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Lothar Pickenhain

Lothar Pickenhain (* 29. Dezember 1920 in Leipzig;[1]2007 oder 2008)[2] war ein deutscher Neurowissenschaftler.

Leben

An der Friedrich-Schiller-Universität Jena wurde 1946 Pickenhains Doktorarbeit (Titel: Der Begriff des Charakters und seine Anwendung in der Psychiatrie) angenommen.[3] Er war als Wissenschaftler in Jena, Berlin, Magdeburg und Leipzig tätig. 1960 war Pickenhain Mitgründer der Internationalen Organisation für Hirnforschung, IBRO.[1] 1962 wurde unter Pickenhains Leitung an der Universitätsnervenklinik Leipzig eine Abteilung für Klinische Neurophysiologie eingerichtet.[4] Er übersetzte die Werke des russischen Mediziners Iwan Petrowitsch Pawlow, befasste sich mit dem Bereich der höheren Nerventätigkeit,[5] das Thema seiner 1966 in Leipzig fertiggestellten Habilitation lautete Komplexe elektrophysiologische und Verhaltensuntersuchungen während der Ausarbeitung bedingter Reflexe bei der Ratte.[6] Er behandelte ebenfalls sportwissenschaftlich-medizinische Fragestellungen die körperliche Leistungsfähigkeit,[7] Bewegungsphysiologie[8] sowie die Belastungsverträglichkeit[9] betreffend.

1969 war Pickenhain Mitgründer des Forschungsinstituts für Körperkultur und Sport (FKS), das in der DDR der Geheimhaltung unterlag.[10] Pickenhain musste per Entpflichtung aus dem Dienst scheiden, da er laut der Zeitschrift Der Spiegel als „politisch unzuverlässig galt“.[10] Pickenhains Sohn hatte versucht, aus der DDR zu fliehen und war festgenommen worden.[11]

Im Februar 1990 machte Pickenhain öffentlich, dass in einem endokrinologischen Labor am FKS Dopingforschung betrieben wurde, die Entwicklung derartiger Mittel aber nicht die Hauptaufgabe des Labors gewesen sei, sondern es sich dabei um Nebenerkenntnisse der wissenschaftlichen Arbeit gehandelt habe.[11] Er sagte laut Der Spiegel, am FKS sei mit „verbrecherischen Methoden“ (…) „an der Manipulation von Menschen“ gearbeitet worden.[12] Gegenüber der vom Bundestag eingesetzten Enquetekommission „zur Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ berichtete Pickenhain von der Vernichtung von Doping-Unterlagen. Diese Vorgänge fielen laut Pickenhain in den Verantwortungsbereich von ehemaligen Parteifunktionären und Professoren.[13]

Einzelnachweise

  1. a b Pickenhain, Lothar. In: Lexikon der Neurowissenschaft. Abgerufen am 29. November 2022.
  2. Verstorbene Kammermitglieder, 16.6.2007 – 2.6.2008. (PDF) In: Ärzteblatt Sachsen 7/2008. Abgerufen am 29. November 2022.
  3. Der Begriff des Charakters und seine Anwendung in der Psychiatrie. In: Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek. 1946, abgerufen am 29. November 2022.
  4. Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung, Die Geschichte des Institutes. In: Medizinische Fakultät der Universität Leipzig. Abgerufen am 29. November 2022.
  5. Grundriß der Physiologie der höheren Nerventätigkeit. In: Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek. 1959, abgerufen am 29. November 2022.
  6. Komplexe elektrophysiologische und Verhaltensuntersuchungen während der Ausarbeitung bedingter Reflexe bei der Ratte. In: Universitätsbibliothek Leipzig. 1966, abgerufen am 29. November 2022.
  7. Barth, B. , Hartmann, J. , Kipke, L. , Pickenhain, L.: Probleme und Darstellung weitgehend spezifischer Belastungsstests für die Sportarten Freier Ringkampf und Fechten zur Einschätzung der speziellen und individuellen Ausdauerleistungsfähigkeit. In: Theorie und Praxis des Leistungssports. 1969, abgerufen am 29. November 2022.
  8. Nikolaj A. Bernštejn: Bewegungsphysiologie. Hrsg.: Pickenhain, Lothar; Schnabel, Günter (= Deutsche Hochschule für Körperkultur, Sportmedizinische Schriftenreihe der Deutschen Hochschule für Körperkultur und des Forschungsinstituts für Körperkultur und Sport, 9). Barth, 1975 (uni-leipzig.de [abgerufen am 29. November 2022]).
  9. L. Pickenhain: Methodologische Probleme beim Einsatz psychologischer Methoden zur Steigerung der Belastungsverträglichkeit. In: Theorie und Praxis des Leistungssports. 1974, abgerufen am 29. November 2022.
  10. a b »Mit erbarmungsloser Härte«. In: Der Spiegel 11/1992. 8. März 1992, abgerufen am 29. November 2022.
  11. a b Die Züchtung der Helden. (PDF) In: Hamburger Abendblatt. 15. Februar 1990, abgerufen am 29. November 2022.
  12. »Es werden Wunder geschehen«. In: Der Spiegel 11/1992. 6. Oktober 1991, abgerufen am 29. November 2022.
  13. Im Schatten der Stasi. In: Focus. 1993, abgerufen am 29. November 2022.
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