Die Ehrenbürgerschaft kann verliehen werden von Staaten, Staatenverbünden, Universitäten sowie oft auch von Städten und Gemeinden. Sie würdigt besondere Verdienste der geehrten Person um die auszeichnende Körperschaft.
In den USA verleihen auch Bundesstaaten Ehrenbürgerschaften. Diese Ehrenbürgerschaft kann auch verliehen werden, wenn man einen gewissen Betrag spendet. In Texas genügt u. U. eine Spende von 500 US$ zur Erlangung der Ehrenbürgerwürde.
Mit der Anerkennung als Gerechter unter den Völkern kann die Gedenkstätte Yad Vashem den Geehrten „als Zeichen der Anerkennung für ihre Taten die Ehrenbürgerschaft – und, wenn sie verstorben sind, die israelische Staatsangehörigkeit im Gedenken – verleihen.“[2]
Universitäten können neben der Ehrendoktorwürde satzungs- und herkommensgemäß auch Ehrensenatoren und Ehrenbürger der Universität ernennen.[3] So war z. B. Kardinal Karl Lehmann Ehrenbürger der Mainzer Universität. John F. Kennedy erhielt am 26. Juni 1963 die Ehrenbürgerwürde der FU Berlin.[4] Die Verleihung beruht auf ihrer eigenen Tradition, wonach die Universitäten seit dem Mittelalter eine von der Stadt, in der sie sich befanden, unabhängige Jurisdiktion bildeten.
Gemäß § 9 Abs. 4 des Nordrhein-Westfälischen Hochschulgesetzes gehören unter anderen die Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger sowie die Ehrensenatorinnen und Ehrensenatoren der Hochschule an, ohne Mitglieder zu sein. Sie nehmen an Wahlen nicht teil.[5]
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Die Ehrenbürgerschaft wird üblicherweise auf Lebenszeit verliehen. Mitunter ist die Ehrenbürgerschaft mit besonderen Privilegien verbunden, zum Beispiel die Gewährung von Vorzugsbehandlung (Freifahrt, freie Theaterkarten etc.) in stadteigenen Einrichtungen. Nicht ganz unüblich geworden ist es auch, prominente Persönlichkeiten, die es als Sohn oder Tochter dieses Ortes zu besonderer überregionaler Bekanntheit gebracht haben, derart zu ehren. Die Ehrenbürgerurkunde wird üblicherweise persönlich überreicht, sodass die Annahme auch eine Ehrerweisung des Geehrten an die Stadt darstellt.
Die Ehrenbürgerschaft wurde in Deutschland als Ehrenrecht ausgestaltet und ursprünglich nur an Nichtbürger verliehen.[7] Beispielsweise wurde dem ersten Ehrenbürger Berlins Konrad Gottlieb Ribbeck (1759–1826) am 6. Juli 1813 diese Auszeichnung zuteil, obwohl er kein Berliner Grundbesitzer war und nach der Steinschen Städteordnung von 1808keinen Anspruch hatte, das Bürgerrecht zu erwerben.[8]
Das Bürgerrecht zur Auszeichnung wurde von den städtischen Behörden erteilt. Mit dem Ehrenbürgerrecht sind bis heute in der Regel keine Rechtswirkungen verbunden.[9][10]
Varianten
Die Stadt Delmenhorst erfand 2003 für die Popsängerin Sarah Connor den symbolischen Titel „Ehrenbotschafterin“, da eine Ehrenbürgerschaft mangels langjährigen ehrenamtlichen Engagements nicht in Frage kam.
Eine Ehrenbürgerschaft endet zwar mit dem Tod des Geehrten,[11] dennoch wird dem Geehrten manchmal ein Ehrengrab zuteil.[12] Mitunter wird auch im Rathaus oder an einer anderen prominenten Stelle eine Gedenktafel angebracht, auf der die Namen aller Ehrenbürger verzeichnet sind; häufig werden (allerdings in der Regel erst nach dem Tod) auch Straßen und Plätze nach Ehrenbürgern benannt. Allerdings ist hierbei meist nicht die Ehrenbürgerwürde alleine als solche der Grund, sondern die Umstände, die zu ihrer Verleihung geführt haben, begründen auch die Benennung.
Entzug der Ehrenbürgerschaft
Die Ehrenbürgerschaft kann zu Lebzeiten des Geehrten wegen unwürdigen Verhaltens entzogen werden. Auch diese Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder der Gemeindevertretung.
