Karl Caspar kam als fünftes und jüngstes Kind des aus Breslau stammenden, am Amtsgericht Netra angestellten Gerichtssekretärs Wilhelm Ernst Maximilian und dessen Ehefrau, der aus Kassel stammenden Anna Katharina Ida, geborene Gruber, zur Welt. Namensgeber war neben seinem Vater sein Patenonkel mütterlicherseits, der Bildhauer und Architekt Karl Christian Gruber (1856–1934). Seine Geschwister waren der spätere Kasseler Augenarzt Johannes Heinrich Kurt (1876–?), Julius Walter (1878–1881) sowie die Zwillingsschwestern Klara Melida Emilie (1879–1881) und Erna Emilie Marie (1879–1944).
In Johannisthal kam er in Kontakt zu der sich eben entwickelnden Fliegerei, nahm bei Paul Lange Flugstunden und erhielt am 27. März 1911 den Flugzeugführerschein Nr. 77.
Kurz darauf verunglückte Caspar bei einem Absturz nahe Magdeburg. Wieder genesen, nahm er an der Herbstflugwoche von 1911 teil und absolvierte erfolgreich einen fünfstündigen Dauerflug, für den er 1334 ℳ erhielt. Kurz darauf eröffnete Caspar in Wandsbek eine als Centrale für Aviatik bezeichnete Flugschule. Als Ausbilder stellte er seinen ehemaligen Fluglehrer Paul Lange ein. Bereits am 1. November 1911 wurde der Betrieb in Hanseatische Flugzeugwerke Karl Caspar umbenannt und begann neben der fliegerischen Ausbildung auch mit dem Lizenzbau von Tauben der Gothaer Waggonfabrik.
Caspar nahm weiterhin an Flugveranstaltungen teil. Am 19. Juni 1912 konnte er mit 3.240 m einen nationalen Höhenrekord aufstellen und beim Nordmarkenflug gewann er den mit 2400 ℳ dotierten Höhenpreis. Weitere Preisgelder erhielt er im Jahr 1912 beim Großen Preis von Kiel (920,41 ℳ), beim Flug um Berlin (8.614 ℳ) und bei der Krupp-Flugwoche (14.546 ℳ). Während eines nachfolgenden Schwedenaufenthalts Caspars wurde die Halle seines Werks am 9. August 1912 durch einen Brand zerstört. Drei in ihr befindliche Tauben, eine davon noch im Bau, wurden ebenfalls ein Opfer der Flammen. Der Schaden belief sich auf 65.473 ℳ. Bei Flugwettbewerben war er aber weiterhin erfolgreich. Beim Ostpreußischen Rundflug im August 1913 belegte er den dritten Platz in der Gesamtflugzeit und bei dem von der Nationalflugspende für den Zeitraum vom 15. September bis zum 31. Oktober 1913 ausgerufenen Fernflugwettbewerb legte er in 24 h eine Strecke von 1381 km zurück, wofür ihm volle 50.000 ℳ zugesprochen wurden.[6][7]
Erster Weltkrieg
Die durch Feuer verursachte Zerstörung der Wandsbeker Halle nutzte Caspar als Gelegenheit, seinen Betrieb nach Fuhlsbüttel zu verlagern, wo er 1914 zusätzlich die Hanseatische Flugschule eröffnete, bei der unter anderem Friedrich Christiansen am 27. März 1914 seine Fluglizenz erwarb. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Caspar als Leutnant der Reserve zur Feldflieger-Abteilung 9 einberufen. Dort flog er am 25. Oktober 1914 in einer Gotha-Taube zusammen mit seinem Beobachter Oberleutnant Werner Roos über den Ärmelkanal und warf bei Dover eine 10-kg-Bombe ab, die erste, die im Krieg auf Großbritannien fiel, was ihm einige mediale Aufmerksamkeit einbrachte.[8]
Während seiner Dienstzeit verkaufte Caspar im Dezember 1914 die Hanseatischen Flugzeugwerke an den österreichisch-italienischen FinanzierCamillo Castiglioni mit der Auflage zum Recht auf Rückkauf, falls er bis zum Januar 1917 das Militär verlassen haben sollte. Der Betrieb wurde im September 1915 mit anderen Firmen Castiglionis zur Hansa- und Brandenburgische Flugzeugwerke AG zusammengefasst.[9] 1917 machte Caspar von seinem Rückkaufrecht Gebrauch, erwarb sein ehemaliges Werk in Fuhlsbüttel zurück und wiedereröffnete es mit einem Kapital von 1,5 Millionen ℳ. Als Betriebsleiter fungierte Walther Lissauer. Dort wurden im weiteren Verlauf des Krieges Jagdaufklärer vom Typ Albatros C.III und später G.III-Bomber in Lizenz gebaut und die Caspar-Flugschule betrieben.
