter Kaestner: Conrad Borchling und die deutsche Slavistik. In: Festschrift für C.Borchling (1872-1946), Neumünster, Wachholtz, 1972
↑Ernst Elsheimer (Hrsg.): Verzeichnis der Alten Burschenschafter nach dem Stande vom Wintersemester 1927/28. Frankfurt am Main 1928, S. 49.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 45.
↑Heinz W. Pohl: Die Niederdeutschen Preise der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. 1955 bis 2000. (Akzente für Europa) Christians, Hamburg 2001, ISBN 3-7672-1358-3.