Ehrenbürgerschaft posthum
Aberkennung
Da es sich bei der Ehrenbürgerschaft um ein höchstpersönliches Recht handelt, das mit dem Tod der geehrten Person erlischt, ist die posthume Aberkennung einer Ehrenbürgerschaft rechtlich umstritten.[13]
Insbesondere für Vertreter der NS-Herrschaft wurde dies vermehrt praktiziert, um sich symbolisch zu distanzieren.[14][15]Adolf Hitler erhielt sie in rund 4000 Städten (siehe Adolf Hitler als Ehrenbürger). Für (lebende) Kriegsverbrecher wurde der Verlust der Ehrenbürgerwürde gemäß Artikel VIII, Ziffer II, Buchstabe i der Direktive 38 des Alliierten Kontrollrats in Deutschland vom 12. Oktober 1946 festgelegt. Dies setzte freilich eine gerichtliche Verurteilung voraus und galt mithin nicht für Hitler.
Einige Städte haben damaligen bereits verstorbenen Machthabern die Ehrenbürgerschaft dennoch symbolisch aberkannt. Der Berliner Magistrat entzog bereits 1948 Hitler und Joseph Goebbels die Ehrenbürgerschaft. Weitere Aberkennungen der Ehrenbürgerschaft Hitlers in neuerer Zeit erfolgten u. a. in Düsseldorf (2000), Saarbrücken (2001), Aschersleben (2006), Bad Doberan, Biedenkopf (2007) und Kleve (2008) sowie in Forst (Lausitz) (2009). In Österreich wurde ihm im Mai 2011 die Ehrenbürgerschaft von Amstetten aberkannt.[16]
Dagegen argumentieren einige Kommunen, dass die Ehrenbürgerschaft von Toten nicht tilgbar ist, da die Ehrenbürgerschaft als eine persönliche Auszeichnung nur einem Lebenden zu- und aberkannt werden kann. Solche Kommunen distanzieren sich dann gelegentlich symbolisch von den einstigen Ehrenbürgern ohne formelle Aberkennung, so geschehen u. a. 2013 in Schmidmühlen und 2016 in Lünen.[17][18] Dieses Vorgehen entspricht der Ansicht des Verfassungsrechtlers Theo Öhlinger: Die Aberkennung „braucht es nicht rechtlich gesehen, aber es ist ein symbolischer Akt, wenn bestimmte Menschen Ehrenbürger sind, die […] alles andere als zur Ehre der Gemeinde beitragen, dann hat es natürlich schon einen Sinn, sich […] öffentlich zu distanzieren.“[19]
Die Stadt Gotha schuf 1995 für Josef Ritter von Gadolla, den im Frühjahr 1945 wegen der versuchten Übergabe der Stadt hingerichteten letzten „Kampfkommandanten“ Gothas, den Titel „Verdienter Bürger der Stadt“. Darüber hinaus wurden bislang (Stand 2015) weitere 31 Persönlichkeiten, die sich um die Entwicklung und den guten Ruf der Stadt verdient gemacht hatten, jedoch bereits verstorben waren, zu „Verdienten Bürgern“ ernannt.[23]
Nachdem das Thüringer Innenministerium 2017 erstmals einer posthumen Verleihung einer Ehrenbürgerwürde zugestimmt hatte, wurde Josef Ritter von Gadolla im Mai 2018 zum Ehrenbürger Gothas ernannt.[24]
Städte im Ausland
Die 1. Polnische Panzerdivision befreite am 29. Oktober 1944 die niederländische Stadt Breda (welche seit Mai 1940 von der Wehrmachtbesetzt gewesen war). Dafür wurden alle Soldaten dieser Einheit zu Ehrenbürgern der Stadt ernannt.[25]
Am 22. März 2022 verlieh der Stadtrat von Paris der Stadt Kiew einstimmig die Ehrenbürgerschaft. Damit wurde dieser Titel erstmals einer Stadt verliehen.[26]
Literatur
Karlheinz Spielmann: Ehrenbürger und Ehrungen in der Bundesrepublik. Selbstverlag, Dortmund-Barop 1965.
Karlheinz Spielmann: Ehrenbürger und Ehrungen in Geschichte und Gegenwart. Eine Dokumentation zur deutschen und mitteleuropäischen Geschichte. 3. wesentlich erweiterte Auflage. Band1–2. Selbstverlag, Dortmund-Barop 1967.
