Eduard Friedrich Wilhelm Pflüger (* 7. Juni1829 in Hanau; † 16. März1910 in Bonn) war ein deutscher Physiologe, insbesondere auf dem Gebiet der Elektrophysiologie mit der Erforschung der Zusammenhänge von elektrischer Nerven- und Muskelerregbarkeit.[1]
Eduar Pflüger begann 1849 ein Studium der Politik in Heidelberg und wandte sich 1850 der Medizin zu, die er in Marburg, wo er 1851 eine Dissertation über die psychischen Funktionen des Rückenmarks beim Frosch schrieb (De functionibus medullae oblongatae et spinalis psychicis. Dissertation Gießen, erschienen Berlin 1851) und Berlin studierte, wo er insbesondere Schüler der Physiologen Johannes Müller und Emil Du Bois-Reymond war und 1853 eine weitere Doktorarbeit Ueber das Hemmungs-Nervensystem für die peristaltischen Bewegungen der Gedärme (erschienen in Berlin, bei A. Hirschwald, 1857) anfertigte und damit am 14. Dezember 1855 (mit dem Dissertationstitel De nervorum splanchnicorum functione)[2] promoviert wurde.[3] In Berlin arbeitete er als Assistent von Emil Du Bois-Reymond und habilitierte sich 1858 für Physiologie. Bereits 1859 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor auf den neuen Lehrstuhl für Physiologie an der Bonner Universität, wo er von 1889 bis 1890 Rektor war.
Einer seiner Schüler war Nathan Zuntz, später selbst ein bedeutender Physiologe.
Im Jahr 1877 veröffentlichte Pflüger seine Arbeit mit der Beschreibung eines biologischen Regelkreises mit Rückkopplung anhand des Pupillenreflexes. Es folgten zahlreiche weitere Publikationen, in denen er sich vorzugsweise mit den sensorischen Funktionen des Rückenmarks, der Atmungsphysiologie und des Elektrotonus, zu dem er ab 1860 tierelektrische Studien begonnen[4] hatte, beschäftigte. Nach ihm ist auch das „Pflügersche Zuckungsgesetz“ benannt.
1878 zog er in das neuerbaute physiologische Institut in Poppelsdorf. Wegen seiner besonderen Leistungen auf dem Gebiet der Funktion der Nerven und Zellen wurde er seit 1902 mehrfach für den Nobelpreis nominiert.[5]
De functionibus medullae oblongatae et spinalis psychicis. Medizinische Dissertation Gießen 1851.
Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Nebst einer neuen Lehre über die Leitungsgesetze der Reflexionen. Hirschwald, Berlin 1853. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
De nervorum planchnicorum functione. Medizinische Dissertation Berlin, 1855.
Das Hemmungsnervensystem für die peristaltische Bewegung der Gedärme. Hirschwald, Berlin 1857. (Digitalisat)
Experimentalbeitrag zur Theorie der Hemmungsnerven. In: Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin. 1859, S. 13–29
Ueber ein neues Reagens zur Darstellung des Axencylinders. In: Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin. 1859, S. 132
Ueber die Ursache des Oeffnungstetanus. In: Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin. 1859, S. 133–148
Ueber die Bewegungen der Ovarien. In: Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin. 1859, S. 30–32
Bemerkungen zur Physiologie des centralen Nervensystems. In: Archiv für die gesammte Physiologie des Menschen und der Thiere. Band 15, 1877, S. 150–152
Lehrbuch der Psychiatrie für Aerzte und Studirende. Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1883
Neurasthenie (Nervenschwäche), ihr Wesen, ihre Bedeutung und Behandlung vom anatomisch-physiologischen Standpunkte für Aerzte und Studirende. Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1885
↑Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 236.
↑Wilhelm Ermann: Verzeichnis der Berliner Universitätsschriften 1810–1885. Georg Olms, Hildesheim 1973, S. 363, Nr. 03030.
↑Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 189.