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Coriolanus (Shakespeare)

Coriolanus von James Caldwell und Gavin Hamilton

Coriolanus (engl. The Tragedy of Coriolanus) ist eine Tragödie von William Shakespeare. Das Stück spielt Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. in Rom und der nahegelegenen Hauptstadt der Volsker Antium und erzählt die Geschichte des römischen Patriziers und Kriegshelden Coriolanus, der sich gegen sein eigenes Volk wendet. Shakespeare hat das Werk vermutlich um 1608 abgeschlossen. Die erste Erwähnung findet sich in dem Eintrag des Stationers' Register für die First Folio vom 8. November 1623. Die erste bekannte Aufführung war eine Adaption von 1719. Die erste bekannte texttreue Aufführung war eine Produktion von David Garrick vom 11. November 1754 am Drury Lane Theater.

Handlung

Handlungsort des Stücks ist das frühe Rom zur Zeit der Einsetzung der Tribunen (Volksvertreter). Die Plebejer empören sich, weil die Patrizier Getreide horten, während das gemeine Volk verhungere. Der Patrizier Menenius schildert ihnen darauf das Gleichnis des Magens, der für den ganzen Körper tätig ist; so sammelten auch die Patrizier Getreide und verteilten es in der ganzen Stadt. Der patrizische General Caius Marcius gibt den Senatsbeschluss bekannt, dass die Plebejer fünf Tribunen wählen dürfen, die ihre Interessen im Staat vertreten. Da verkündet ein Bote, dass der Volksstamm der Volsker gegen Rom in den Krieg treten wollen. Ein Teil des Römerheeres unter Cominius zieht gegen die von Aufidius angeführten Volsker auf das Schlachtfeld, der Rest unter Marcius und Lartius belagert die Volskerstadt Corioli. Im Verlauf der Belagerung wird Marcius allein in der Volskerstadt eingeschlossen, doch kann er das Stadttor öffnen, worauf die Römer Corioli erobern. Der verwundete Marcius eilt nun auf das Schlachtfeld und führt die Römer auch hier zum Sieg – für seine Tapferkeit bei der Stadteroberung erhält er den Namen Coriolanus.

Um Konsul zu werden, tritt der stolze und arrogant wirkende Patrizier Coriolanus nur widerwillig vor das Volk auf Roms Marktplatz, hat aber letztlich Erfolg. Die Tribunen Brutus und Sicinius, die fürchten, dass Coriolanus ihr Amt abschaffen wird, wenn er Konsul wird, überreden die Plebejer, ihre Zustimmung zurückzuziehen. Coriolanus beschimpft daraufhin die Tribunen. Auf dringendes Anraten auch seiner Mutter Volumnia geht er noch einmal auf den Marktplatz, um sich mit den Plebejern zu versöhnen. Doch lässt er sich, von Sicinius provoziert, zu Tiraden gegen die Tribunen und Plebejer hinreißen, die darauf seine Verbannung auf Lebenszeit fordern. Er verlässt Rom freiwillig, nachdem er sich von seiner Frau Virgilia verabschiedet hat.

Coriolanus sucht nun seinen ehemaligen Feind Aufidius auf und verbündet sich mit dem Volskergeneral zum Kampf gegen Rom. Geführt von Coriolanus steht das Volskerheer vor Rom. Vergeblich kommt sein alter Freund Cominius aus der Stadt zu ihm, der sich unbeugsam zeigt. Auch der sprachgewandte Menenius wird fortgeschickt. Da erscheinen überraschend seine Mutter, seine Frau und sein Sohn im Volskerlager. Volumnia kniet vor ihm nieder und bittet ihn um Frieden – darum wissend, dass dies das Ende ihres Sohnes bedeutet. In einer gänzlich unerwarteten Kehrtwendung erklärt sich Coriolanus zum Friedensschluss bereit. In der volskischen Stadt Antium nennt Aufidius daraufhin Coriolanus einen Verräter und Schwächling; wieder lässt sich dieser zu verbalen Attacken hinreißen, worauf die Mitverschworenen des Volskergenerals das Volk gegen den Römer aufhetzen und ihn erstechen.

