Erstein liegt etwa 20 Kilometer südlich von Straßburg und 5 km westlich der deutschen Grenze in der Oberrheinebene an der Ill, nahe beim Rhein-Rhône-Kanal im Zentrum der fruchtbaren Ebene von Erstein, auf 150 m ü. NHN.
Verkehr
Am Westrand der Stadt liegt der Bahnhof der Bahnstrecke Strasbourg–Colmar. Parallel zur Bahnstrecke verläuft die in diesem Abschnitt vierspurig ausgebaute ehemalige Nationalstraße N83 (D1083) Lyon–Straßburg. Die D 426 führt ins 12 km westlich gelegene Obernai, nach Osten gibt es über den Rhein eine Verbindung ins deutsche Schwanau und nach Lahr. Seit 1. September 2020 gibt es mit der Buslinie 280 montags bis freitags sechsmal täglich eine Verbindung zwischen dem Bahnhof von Erstein und dem Bahnhof des badischen Lahr.[1]
Geschichte
Erstmals erwähnt wurde Erstein als Villa Herinstein im Jahre 817. Eine ältere Form des Ortsnamens ist Erstheim.[2]
Irmingard (Ermengard), Tochter des Grafen Hugo von Tours und seit 821 Gemahlin Kaiser Lothars I., stiftete hier das Benediktiner-Nonnenkloster Erstein,[2] für das ihr Lothar 849 weitere Güter in der Gegend übertrug und in dem die Kaiserin später ihre letzte Ruhe fand.[3]
Nachdem König Otto I. in zweiter Ehe Adelheid, die schöne Witwe des italienischen Königs Lothar II., geheiratet hatte, schenkte er während eines Besuchs 953 im Elsass das Kloster Erstein seiner Schwiegermutter Bertha, der Königin des transjuranischen Burgunds (Hochburgund).[4]
Das Kloster wurde 1422 aufgehoben, seine Güter gingen an das Bistum Straßburg. 1818 waren die letzten Gebäude des Klosters verschwunden.
1191 erhielt die Siedlung das Stadtrecht, das auch mit dem Recht der Stadtbefestigung und einer eigenen Kommunalverwaltung verbunden war. Neben dem Kloster hatte es hier auch einen Königshof gegeben.[2]
1333 wurden die Befestigungsanlagen von den Straßburgern zerstört.[5]
1472 kam die Stadt zu Straßburg und blieb unter dieser Herrschaft bis 1790. Die Befestigungen wurden geschleift, der Ort wurde zu einem bedeutungslosen Landstädtchen.
Unter dem Dreißigjährigen Krieg hatte der Ort besonders zu leiden, die Bevölkerungszahl halbierte sich. Erstein kam im Westfälischen Frieden zu Frankreich.
Im Zuge der Französischen Revolution wurde Erstein 1790 Kantonshauptort. Erstmals kam es zur Wahl eines Bürgermeisters (Maire).
Im Sommer 1797 (am 3. Thermidor des V. Revolutionsjahrs) explodierten hier zwölf auf der Straße stehende, mit Pulverfässern beladene Pferdewagen, wodurch 45 Gebäude zerstört und 30 weitere stark beschädigt wurden.[6]
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte eine wirtschaftliche Konsolidierung ein: Die Bevölkerungszahl verdoppelte sich zwischen 1751 und 1846 von 1640 auf mehr als 3500 Einwohner. Die örtliche Landwirtschaft nahm einen Aufschwung, aber auch andere Wirtschaftszweige wie das Gewerbe der Gerber.
Das 19. Jahrhundert war geprägt vom Bau einer Eisenbahnlinie und der Rheinregulierung unter Tulla. Industrien siedelten sich an, etwa eine Weberei (bis 2001) und eine Zuckerfabrik. Im Jahr 1846 hatte Erstein 3676 Einwohner.[7]
Das Bevölkerungswachstum Ersteins ist seit Anfang der 1960er Jahre im Vergleich zur gesamteuropäischen Entwicklung leicht überdurchschnittlich. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ging die Bevölkerungszunahme des Orts leicht zurück.
Wappen
Wappenbeschreibung: In Rot und Blau gespalten. Vorn ein beidseitig mit Lilien besäumter silberner schrägrechter Balken; hinten eine goldene Kirche mit zwei Rundkuppeln gezierte Türme, die hinter dem Giebel hervorragen. Der rechte Turm trägt ein Kreuz (Lateinisches Kreuz) auf der Kuppel. Die Giebelseite mit goldenem Fenster hat ein Kreuz auf der Spitze und zwei gemauerte und geschlossene Toreingänge.
Hinweis: Der in Rot schräg verlaufende Balken in Silber deutet auf die Zugehörigkeit zu Straßburg und hinten in Blau die Kirche in Gold als Hinweis auf das ehemalige Benediktinerkloster hin.
Wirtschaft
Als Wirtschaftsstandort ist Erstein durch seine Zuckerfabrik bekannt.
↑ abcSigmund Billings: Geschichte und Beschreibung des Elsasses und seiner Bewohner von den ältesten bis in die neuesten Zeiten. Basel 1782, S. 202 (books.google.de).
↑Martina Hartmann: Die Königin im frühen Mittelalter. W. Kohlhammer, Stuttgart 2009, S. 113 (books.google.de, eingeschränkte Vorschau, abgerufen am 9. April 2022).
↑Johann Friedrich Aufschlager: Das Elsass. Neue historisch-topographische Beschreibung der beiden Rhein-Departemente. Erster Theil, Johann Heinrich Heitz, Straßburg 1825, S. 142 (books.google.de).
↑ abC. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten. Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 35 (books.google.de) und S. 78 (books.google.de).
↑ abJohann Friedrich Aufschlager: Das Elsass. Neue historisch-topographische Beschreibung der beiden Rhein-Departemente, Zweiter Theil, Johann Heinrich Heitz, Straßburg 1825, S. 304.
↑Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Sp. 15 (books.google.de).
↑Statistisches Büro des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen (Hrsg.): Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 8, Ziffer 119 (books.google.de).
↑Erstein, Landkreis Erstein, Elsaß-Lothringen. In: Meyers Gazetteer. (Mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Erstein, meyersgaz.org).