Mie wurde am 29. September 1868 als Sohn eines Kaufmanns in Rostock geboren.
Von 1886 an studierte er an der Universität Rostock Mathematik und Physik.[1] Neben diesen Fächern hörte er Vorlesungen in Chemie, Zoologie, Geologie, Mineralogie, Astronomie sowie Logik und Metaphysik. 1888/1889 setzte er sein Studium an der Universität Heidelberg fort. Zum Sommersemester 1889 kehrte er wieder nach Rostock zurück.[2] Er promovierte 1891 in Heidelberg im Fach Mathematik mit der Schrift Zum Fundamentalsatz über die Existenz von Integralen partieller Differentialgleichungen.[3]
In Freiburg während der NS-Diktatur war Mie Mitglied der universitären Opposition der so genannten „Freiburger Kreise“ und einer der Teilnehmer des ursprünglichen „Freiburger Konzils“.
Wissenschaftliches Wirken
In Mies Greifswalder Jahre fällt seine Arbeit zur Berechnung der Streuung einer elektromagnetischen Welle an einer homogenen dielektrischen Kugel, die er 1908 unter dem Titel Beiträge zur Optik trüber Medien, speziell kolloidaler Metallösungen in den Annalen der Physik publizierte. Mit der sogenannten Mie-Streuung ist noch heute sein Name verbunden. Bereits 1903 führte er zur Beschreibung der Anziehungs- und Abstoßungskräfte chemisch nicht gebundener Atome das Mie-Potential[5] ein, von dem das sehr viel bekanntere Lennard-Jones-Potential ein Spezialfall ist.
In den Jahren 1912/13 erarbeitete Mie seine Theorie der Materie, in der er aus einer so genannten Weltfunktion, die auch die Feldgrößen enthält, mit Hilfe des Lagrange-Formalismus u. a. die Maxwellsche Elektrodynamik herleitete. Sein Ziel war es, die Weltfunktion so aufzustellen, dass auch die Materie selbst als Lösung der Variationsgleichungen selbst berechnet werden konnte. Ebenso versuchte er, die Gravitation mit einzubeziehen und war so ein Konkurrent Einsteins und Hilberts, beim Streben nach einer erweiterten Gravitationstheorie. Dieser Ansatz war später Vorbild für Arbeiten von David Hilbert, Max Born und Leopold Infeld.
Zum Fundamentalsatz über die Existenz von Integralen partieller Differentialgleichungen. Teubner, Dresden 1892 (Dissertation, Universität Heidelberg, 3. August 1891).
Entwurf einer allgemeinen Theorie der Energieübertragung. In: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse, Abteilung 2a, Oktober 1898, S. 1113–1182 (Habilitationsschrift, TH Karlsruhe, 1898; Digitalisat).
Lehrbuch der Elektrizität und des Magnetismus: Eine Experimentalphysik des Weltäthers für Physiker, Chemiker und Elektrotechniker. Enke, Stuttgart 1910; 3., umgearbeitete Auflage 1948.
Die Grundlagen der Mechanik. Enke, Stuttgart 1950.
Literatur
Lüder Gerken: Walter Eucken und sein Werk. Mohr Siebeck, Tübingen 2000.
Niels Goldschmidt: Die Entstehung der Freiburger Kreise. In: Historisch-Politische Mitteilungen. Bd. 4 (1997), S. 1–17.
Wolfram Hergert: Gustav Mie und Albert Einstein, Diskussionen zur Entwicklung der Allgemeinen Relativitätstheorie. In: Scientia Halensis. Bd. 13 (2005), H. 3, S. 13 f.
Eckhard John, Bernd Martin, Marc Mück, Hugo Ott (Hrsg.): Die Freiburger Universität in der Zeit des Nationalsozialismus. Freiburg 1991.
Helmut Spehl: Mie, Gustav Adolf Feodor Wilhelm Ludwig, Physiker. In Bernd Ottnad (Hrsg.): Badische Biographien. Neue Folge, Band III. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1990, S. 186–190.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 169.