Klaus Doldinger wuchs als Sohn des Diplom-Ingenieurs Erich Doldinger und dessen Ehefrau Ingeborg, geb. Mann, zunächst in Berlin auf. Sein Großvater Bruno Mann war von 1919 bis 1933 Oberbürgermeister von Erfurt. Während des Krieges arbeitete sein Vater als Oberpostdirektor in den besetzten Teilen der Sowjetunion, und die Familie lebte 1940 bis 1945 in Wien. Danach flüchtete sie zunächst nach Bayern und dann nach Düsseldorf.
Von 1947 bis zum Abitur 1957 besuchte Doldinger das Jacobi-Gymnasium in Düsseldorf (früher "Gymnasium an der Rethel-Strasse", ab 1960 nach Neubau an der Graf-Recke-Strasse "Rethel-Gymnasium"[1]) und ebenfalls ab 1947 mit einem Stipendium das Robert-Schumann-Konservatorium in Düsseldorf, wo er zunächst Klavier und ab 1952 Klarinette studierte. Während dieser Zeit sammelte er erste Erfahrungen in der Musikbranche mit der 1952 von Freunden gegründeten Band The Feetwarmers, einer Dixieformation, mit der er 1953 erstmals auftrat und 1955 auch seine erste Plattenaufnahme machte. Zeitweise spielten bei den Feetwarmers auch der Kabarettist Dieter Süverkrüp (Banjo) und der spätere Minister Manfred Lahnstein (Posaune). 1955 gründete Doldinger zudem seine eigene Band Oscar’s Trio, deren Namen er in Anlehnung an sein großes Vorbild Oscar Peterson gewählt hatte. Mit dieser Gruppe gewann er den ersten Preis beim Jazzfestival Brüssel, den Coup Sidney Bechet.
Mitglieder in diesem Quartett waren Doldinger (Tenorsaxophon), Ingfried Hoffmann (Hammond-Orgel), Helmut Kandlberger (Bass) und Klaus Weiss (Schlagzeug). Als weitere LP mit dieser Besetzung wurde 1963 Doldinger live at Blue Note Berlin aufgenommen und 1964 veröffentlicht.[Anmerkung 1] 1964 unternahmen sie eine erste große Auslandstournee im Auftrag des Goethe-Instituts u. a. nach Marokko, ein Aufenthalt, der sein Interesse für afrikanische Musik weckte. Es folgten internationale Auftritte beim Festival in Antibes und im Blue Note in Paris.
1965 stiegen Klaus Weiss und Helmut Kandlberger aus. An ihre Stellen traten der niederländische Schlagzeuger Cees See und der Bassist Peter Trunk. Verstärkt durch den Gitarristen Attila Zoller, nahm das Quartett die LP Doldinger in Südamerika auf. Doldinger ist auf mehreren Stücken auch auf dem Sopransaxophon zu hören, und Hoffmann spielt nur auf zwei der zehn Tracks Hammond-Orgel. 1966 wirkte Doldinger an den Aufnahmen zur Filmmusik des Will-Tremper-Films Playgirl mit. Unter der Leitung von Peter Thomas sind auf dem auf einer Philips-LP veröffentlichten Soundtrack auch Ingfried Hoffmann (Hammond-Orgel), Peter Trunk (Bass) und Rafi Lüderitz (Schlagzeug) zu hören. 1967 nahm Doldinger die LP Doldinger Goes On auf. Das Quartett aus Doldinger, Hoffmann, Trunk und See wurde mit drei weiteren Musikern zum Septett erweitert: Helmut Kandlberger spielte zusätzlich E-Bass, Volker Kriegel zupfte die Gitarre, und der Belgier Fats Sadi bediente die Percussion.
1968 entstand die LP Blues Happening; die erste Seite ist dem Postbop gewidmet. Neben Doldinger, der Tenor- und Sopransaxophon spielte, wirkten Hoffmann (Piano), Kandlberger (Bass) und See (Schlagzeug) mit. Die zweite Seite ist als Suite in fünf Sätzen konzipiert, die Anleihen sowohl beim gemäßigten Free Jazz als auch bei der Rockmusik macht. Als Gastmusiker wirkten (im ersten Satz) eine nicht näher spezifizierte Bläsergruppe mit sowie Kurt Bong (Schlagzeug), (im fünften Satz) Joe Quick (Gitarre), Lothar Meid (E-Bass) und Wolfgang Paap (Schlagzeug); Hoffmann spielte die Hammond B3.
Die Doppel-LP Doldinger – The Ambassador von 1969 besteht zu einer Hälfte aus Studioaufnahmen, zur anderen Hälfte aus einem Live-Mitschnitt im Münchner domicile. Die Musik ist geprägt von spanischen und maurischen Einflüssen. Das Stück Sahara, ein „Amalgam“ aus afrikanischer Musik und gemäßigtem Free Jazz von der Live-Platte, das schon in dem Stück Blues Happening angeklungen war, hinterließ damals bei vielen Doldinger-Fans den größten Eindruck. Doldinger hat es später mit Passport auf den CDs Talk Back (1988), Passport Live (2000) und Passport To Morocco (2006) gecovert.
Motherhood und Passport
Noch im selben Jahr wandte sich Doldinger dem Rock-Jazz respektive der Fusion Music zu. Seine erste Band mit dieser Musik hieß Motherhood. 1969 und 1970 spielte diese Band zwei LPs ein: I Feel so Free und Doldinger’s Motherhood, beide für das Label Liberty.