Literarische Vorlagen und sozio-kulturelle Bezüge

Übertragung der Parallelbiographien Plutarchs von Thomas North, 1579

Als Hauptquelle nutzte Shakespeare wie in den anderen Römerdramen Plutarchs Parallelbiographien (um 110 n. Chr.) in der englischen Übersetzung von Sir Thomas North aus dem Jahre 1579; einzig für seine Ausgestaltung der „Fabel von Bauch und Gliedern“ (I,i, 85-152) greift Shakespeare anscheinend zusätzlich auf die Fassung dieser Geschichte bei Livius in Philemon Hollands Übertragung von 1600 und William Camdens Remains of a Greater Work Concerning Britain von 1605 zurück. In der Vorlage Plutarchs wird in der Sage von Coriolanus wie in anderen Teilen jeweils eine griechische und eine römische Persönlichkeit einander gegenübergestellt; in diesem Fall ist die griechische Entsprechung des Coriolan der athenische Feldherr und Politiker Alkibiades, der sich ebenfalls mit seiner Vaterstadt im Konflikt befand, was Shakespeare wiederum in seiner Tragödie Timon of Athens (um 1607 und 1608) thematisch verarbeitet.[1]

Nach Erkenntnissen der modernen Geschichtsforschung hat Gnaeus Marcius Coriolanus nie tatsächlich gelebt, sondern von Anfang an lediglich als Sagen- oder Legendenfigur existiert, deren Ursprünge in einer Familienlegende des römischen Geschlechts der Marcier liegen. Die sagenhafte Figur des Coriolanus ist seit der Antike grundverschieden charakterisiert worden: Zum einen wurde er als Held gesehen, der die höchsten Tugenden des alten Rom verkörperte und in dessen Schicksal sich der Undank des Vaterlandes seinem Retter gegenüber äußerte; zum anderen wurde er als überheblicher Verächter und schließlich Verräter seines eigenen Volkes dargestellt.

Offensichtlich war für Shakespeare vor allem der Kontrast zu Marc Anton interessant, dessen Schicksal er um die gleiche Zeit ebenfalls im Rückgriff auf Plutarchs Werk in eine dramatische Form brachte. Die auf der elisabethanischen Bühne zu der Zeit noch unbekannten Ereignisse aus der Frühzeit Roms mit ihren Kriegshelden und den aufrührerischen Volksmassen boten theatralisch mehr Raum als die vorangegangenen Römerdramen. Im Hinblick auf die Thematik, die Struktur und den Stil ist Coriolanus zudem eng mit der teilweise gleichermaßen auf Plutarch zurückgreifenden satirischen Tragödie Timon verwandt, die Shakespeare jedoch nicht vollständig ausgearbeitet hat.

Plutarchs Vorlage für Shakespeares Coriolanus liefert in den Grundzügen neben dem Ablauf des Geschehens bereits den Charakterzwiespalt der Titelfigur, dessen Kardinaltugenden des Mutes und der Tapferkeit (virtus) und der Frömmigkeit (pietas) im Widerstreit mit seiner cholerischen Maßlosigkeit stehen. Außerdem nutzt Shakespeare die Vorlage Plutarchs in der Übertragung von Thomas North mit nur geringen Veränderungen auch für die klimaktische Szene seiner Tragödie, in der Volumnia als Bittstellerin Roms den Zorn ihres zu Unrecht von seiner Vaterstadt verbannten Sohnes abwendet. Gleichermaßen lehnt sich sein Blankvers in zahlreichen Passagen eng an die ausdrucksvolle Prosa von North an.

Trotz dieser Übereinstimmungen wandelt Shakespeare seinen dramatischen Stoff unverkennbar um und proportioniert ihn neu. Er rafft die politischen Vorgänge, die mit Coriolanus’ Schicksal verknüpft sind, richtet sie ganz auf seinen Protagonisten hin aus und macht sie damit überschaubarer und dramatisch wirkungsvoller. Das Geschehen in seinem Drama gliedert er in zwei Handlungsbögen und stellt als Wendepunkt die Kandidatur Coriolanus’ und seine Niederlage bei der Konsulwahl heraus.