Karlheinz Spielmann: Ehrenbürger und Ehrungen in Geschichte und Gegenwart. Eine Dokumentation zur deutschen und mitteleuropäischen Geschichte. 3. wesentlich erweiterte Auflage. 4. Ergänzungsband zur 3. Auflage (Stand 31. März 1971). Selbstverlag, Dortmund-Barop 1971.
↑Birgit Fleischmann: Die Ehrenbürger Berlins. Berlin 1993, ISBN 3-7759-0380-1, S.8.
↑Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band5. Leipzig und Wien 1908, S.412, Spalte 1, Stichwort „Ehrenbürger“.
↑§ 23 Abs. 1 Satz 2 der Rheinland-Pfälzischen Gemeindeordnung, abgerufen am 4. Mai 2024.
↑„Ein Widerruf nach dem Tod des Ehrenbürgers ist nicht mehr möglich, da die höchstpersönliche Ehrenbürgerschaft mit dem Tod erlischt (vgl. oben Erl. 1).“ Ehrenbürgerrecht, Bayerische Gemeindeordnung, Artikel 16, Erläuterungen 2. Widerruf
↑Daniel Wolski: Jusos Lünen und Grüne Jugend: Gemeinsam gegen Ehrenbürgerschaft Hitlers, lokalkompass.de, 22. Dezember 2016: „Die Lüner Jungsozialisten und die Grüne Jugend Lünen freuen sich gemeinsam darüber, dass der Rat der Stadt Lünen Adolf Hitler die Ehrenbürgerschaft entzogen hat.“
↑Siehe der em. Univ.-Prof. Theo Öhlinger, Verfassungsrechtler an der Universität Wien und Autor, zur Thematik befragt in der ZIB 2 des ORF am 24. Mai 2011. (Transkript des Beitrags Hitler als Ehrenbürger von der ORF TVthek am 24. Mai 2011; Sendung war nur 7 Tage abrufbar).
↑Brigitte Grunert: Berlin: Liste der Ehrenbürger: 18 Namen waren nicht mehr opportun, tagesspiegel.de, 11. Mai 2000: „Nur sieben der 25 Namen auf der Ost-Berliner Liste der Ehrenbürger hat der Senat 1992 für Gesamtberlin übernommen, und zwar in Anerkennung "kultureller und wissenschaftlicher" Verdienste. Es sind die Künstler Heinrich Zille und Otto Nagel, die Schriftstellerin Anna Seghers, der Schauspieler, Regisseur und Intendant des Deutschen Theaters, Wolfgang Heinz, der Verleger und Schriftsteller Wieland Herzfelde, der sowjetische und der DDR-Kosmonaut Waleri Bykowski und Sigmund Jähn, die 1976 zusammen im Weltraum waren. … Den KPD-Chef Wilhelm Pieck (1946) hatte die West-Berliner Stadtverordnetenversammlung schon Ende 1948 sofort nach der Spaltung der Stadt gestrichen. Bei Erich Honecker (1982) haben das die Ost-Berliner Stadtverordneten Ende 1989 selbst besorgt. Der Senat strich SED-Chef Walter Ulbricht, Oberbürgermeister Friedrich Ebert und die LDPD-Politikerin Wilhelmine Schirmer-Pröscher. Die Übrigen waren sowjetische Militärs und Diplomaten.“
↑Polen bevrijdden Breda in 1944 van de Duitsers, bouw van Generaal Maczek Memorial officieel begonnen, omroepbrabant.nl, 27. Mai 2019: „Na de landing Normandië, op 6 juni 1944, had de Eerste Poolse Pantserdivisie een belangrijke rol in het verjagen van de Duitse bezetter. Na een opmars door Frankrijk en België werd de bevrijding van Breda op 29 oktober 1944 een van generaal Maczeks grootste successen. Een dag daarna werden hij en zijn hele divisie door burgemeester Van Slobbe benoemd tot ereburger van Breda.“ (niederländisch, deutsch: „Nach der Landung in der Normandie am 6. Juni 1944 spielte die Erste Polnische Panzerdivision eine wichtige Rolle bei der Vertreibung der deutschen Besatzer. Nach einem Vormarsch durch Frankreich und Belgien wurde die Befreiung von Breda am 29. Oktober 1944 zu einem der größten Erfolge von General Maczek. Einen Tag später wurden er und seine gesamte Abteilung von Bürgermeister Van Slobbe zu Ehrenbürgern von Breda ernannt.“)