1971 gründete er dann die Band Passport mit Udo Lindenberg am Schlagzeug, mit der er im Jahr darauf das erste von 28 Alben bei Atlantic Records (als erste deutsche Band bei diesem Label) veröffentlichte. Schon mit dem Album Cross-Collateral von 1975 hatte Passport auch in den USA großen Erfolg, wo die Gruppe als deutsche Antwort auf Weather Report galt.
In den folgenden Jahrzehnten war Doldinger einerseits als Komponist sehr produktiv, verfolgte aber die Karriere mit Passport weiterhin intensiv.
Im Jahr 2000 trat Klaus Doldinger mit seiner Formation erneut bei mehreren Festivals (u. a. im Rahmen der Kulturarena) auf. 2001 überraschte er die Jazz-Szene mit dem Projekt RMX. In den Folgejahren spielte Doldinger weltweit (Brasilien, USA, Asien etc.) mit wechselnder Bandbesetzung live oder schrieb Film- und Werbemusiken. 2005 absolvierten Klaus Doldinger und Passport eine Tour durch Marokko, nahmen dabei einheimische Musiker wie den Gnawa Musiker Majid Bekkas mit auf die Bühne und die dabei entstandene Fusion aus marokkanischer Gnawa-Musik und Doldingers Jazzvariationen konnte man auf der im Folgejahr veröffentlichten CD „Passport to Morocco“ hören.
Im Mai 2006 feierte Doldinger seinen 70. Geburtstag; zu diesem Anlass wurde eine kostenlose Mini-CD Happy Birthday Klaus aufgelegt, die er bei seinen Auftritten an Fans und Autogrammjäger verteilte. Die CD The Best of Doldinger zeigt anlässlich seines 70. Geburtstages eine Retrospektive der Jahre 1963 bis 1978. Im Frühjahr 2006 beging Doldinger das 35. Bühnenjubiläum von Passport und präsentierte dabei mit Wolfgang Schmid am E-Bass einen Virtuosen der frühen Passport-Tage auf der Bühne. Die Musiker der aktuellen Passport-Besetzung sind Martin Scales (Gitarre), Michael Hornek (Keyboards), Patrick Scales (E-Bass), Ernst Ströer (Percussion), Biboul Darouiche (Percussion), Christian Lettner (Schlagzeug).
Filmmusik
Seit 1964 erhielt Klaus Doldinger immer wieder Kompositionsaufträge aus Industrie, Medien- und Werbebranche, Theater, Film und Fernsehen. 1967 erschien seine erste Musik für das Fernsehen – der Trailer zur Einführung des Farbfernsehens. Mit Negresco lieferte er 1968 seinen ersten Soundtrack ab. 1970 schrieb er die Titelmelodie zur Krimiserie Tatort und vertonte in den Folgejahren auch eine Reihe von Tatort-Folgen. Seine Filmmusik zu Das Boot (1981) machte ihn weltweit bekannt. Aus demselben Jahr stammte seine Titelmelodie zu Ein Fall für zwei. Danach komponierte er die Musik zum Fantasyfilm Die unendliche Geschichte und zur Anwaltserie Liebling Kreuzberg. Er veröffentlichte mehr als 50 Tonträger, schrieb rund 2.000 Stücke und stand über 4.200 Mal auf Bühnen in rund 50 Ländern.
Sonstiges
Klaus Doldinger heiratete 1960 Inge Beck und hat mit ihr drei Kinder: Viola, Melanie und Nicolas Doldinger. Er lebt seit 1968 in Icking bei München. Doldinger hat seit 1978 ein eigenes Studio (Soundport Studios) bei München.
Doldinger ist musikalisch sehr vielfältig tätig, in den 1960er Jahren veröffentlichte er auch Tanz- und Rock-Musik unter dem Pseudonym Paul Nero. Anfang der 1970er Jahre komponierte Doldinger die Werbemusik für Pril.[3]
Seit einigen Jahren ist Klaus Doldinger Schirmherr der Düsseldorfer Jazz-Rally, bei der er immer wieder mit Passport auftritt.
Im ARD-Tatort Wacht am Rhein hat Klaus Doldinger einen Cameoauftritt. Er tritt dort Saxophon spielend für rund 16 Sekunden als Straßenmusiker auf.
In der Serie Abenteuer Airport hat Klaus Doldinger im Jahr 1990 verschiedene Cameoauftritte in Folge 12 und 13. In Folge 13 wird er als Saxophonist in einer Kneipenszene vorgestellt. Im Abspann wird er als Schauspieler genannt.[4] Die Serie spielt am Flughafen Düsseldorf. Doldinger hatte enge Verbindungen in die Düsseldorfer Jazz-Szene.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 2: C – F. John Paddy Carstairs – Peter Fitz. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 413.
(zusammen mit Nicolas Doldinger und Torsten Groß): Made in Germany – Mein Leben für die Musik. Autobiografie, Piper, München 2022. ISBN 978-3-492-07124-6.
Filmporträt
alpha-Forum. Klaus Doldinger im Gespräch mit Ursula Heller. Gespräch, Deutschland, 2002, 45 Min., Produktion: BR-alpha, Reihe: alpha-Forum, Jazz made in Germany, Erstsendung: 15. April 2002 bei BR-alpha, Gesprächstext vom BR.