Dieses zentrale Geschehen resultiert bei Shakespeare im Gegensatz zu seiner Quelle unmittelbar aus der Rolle Coriolanus’ als eines Helden im Krieg gegen die Volsker und führt direkt zu seiner Verbannung aus Rom. Die ständische Gegnerschaft des Coriolanus zu den Volkstribunen und seine kriegerische Rivalität mit den Volskern stehen in Shakespeares Stück bereits am Anfang der Handlung und setzen nicht erst wie in seiner Quelle im Zentrum in der zweiten Hälfte des Geschehens ein. Zugleich schafft Shakespeare mit der ersten Überredungsszene der Volumnia im ersten Handlungsbogen (III,ii) ein dramatisches Gegengewicht zu ihrer Bittstellung am Ende (V,iii).

Die Konflikte und Spannungen, denen Shakespeares Titelfigur ausgesetzt ist, werden dramatisch stärker personalisiert als in der Vorlage; Figuren wie Menenius oder die Tribunen, die bei Plutarch als blasse Gestalten lediglich dazu beitragen, der politischen Auseinandersetzung als Stimmen ihren Ausdruck zu verleihen, werden in Shakespeares Werk zu vollständigen Charakteren ausgebaut. Auch die Gattin des Protagonisten, Virgilia, die in Plutarchs Vorlage eine schemenhafte Gestalt bleibt, wird von Shakespeare kunstvoll ausgestaltet und nimmt einen versöhnlichen Standpunkt zwischen dem Absolutheitsanspruch von Coriolanus und dem seiner Mutter ein. Darüber hinaus wird die Volksmenge in Rom in Shakespeares Tragödie selber zu einem wesentlichen dramatischen Element, in dem sich die Charakterschwächen seines Protagonisten, wie etwa sein unbändiges Wesen und seine Manipulierbarkeit, spiegeln. Durch die Konfrontation des Coriolanus mit Teilaspekten seines eigenen Charakters in den Persönlichkeitseigenschaften seiner Gegenspieler wie Aufidius und Volumnia versucht Shakespeare in seinem Werk, die dramatische Geschlossenheit der Tragödie sicherzustellen.

Außerdem verleiht er dem klassischen Konflikt zwischen dem Einzelnen und der Menge durch verschiedene Anachronismen und stilistische Nuancierungen eine zeitgenössische Aktualität. Die hochfahrende Sprache des Coriolanus zeigt beispielsweise Anklänge an die Ausdrucksweise der zeitgenössischen Aristokratie und die Sprache der Plebejer ähnelt der der damaligen englischen Handwerker, aber auch der Tagediebe. Als Individuen sind sie mit Mutterwitz und teilweise unfreiwilliger Komik wie auch mit Torheit und Einsicht ausgestattet; unter dem manipulativen Einfluss des Demagogen werden sie zu einer reißenden Meute. Auf diese Weise werden die in Shakespeares Quelle angelegten Spannungen und Konflikte betont und deutlich verschärft. Im ausdrücklichen Widerspruch zu Plutarch werden die Plebejer-Soldaten in Shakespeares Stück als feige und erbärmlich im Gegensatz zu den legendären Kriegstaten des Coriolanus dargestellt; der Hass des verbannten Coriolanus auf seine Vaterstadt nimmt auf diesem Hintergrund am Ende eine wesentlich heftigere Form an als in der Quelle von Plutarch. Während Coriolanus in Plutarchs Vorlage lediglich mit Hilfe der Volsker die absolute Macht der Aristokratie über das Volk wiederherstellen will, ist er in Shakespeares Tragödie darauf aus, ganz Rom zu vernichten und in Flammen aufgehen zu lassen. Mit dieser Haltung am Schluss intensiviert Shakespeare zugleich die Tiefe des Sturzes sowie des Abfalls und der Umkehr seines Protagonisten.[2]

