Das jamaikanische Kreolisch, auch bekannt als Patois oder Patwa(h), ist eine auf Jamaika verbreitete Kreolsprache mit englischen Wurzeln. Sie wird außerdem auf anderen Karibik-Inseln, Belize, Costa Rica, Panama und Guatemala sowie von Immigranten in den Vereinigten Staaten und vielen anderen Ländern gesprochen. Andere Bezeichnungen sind „Bongo Talk“, „Southwestern Caribbean“, „Creole English“, „Afro-Jam“ oder „Quashie Talk“.
Das Jamaika-Kreolische bildet die Grundlage für viele Ausdrücke des in den Vereinigten Staaten und auch Europa verbreiteten Hip-Hop-Slangs, was darauf zurückzuführen ist, dass das Rappen in der Hip-Hop-Musik seinen Ursprung im jamaikanischen Deejaying hat.
Der Wegfall der Endung der englischen Progressivform
I’m going.
Mi a go.
Verben können einfach mit „nicht“ verneint werden
I don’t go („Ich gehe nicht“)
Mi nuh go („Ich gehe nicht“)
Bei Personalpronomen wird nicht zwischen Subjekt und Objekt unterschieden
I have got nothing, but you shoot me down.
Mi nuh ’ave nuttn, but yuh a shoot mi dung.
Das ‚-s‘ am Ende von Verben in der dritten PersonSingular(he, she, it) fällt oft weg
As a man sows, shall he reap.
As a man sow, him fi reap.
Außerdem ist die Sprache stark mit dem Sprossvokala durchsetzt:
englisch to observe, jamaikanisch fi abserve, deutsch „beobachten“
englisch way, jamaikanisch weya, deutsch „Weg“
Die Verwendung solcher Sprossvokale ist ziemlich frei, sie können eingefügt werden oder auch nicht. Teilweise bilden sie auch die Fuge zwischen Wörtern im Satz, als sogenannte Diskurspartikel:
englisch They go home, jamaikanisch Dem a go ’ome, deutsch „Sie gehen nach Hause“
Phonologie
Englisch
Patois
Das stimmhafte ‚th‘ wird durch ein ‚d‘ ersetzt und das stimmlose ‚th‘ wird wie ‚t‘ ausgesprochen
I think they see us.
Mi tink dem see we
Optionale Auslassung des H-Lautes am Anfang eines Wortes
Have you seen the helicopter?
’ yu did a see di ’elicopter?
Optionale Ergänzung eines H-Lautes vor einem Wort, das mit einem Vokal beginnt
almighty.
halmighty.
Das typisch englische æ wird als „gerades“ ɑː ausgesprochen
Besonders charakteristisch für den Patois sind die palatalen Verschlusslaute ky (cy) /k‿j/ [c] und gy /g‿j/ [ɟ], die zwar aus dem Englischen stammen, ihren phonologischen Status im Patois allerdings wohl afrikanischen Einflüssen verdanken.
Beispiele
Jamaika-Kreolisch
Englisch
Deutsch
a
are, have
sein, haben
bokkle
bottle
Flasche
bud
bird
Vogel
bomboclaat, bomboclaath
wörtlich: ass cloth / toilet paper
Toilettenpapier, als Kraftausdruck gleichzusetzen mit: Das ist für den Arsch, Arsch abwischen, Scheiße
bloodclaat
wörtlich: blood cloth / sanitary napkin
Monatsbinde, als Kraftausdruck beschreibt es einen Konflikt, Meinungsverschiedenheit oder auch Lästern
claat, clawt
cloth
ein Stück Stoff (verwendet in derben Ausdrücken)
duppy
Ghost
Geist
eeh!
yes!
Ja!
eh-eh
no!
Nein!
fi
to
(um) zu
gwaan
going on, go on
(weiter-)gehen, (ab-)laufen (je nach Zusammenhang) z. B.: Wha gwaan? (Was geht?)
Jah, auch Jah Jah
God
Gott
nah, nuh
don’t
nicht tun, tu nicht!
nutten
nothing
nichts, niemand
pon
on
auf
Jamaika-Kreolisch
engl. Erklärung
Deutsch
mi waan’ bruck out fi som’ roots reggae tonight.
waan: to want to, fi: to
Heute Nacht will ich zu „Roots Reggae“ abgehen.
mi mek mi move my foot fi som’ reggae!
mek: to make, fi: to
Ich möchte meine Füße zu Reggae bewegen. (fordernder als Letzteres)
nah woman, nuh cry!
nah: no, nuh, auch: don’t
Nein, Frau, weine nicht!
Musik
Die meisten jamaikanischen Reggae-Künstler singen in Jamaika-Kreolisch. Der Wegbereiter war Bob Marley. In seinem Song „Them Belly Full“ (1975) zitierte er zwei Sprichwörter: „Rien a faal bot di doti tof“ (Der Regen fällt, aber die Erde ist hart) und „Pat a bwail bot di fuud no nof“ (Der Topf kocht, aber das Essen reicht nicht). Seither verbreitete sich der Gebrauch des Kreolischen unter den jamaikanischen Musikern.[1]
Auch viele nichtjamaikanische Reggae- und Dancehall-Musiker sowie Drum-and-Bass-MCs benutzen inzwischen in ihren Texten ein an das Patois angelehntes Englisch. Beispiele sind Gentleman (Deutscher) oder Snow (Kanadier).
Literatur
Richard Allsopp: A Dictionary of Caribbean English Usage. Oxford University Press, Oxford 1996, ISBN 0-19-866152-5.