Von 1910 bis 1914 lehrte Stadler deutsche Philologie als Professor in Brüssel. Das Angebot, als Gastprofessor nach Toronto zu gehen, musste er ausschlagen, da der Erste Weltkrieg begann und Stadler als Reserveoffizier eingezogen wurde.[3] Noch im selben Jahr wurde er während der Ersten Flandernschlacht durch eine Granate getötet.
Stadler begeisterte sich für Theater und Dichtung.
1905 veröffentlichte Stadler seinen ersten Gedichtsband Präludien. Was ihn in seinen lyrischen Anfängen zunächst als zwar höchst virtuos-formbewussten, wenig lebensweltnahen Nach-Dichter von Jugendstil-Dekadenz und vitalistischer, auf Nietzsche fußender Lebenskult-Ästhetik kennzeichnet, macht zugleich sein Talent aus: die Fähigkeit, verschiedene im Zeitbewusstsein zirkulierende Geistesströmungen zu synthetisieren.[6]
Ernst Stadler gehört zu denjenigen Autoren der Literaturgeschichte, die durch eine einzige Buchveröffentlichung ins Gedächtnis der Nachwelt eingedrungen sind.[6]
Seine Gedichtsammlung Der Aufbruch bildete 1914 den Höhepunkt seiner kurzen literarischen Laufbahn. Sie machte Stadler zu einer Leitfigur des literarischen Expressionismus. Im Unterschied zu Georg Heym ließ er sich durch Unheilsvorahnungen nicht abschrecken. Der religiös orientierte Stadler appellierte an seine Leser, zu einem besseren Dasein aufzubrechen, und versuchte die Depressionen zu vertreiben. Als Elsässer lagen ihm und Schickele die Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich besonders am Herzen. Diesem Ziel galten auch seine Übersetzertätigkeit sowie seine literaturwissenschaftlichen Studien, die die Interdependenzen der verschiedenen Literaturen herausstellten.
Ernst Stadler. Versensporn – Heft für lyrische Reize Nr. 41. Hrsg. von Tom Riebe. Edition POESIE SCHMECKT GUT, Jena 2020, 100 Exemplare.
Im Treibhaus. Aus: „Der Aufbruch und andere Gedichte“. Illustriert von Wolfgang Seider. Erste Auflage 2014, Calambac Verlag, Saarbrücken. ISBN 978-3-943117-82-0.
Übersetzungen
Das Balzac-Buch. Erzählungen und Novellen. Straßburg 1913.
Thomas Diecks: „Ich bin reichlich deutschlandmüde“. Ernst Stadler am Vorabend des Ersten Weltkriegs und sein Kriegstagebuch. In: Weltkriegstagebücher. Von Bachmann bis Zweig. Hrsg. v. Gernot Wimmer (= Schriften der Group2012, Band 3). Böhlau, Wien 2023, S. 105–122. ISBN 978-3-205-21538-7.
Helmut Gier: Die Entstehung des deutschen Expressionismus und die antisymbolische Reaktion in Frankreich. Die literarische Entwicklung Ernst Stadlers (= Münchener germanistische Beiträge, Bd. 21). Fink, München 1977, ISBN 3-7705-1398-3.
Max Diehm: Das expressionistische Elsass. Ernst Stadlers Regionalismusdiskurse zwischen Heimatkunst und literarischer Moderne. In: Expressionismus. Bd. 9 (2022), Heft 16.
↑Dissertation: Über das Verhältnis der Handschriften D und G von Wolframs Parzival.
↑ abHans Rollmann: Die Berufung Ernst Stadlers an die Universität Toronto. Eine Dokumentation. In: Seminar. A Journal of Germanic Studies, Vol. 18 (1982), Heft 2, S. 79–113
↑Strasbourg-Robertsau. Cimetière Saint-Louis (= Guide des cimetières n°3 de la Ville de Strasbourg). Strasbourg 2008, S. 40.
↑ abJan Röhnert: Das lyrische Werk. In: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Kindlers Literatur Lexikon (=B.15). 3. völlig neu bearbeitete Auflage. J.B. Metzler, Stuttgart Weimar 2009, ISBN 978-3-476-04000-8, S. 501f.