Datierung und Text

Coriolanus, Folioausgabe von 1623

Es gibt keine Belege oder Unterlagen für eine exakte Datierung der Entstehung des Werkes. Das Stück muss jedoch nach 1605 verfasst worden sein, da Shakespeare in Coriolanus in seiner Fassung der bekannten Fabel vom Streit zwischen dem Bauch und den Gliedern Einzelheiten aus der Version von William Camdens Remains aus dem Jahre 1605 verwendet (terminus a quo). Aufgrund stilistischer Vergleichskriterien insbesondere im Hinblick auf die Blankversbehandlung wird in der Shakespeare-Forschung allgemein angenommen, dass Coriolanus als das Letzte der sogenannten Römerdramen Shakespeares nach Antony and Cleopatra entstanden ist. Zusätzliche Anhaltspunkte für eine Datierung finden sich in zwei 1609 erschienenen Werken, die jeweils eine auffällige Zeile des Stückes parodieren: Robert Armins The Italian Taylor and his Boy und Ben Jonsons Komödie The Silent Women. Da davon ausgegangen werden kann, dass derartig spezifische Anspielungen nur dann eine satirische Wirkung beim zeitgenössischen Publikum entfalten konnten, wenn die Erstaufführung der Shakespeareschen Tragödie nicht allzu lange zurücklag oder das Stück zu der Zeit noch ein Bühnenerfolg war, spricht dies für eine Entstehung von Coriolanus wahrscheinlich um 1607/1608.

Zudem war ein Hauptthema des Stückes, die politisch-soziale Spannung zwischen Volk und Aristokratie, nach den Midland-Aufständen im Frühsommer 1607 für die Zeitgenossen höchst aktuell und wurde intensiv diskutiert. Ein Teil der Shakespeare-Forscher vermutet, dass die Sympathie, die Shakespeare trotz des äußerst arroganten Auftretens seines Helden Coriolanus nicht dem wankelmütigen Volk gegenüber aufbringt, als eine Reaktion auf Gefährdung der Stabilität des Gemeinwesen zu verstehen sei, die durch die Hungeraufstände in Mittelengland in den Jahren 1607 und 1608 drohte. Einige Shakespeare-Editoren sehen außerdem in dem Bild „the coal of fire upon the ice“ einen Hinweis auf den äußerst strengen Winter 1607/1608, in dem auf der Eisdecke der Themse in großen Becken Kohlefeuer angezündet wurden.[3]

Eine Datierung des Werkes um 1608, wie sie in der heutigen Shakespeare-Forschung überwiegend vorgenommen wird, lässt sich darüber hinaus durch weitere Details in der einzigen autoritativen Textquelle des ersten Drucks in der Folio-Ausgabe von 1623 erhärten. Neben einer Einteilung des Werkes in Akte deuten einige Angaben in den Bühnenanweisungen darauf hin, dass Coriolanus vermutlich das erste Stück Shakespeares war, das für eine Aufführung im Blackfriars Theatre geschrieben wurde, das ab 1608 von der Schauspieltruppe Shakespeares als Winterresidenz genutzt wurde.[4]

Coriolanus ist lediglich in der Folioausgabe von 1623 überliefert, in der das Stück unter dem Titel The Tragedy of Coriolanus gedruckt wurde. Der Druck beruht auf einer recht zuverlässigen Vorlage; die außergewöhnlich detaillierten Bühnenanweisungen lassen mit großer Sicherheit ein sorgfältig durchgesehenes Bühnenmanuskript Shakespeares oder eine Abschrift davon als Druckvorlage annehmen. Obwohl der Text im Ganzen für moderne Editoren keine schwerwiegenden Probleme bietet, sind dennoch im Einzelnen eine Reihe von Emendationen vor allem im Bereich der Verseinteilung und der Bereinigung einer größeren Zahl von offenkundigen Fehlern bei der Drucksetzung erforderlich, die vermutlich auf die schlechte Lesbarkeit des handschriftlichen Manuskriptes zurückzuführen sind. So las der Setzer in der offensichtlich schwer entzifferbaren handschriftlichen Vorlage beispielsweise shoot statt shout, detect statt defect und scale statt stale.[5]

Aufführungsgeschichte

Shakespeares differenzierte Charakterdarstellung des Coriolanus mit ihrer Neutralisierung des propagandistischen Gehaltes des Stoffes und seine skeptische Behandlung dieser Römerlegende führten in späteren Aufführungen des Werkes immer wieder zu Versuchen einer Umschreibung oder Uminszenierung des Stückes in ein politisches Bekenntnisdrama. So wurden bis weit in das 19. Jahrhundert hinein nahezu ausschließlich mehr oder weniger tendenziöse Inszenierungen oder Bearbeitungen des Werkes aufgeführt.

