Ferdinand Saar stammte aus einer 1793 geadelten Beamtenfamilie.[1] Der Vater starb jedoch kurz nach Ferdinands Geburt. Die Mutter zog zurück in ihr Elternhaus, wo Saar zusammen mit seinem Vetter, dem späteren bildenden Künstler August von Pettenkofen, erzogen wurde. Er besuchte in Wien die Volksschule, dann die Stadtschule der Schotten und ab 1843 deren Gymnasium. 1849 trat er in das Heer ein und wurde 1854 Leutnant. 1860 beendete er seine Offizierslaufbahn, um sich der Literatur zu widmen. Hohe Schulden aus seiner Militärzeit führten jedoch in den Folgejahren zu mehreren Haftstrafen. 1871 wurde er durch adlige Gönnerinnen aus der drückendsten Not befreit.[2] 1877 brachten die Novellen aus Österreich breitere Anerkennung. Zum größten Publikumserfolg wurden 1893 die Wiener Elegien. Drei Jahre zuvor hatte Saar den Franz-Joseph-Orden verliehen bekommen, 1902 wurde er Mitglied des Herrenhauses des Österreichischen Reichsrates.
Die letzten Jahre waren durch Krankheit (insbesondere Darmkrebs) und vor allem schwere Depressionen gekennzeichnet. Nachdem schon seine Ehe 1884 mit dem Suizid seiner Frau tragisch gescheitert war, beendete auch er 1906 sein Leben durch eigene Hand (Sterbehaus: Rudolfinergasse 6, Unterdöbling).[3]
Der Literaturwissenschaftler Claudio Magris sieht in Saar den hervorragenden Chronisten des zerfallenden alten Österreich:
„Die Welt Saars ist eine Welt der besiegten und einsamen, vom Leben geschlagenen Menschen [...] Angesichts der unvermeidlichen Niederlage haben Saars Personen einen einzigen Ausweg, das beharrliche, soldatische Schweigen des Mannes, der mit würdiger Festigkeit aus dem Leben zu gehen weiß. Saar ist der Dichter des erhabensten und männlichsten Tons des habsburgischen Mythos.“
– Claudio Magris: Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur. Otto Müller Verlag, Salzburg 1966, S. 192ff.
Michael Boehringer (Hrsg.): Ferdinand von Saar. Richtungen der Forschung / Directions in Research. Gedenkschrift zum 100. Todestag. Praesens, Wien 2006, ISBN 3-7069-0329-6.
Kasim Egit: Ferdinand von Saar. Thematik und Erzählstrukturen seiner Novellen. Agora, Berlin 1981, ISBN 3-87008-098-1.
Oda Hanisch: Die Turgenev-Rezeption im Prosaschaffen Ferdinand von Saars. Dissertation. Pädagogische Hochschule Magdeburg, Magdeburg 1987.
Klaus Heydemann: Umgang mit Dichtern. Zu Ferdinand von Saars Gedichten „Kontraste“, „Grillparzer“ und „Das Grab in Weidling“. In: Eugeniusz Tomiczek (Hrsg.): Vita pro litteris. Festschrift für Anna Stroka. Wydawnictwo Naukowe PWN, Warszawa (u. a.) 1993, ISBN 83-01-11258-1, S. 141–156.
Werner Hoffmann: Ferdinand von Saars „Tambi“ als Kontrafaktur von Franz Grillparzers Novelle „Der arme Spielmann“. In: Hartmut Laufhütte (Hrsg.): Literaturgeschichte als Profession. Festschrift für Dietrich Jöns. Mannheimer Beiträge zur Sprach- und Literaturwissenschaft, Band 24, ZDB-ID 579685-4. Narr, Tübingen 1993, ISBN 3-8233-5024-2, S. 248–270.
Heinz Kindermann (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Ferdinand von Saar und Marie von Ebner-Eschenbach. Jahresgabe der Wiener Bibliophilen-Gesellschaft, Band 1957, ZDB-ID 562582-8. Wiener Bibliophilen-Gesellschaft, Wien 1957.