Weimarer Republik
Im September 1918 erwarb Caspar vom Niederländer Anthony Fokker dessen Flugzeugwerft auf dem Priwall in Travemünde, musste allerdings nach Kriegsende die Produktion von Flugzeugen aufgeben, da die Entente den Bau von Luftfahrzeugen im Deutschen Reich untersagt hatte, und sich auf die Produktion von anderen Erzeugnissen wie Grammophonkästen beschränken. Caspar schloss deshalb 1919 sein Werk in Fuhlsbüttel und trat die Räumlichkeiten bis zum 9. April 1920 für 1.550.000 ℳ an den Hamburger Senat ab. Gleichzeitig wurde die Travemünder Werft in Caspar-Werke GmbH umbenannt. Als Technischer Direktor wurde Friedrich Christiansen eingesetzt, der um 1920/1921 Ernst Heinkel als Konstrukteur anwarb, der auch als Direktor gearbeitet haben soll, was Heinkel allerdings später bestritt. Unter strengster Geheimhaltung und Umgehung des Flugzeugbauverbots entstanden anschließend im Auftrag der USA und Japans die beiden U-Boot-Bordflugzeuge U 1 und U 2 sowie für Schweden der Seeaufklärer S I.
Für Caspar überraschend verließ Heinkel im Oktober 1922 den Travemünder Betrieb und machte sich mit seinem eigenen Unternehmen in Warnemünde selbstständig. Beim Weggang warb er eine Reihe von Caspars Mitarbeitern ab, darunter den Konstrukteur Karl Schwärzler. Dies beeinträchtigte Caspars Beziehungen zu Heinkel nachhaltig und veranlasste ihn zu einer Klage gegen diesen wegen Diebstahls von Konstruktionsplänen, die Heinkel allerdings für sich entscheiden konnte.[11] Caspars neuer Chefkonstrukteur wurde Ernst von Loessl, dem 1925 Karl Theiss, dann Reinhold Mewes und im Sommer 1927 Hans Hermann folgten.[12] Obwohl das Unternehmen in den folgenden Jahren 28 verschiedene Typen entwickelte, war Karl Caspar als Unternehmer kein größerer Erfolg mehr beschieden. Im April 1928 mussten die Caspar-Werke Travemünde schließen und wurden von der Erprobungsstelle See übernommen. Danach trat Karl Caspar als Flugzeugbauunternehmer nicht mehr in Erscheinung und lebte bis zu seinem Tod in Sindlingen.
Nach seinem Tod wurde Caspar auf Betreiben der Traditionsgemeinschaft „Alte Adler“ in Hamburg, seiner ersten Wirkungsstätte als Flugzeugbauer, auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt.
Literatur
Bodo Dirschauer: Lübecker Luftfahrtgeschichte. Der Flugzeugbau auf dem Priwall und in Lübeck von 1914 bis 1934. Steintor, Lübeck 1995, ISBN 3-9801506-1-5, S.61ff.
Wolfgang Wagner: Der deutsche Luftverkehr. Die Pionierjahre 1919–1925. In: Die deutsche Luftfahrt. Bernard & Graefe, Koblenz 1987, ISBN 3-7637-5274-9, S.145ff.
↑Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934, S. 71.
↑Kaiserliche Schutztruppen. Schutztruppe für Südwestafrika. A. K. O. vom 20. März 1906. In: Kolonial-Abteilung des Auswärtigen Amts. (Hrsg.): Deutsches Kolonialblatt. 17. Jahrgang, Nr.7. Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Berlin 1. April 1906, Personalien, S.184–189, hier S. 187 (Volltext in der Google-Buchsuche [abgerufen am 15. August 2018]).
↑Richard Weber: Hessen und die Luftfahrt. In: Hessenland. Hessisches Heimatblatt; Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks-und Heimatkunde, Literatur und Kunst. 26. Jahrgang, Nr.1. Friedr. Scheel, Kassel Januar 1912, S.8 (ORKA – Open Repository Kassel [PDF; 45,8MB; abgerufen am 15. August 2018]).
↑Werner Schwipps: Schwerer als Luft. Die Frühzeit der Flugtechnik in Deutschland (= Die deutsche Luftfahrt, Band 8). Bernard & Graefe, Koblenz 1984, ISBN 3-7637-5280-3, S. 236.
↑Karl-Dieter Seifert: Mit Sammelgroschen zur Luftfahrt. Die National-Flugspende 1912–1914. Nora, Berlin 2014, ISBN 978-3-86557-351-3, S. 127/128.
↑Jörg Mückler: Deutsche Bomber im Ersten Weltkrieg. Motorbuch, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-613-03952-0, S.16.
↑Volker Koos: Ernst Heinkel. Vom Doppeldecker zum Strahltriebwerk. Delius Klasing, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-7688-1906-0, S.26.