In Nahum Tates Adaption The Ingratitude of a Commonwealth aus dem Jahre 1681 wird der Schlussakt des Shakespeareschen Werkes zu einem Schauerdrama zur Förderung der royalistischen Propaganda der Tories umgestaltet, während in John Dennis’ The Invader of His Country von 1719 Coriolanus als negatives Exempel angesichts der drohenden Invasion des jakobitischen Thronprätendenten gezeigt wird. James Thomsons Fassung, die 1745 entstand und 1749 postum uraufgeführt wurde, setzt demgegenüber mit der Verbannung des Helden ein und stilisiert Coriolanus als römischen Krieger wiederum zu einem idealen Aristokraten. Eine Aufführung von David Garrick aus dem Jahre 1754 mit dem im Wesentlichen unverfälschten Urtext Shakespeares wurde kurze Zeit später erneut durch eine Mischfassung aus Shakespeares und Thomsons Text verdrängt. Ab 1789 spielte John Philip Kemble äußerst erfolgreich wiederholt die Hauptrolle in seiner Adaption des Shakespeareschen Stückes.[6]

In neueren Aufführungen zeigte vor allem Laurence Olivier 1938 und 1959 eine herausragende schauspielerische Leistung als überzeugend auftretender tragischer Coriolanus. Zumeist wird in moderneren Aufführungen des Stückes allerdings der heroische Status des Titelhelden psychologisch im Hinblick auf die Mutter-Sohn-Beziehung oder durch eine kritische Darbietung seiner reaktionären Grundhaltung „dekonstruiert“. Die von Bertolt Brecht beeinflusste Mailänder Inszenierung von Coriolanus des italienischen Regisseurs Giorgio Strehler verknüpfte beide Ansätze einer kritischen Dekonstruktion des Shakespeareschen Stückes.

Eine erste vollständige Übertragung des Werkes ins Deutsche erfolgte 1777 von Johann Joachim Eschenburg; auf deutschen Bühnen wurde Coriolanus ab 1781 bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in der Regel in recht freien klassizistischen Bearbeitungen gespielt, hielt sich aber über mehrere Jahrzehnte auf den Spielplänen. Erst 1855 und 1864 konfrontierte Emil Devrient das deutsche Publikum wieder mit dem unverfälschten Shakespearetext.

Während des Ersten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit entdeckte man in der deutschen Theaterszene die Bedeutung des Dramas für das eigene nationale Schicksal; zahlreiche Neuaufführungen mit durchaus widersprüchlichen Deutungen der Aussage des Werkes machten vor allem in den 1920er Jahren Theatergeschichte. Hervorzuheben ist die Berliner Aufführung von 1925 unter der Regie von Erich Engel mit Fritz Kortner in der Titelrolle. Diese Inszenierung hatte einen nachhaltigen Einfluss auf Brechts Entwicklung seiner Konzeption des Epischen Theaters.[7]

Adaptionen

In seinen Coriolan-Gedichten unternimmt der der bekannte englische Lyriker und Dramatiker T. S. Eliot einen Versuch, den Stoff dichterisch zu aktualisieren; allerdings bleibt Eliots Dichtung als Wortcollage ein Fragment, in dem der vergangenen Größe ironisch die Wirklichkeit moderner Militärdiktaturen entgegengesetzt wird.

Bertolt Brecht verlagert in seiner Bearbeitung von Shakespeares Coriolanus (1951–1955) demgegenüber die Gewichte in Shakespeares Drama zugunsten der Plebejer und macht diese zu einer positiven politischen Kraft.[8]

Die Verfilmung des Shakespeare-Stücks erfolgte im Jahre 2011 unter der Regie von Ralph Fiennes, der auch die Titelrolle spielte. Die Handlung wurde ins 21. Jahrhundert verlegt.