Herbert Klauser: Ein Poet aus Österreich. Ferdinand von Saar. Leben und Werk. Zweite erweiterte Auflage. Literas, Wien 1995, ISBN 3-85429-098-5.
Herbert Kraft: Vom uneigentlichen Leben : Der Schriftsteller Ferdinand von Saar, Würzburg : Königshausen u. Neumann, 2024, ISBN 978-3-8260-8959-6
Hadwig Kretzschmar: Ferdinand von Saar. Eine Zusammenstellung der seit seinem Tode erschienenen Ausgaben seiner Schriften und der Literatur über ihn und sein Werk. Bibliographische Hefte, Band 4, ZDB-ID 536358-5. Greven, Köln 1965.
Marianne Lukas: Ferdinand von Saar. Leben und Werk. Kleine Humboldt-Bibliothek, Band 204, ZDB-ID 2293051-6. Humboldt, Wien 1947.
Nikolaus Nowak: Ferdinand von Saar, Hymen, kritisch herausgegeben und gedeutet von Nikolaus Nowak. (= Ferdinand von Saar, kritische Texte und Deutungen, Band 8). Niemeyer, Tübingen 1997, ISBN 3-484-10765-0 (Dissertation Universität Bonn 1996, 260 Seiten).
Karl Konrad Polheim (Hrsg.): Ferdinand von Saar. Ein Wegbereiter der literarischen Moderne. Festschrift zum 150. Geburtstag, mit den Vorträgen der Bonner Matinee und des Londoner Symposions sowie weiteren Beiträgen. Bouvier, Bonn 1985, ISBN 3-416-01857-5.
Anne Socher: „Du bist mir verfallen mit Leib und Seele!“ Darstellungen des Betrugs und der gescheiterten Liebe in Ferdinand von Saars Novellen „Die Geigerin“, „Das Haus Reichegg“ und „Ginevra“.[Anm. 3] Lehrerbildungszentrum (LBZ) der Ludwig-Maximilians-Universität München, München 2007
Marcoen Sprenger: Ferdinand von Saar – das Haus Reichegg: eine textkritische Analyse, Nijmegen, 1997, OCLC254273392 (Dissertation Universität Nijmegen 1996, 108 Seiten).
Giselheid Wagner: Harmoniezwang und Verstörung. Voyeurismus, Weiblichkeit und Stadt bei Ferdinand von Saar (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Band 109), ZDB-ID 579006-2. Niemeyer, Tübingen 2005, ISBN 3-484-35109-8 (Dissertation Universität Bayreuth 2004, 347 Seiten).
Martin Wenske: Ferdinand von Saars „Wiener Elegien“. Perspektiven zu einem Verständnis (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur, Band 1457, ZDB-ID 510543-2). Peter Lang, Frankfurt (u. a.) 1994, ISBN 3-631-47347-8.
Barbara Wróblewska: Bedrohte Ordnungen und bedrohliche Ordnungen in den Novellen von Ferdinand von Saar. In: Colloquia Germanica Stetinensia 23, 2014, S. 11–32.[1]
Briefe an Arthur Schnitzler: Arthur Schnitzler – Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren. Hg. Martin Anton Müller, Gerd-Hermann Susen, Laura Untner online
↑Saar. In: Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon. Band 8: Saackhen, Wailckhl v. Saackhen – Steinhauer zu Bulgarn. Voigt, Leipzig 1868, S. 4. – Text online.
↑Unter anderem aufgeführt im k.k. Hoftburgheater aus Anlass der Feier von Saars 70. Geburtstag. – Siehe: Ferdinand v. Saar. In: Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (Hrsg.): Neuer Theater-Almanach. Theatergeschichtliches Jahr- und Adressenbuch. Band 18.1907. Günther, Berlin 1907, S. 180. – Text online.
↑Die Notizen in diesem Lemma geben einen ungefähren Überblick über die zahlreichen Sammelbände, welche v. Saars Erzählungen und Novellen enthalten.
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