Die 90-minütige Inszenierung des Korijolanusz der freien Theatertruppe HOPPart aus Budapest war 2014 wichtiger Bestandteil des Shakespeare-Festival Neuss. Das Ensemble mit acht Männern und vier Frauen um Regisseur Csaba Polgar beleuchtete die Verachtung der Oligarchen, den Einfluss mächtiger Seilschaften, die Wendehalsigkeit und Unbedarftheit des Volkes. Der Rezensentin erschien es als „grelle böse, bitter-komische Satire“, die die gegenwärtige Situation in den postsozialistischen Ländern reflektiert.[9]

Textausgaben

Gesamtausgaben
Englisch
  • Lee Bliss (Hrsg.): William Shakespeare: Coriolanus. New Cambridge Shakespeare. Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0-521-72874-4
  • Peter Holland (Hrsg.): William Shakespeare: Coriolanus. Arden Third Series. London 2013, ISBN 978-1-904271-28-4
  • R. B. Parker (Hrsg.): William Shakespeare: Coriolanus. Oxford Shakespeare. Oxford University Press, Oxford 2008, ISBN 978-0-19-953580-4
Deutsch
  • Roland Lüthi (Hrsg.): William Shakespeare: Coriolanus. Englisch-Deutsche Studienausgabe. Stauffenburg, Tübingen 2001, ISBN 978-3-86057-560-4.

Literatur

Wikisource: Shakespeare's Coriolanus – Quellen und Volltexte (englisch)
Commons: Coriolanus (play) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Vgl. Ulrich Suerbaum: Der Shakespeare-Führer. Reclam, Ditzingen 2006, ISBN 3-15-017663-8, 3. rev. Auflage 2015, ISBN 978-3-15-020395-8, S. 397. Siehe auch Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare Handbuch. Kröner, 5. rev. Ausgabe, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 516 f. Vgl. ebenso Hans-Dieter Gelfert: William Shakespeare in seiner Zeit. C. H. Beck Verlag, München 2014, ISBN 978-3-406-65919-5, S. 377. Siehe ferner Michael Dobson, Stanley Wells (Hrsg.): The Oxford Companion to Shakespeare. Oxford University Press, 2. Ausgabe, Oxford 2015, ISBN 978-0-19-870873-5, S. 241.
  2. Vgl. dazu Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare Handbuch. Kröner, 5. rev. Ausgabe, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 516–518.
  3. Vgl. Ulrich Suerbaum: Der Shakespeare-Führer. Reclam, Ditzingen 2006, ISBN 3-15-017663-8, 3. rev. Auflage 2015, ISBN 978-3-15-020395-8, S. 396 f. Siehe auch Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare Handbuch. Kröner, 5. rev. Ausgabe, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 515 f. und Hans-Dieter Gelfert: William Shakespeare in seiner Zeit. C. H. Beck Verlag, München 2014, ISBN 978-3-406-65919-5, S. 377.
  4. Vgl. eingehender Michael Dobson, Stanley Wells (Hrsg.): The Oxford Companion to Shakespeare. Oxford University Press, 2. Ausgabe, Oxford 2015, ISBN 978-0-19-870873-5, S. 241.
  5. Vgl. Ulrich Suerbaum: Der Shakespeare-Führer. Reclam, Ditzingen 2006, ISBN 3-15-017663-8, 3. rev. Auflage 2015, ISBN 978-3-15-020395-8, S. 397. Siehe auch Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare Handbuch. Kröner, 5. rev. Ausgabe, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 515 f. Vgl. ebenso Michael Dobson, Stanley Wells (Hrsg.): The Oxford Companion to Shakespeare. Oxford University Press, 2. Ausgabe, Oxford 2015, ISBN 978-0-19-870873-5, S. 241.
  6. Vgl. Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare Handbuch. Kröner, 5. rev. Ausgabe, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 521 f. Siehe auch ausführlich die Darstellung der Bühnengeschichte von Coriolanus bei John Ripley: Coriolanus on Stage in England and America, 1609–1994. Associated University Presses, London u. a. 1998.
  7. Wilhelm Hortmann: Shakespeare und das deutsche Theater im XX. Jahrhundert. Henschel-Verlag, Berlin 2001, S. 162f.
  8. Vgl. Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare Handbuch. Kröner, 5. rev. Ausgabe, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-38605-2, S. 522. Siehe auch Ulrich Suerbaum: Der Shakespeare-Führer. Reclam, Ditzingen 2006, ISBN 3-15-017663-8, 3. rev. Auflage 2015, ISBN 978-3-15-020395-8, S. 402.
  9. Große Geste in der Provinz Shakespeare-Festival in Neuss zeigt ungarische Inszenierung von "Coriolan", Rezension von Ulrike Gondorf im Deutschlandradio Kultur vom 5. Juli 2014, abgerufen am 8. Juli 2014.

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