Open Science (auch Open Research oder Open Scholarship, selten dt. Offene Wissenschaft) ist ein Oberbegriff für verschiedene Ansätze einer offenen Wissenschaftspraxis, bei der möglichst alle Schritte des Forschungsprozesses wie Forschungsdaten, Software, Publikationen und Lehrmaterialien frei zugänglich sind, und zwar unter Bedingungen, die die Wiederverwendung, Weiterverbreitung und Vervielfältigung von Forschung und den ihr zugrundeliegenden Daten und Methoden ermöglicht. Mit der Öffnung der Wissenschaft werden verschiedene Zielstellungen verfolgt, darunter bessere Sichtbarkeit und Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit der Forschung, mehr Diversität und Inklusion in der Wissenschaft, bessere Qualitätssicherung sowie eine verbesserte Nachnutzbarkeit.[2][3] Der Begriff „Science“ – wörtlich sind damit ursprünglich nur die Naturwissenschaften gemeint – wird hier vielfach mit Wissenschaft allgemein gleichgesetzt, bezieht also auch die Geistes- und Sozialwissenschaften mit ein.
Einen wichtigen Meilenstein in der Definition stellt die UNESCO Recommendation on Open Science von 2021 dar.[4] Sie definiert Open Science als „[...] eine Reihe von Grundsätzen und Praktiken, die darauf abzielen, wissenschaftliche Forschung aus allen Bereichen zum Nutzen von Wissenschaftlern und der Gesellschaft insgesamt für jedermann zugänglich zu machen. Bei Open Science geht es nicht nur darum, sicherzustellen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zugänglich sind, sondern auch darum, dass die Produktion dieser Erkenntnisse selbst integrativ, gerecht und nachhaltig ist.“[5]
Dazu zählen zum einen produktorientierte Ansätze, die (Zwischen-)Ergebnisse möglichst offen zugänglich machen, etwa Open Access, Open Data oder Reproducible Research. Zum anderen steht die Öffnung des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses und der wissenschaftlichen Kommunikation im Fokus, z. B. im Rahmen von Open Methodology oder Open Peer Review.
Zur Öffnung der Wissenschaftspraxis zählt auch die Teilhabe der Gesellschaft z. B. durch die Bürgerbeteiligung bzw. Citizen Science.[6] Die Idee dahinter ist es, Möglichkeiten zu eröffnen, sich an wissenschaftlichen Projekten zu beteiligen und mitzuwirken. Offene Wissenschaft in diesem weiten Sinne wird insbesondere im Kontext von Citizen-Science-Projekten und partizipativer Forschung praktiziert.[7]
Open Science umfasst verschiedene Ebenen des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, seinen Erzeugnissen und seiner Rahmenbedingungen, die gemeinhin wie folgt ausdifferenziert werden:
Open Peer Review: Transparente Begutachtung wissenschaftlicher Publikationen
Open Access: Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen ohne finanzielle, rechtliche oder technische Schranken
Infrastruktur und Rahmenbedingungen
Open Science Hardware[8] (auch: Open Instrumentation[9]): Ingenieurwissenschaftliche Erzeugnisse sowie naturwissenschaftliche Versuchsgeräte und -aufbauten
Jüngere Diskussionen werfen auch die Fragen von Open Applications, d. h. der vollständigen Transparenz bei der Beantragung von und Bewerbung um Forschungsförderung, auf. Mittels DOI sollen die so öffentlich zugänglichen Anträge von anderen Forschenden aufgegriffen werden können und zeitgleich beispielsweise den ursprünglichen Schöpfern eines bestimmten Versuchsdesigns durch Zitation die gewünschten Meriten gewähren.[11]
Ziele der Offenen Wissenschaft
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Hier nur eine Begriffsprägung einer Einzelperson zu nennen, die noch dazu vorrangig nur Wissenschaftskommunikation im Blick hatte, ist keine adäquate Darstellung der Geschichte von Open Science. Diese beginnt viel früher, mit dem Teilen von Daten und Publikationen
In den 1990er Jahren wurde der Begriff der ‚Öffentlichen Wissenschaft‘ neu und entscheidend für den deutschen Sprachraum von der Soziologin und KulturwissenschaftlerinCaroline Y. Robertson-von Trotha geprägt. In den Eröffnungsreden der Karlsruher Gespräche von 1997 und 1998 entwarf sie einen Begriff der ‚Öffentlichen Wissenschaft‘ als Synonym einer interdisziplinären und dialogbasierten Wissenschaftskommunikation.[16][17][18] In der Folge bettete sie das Konzept in den historisch-soziologischen Kontext ein[19][20] und führte im Jahr 2012 eine erste von mehreren Analysen „im Spiegel der Web 2.0-Kultur“[21] durch.[22] Zugleich etablierte sie als Gründungsdirektorin des Zentrums für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale (ZAK) in Karlsruhe ihre Konzeption der ‚Öffentlichen Wissenschaft in Theorie und Praxis‘ auch institutionell: Neben der Forschung und der Lehre bildet diese eine der drei gleichberechtigten Säulen, auf denen das Zentrum basiert.[23][24] 2012 startete ein Experiment einer ersten offenen Doktorarbeit. Die Arbeit und alle damit verbundenen Daten waren während des gesamten Erstellungsprozesses direkt und unmittelbar für jeden, jederzeit frei zugänglich im Internet unter einer offenen und freien Lizenz (CC-BY-SA) einsehbar. Ende 2017 wurde das Experiment erfolgreich beendet und Anfang 2018 Open Access als Buch veröffentlicht[25]. Das zentrale Anliegen der Öffentlichen Wissenschaft, Forschung offen, transparent und zugänglich zu machen, entwickelt sich seither zunehmend zu einem integralen Bestandteil von Forschung und Lehre.[26]
Christian Heise und Joshua M. Pearce: From Open Access to Open Science: The Path From Scientific Reality to Open Scientific Communication. SAGE Open, 2020. doi:10.1177/2158244020915900.
Till Kreutzer und Henning Lahmann: Rechtsfragen bei Open Science. Ein Leitfaden. 2. überarbeitete und erweiterte Ausgabe, Hamburg University Press, Hamburg 2021, ISBN 978-3-943423-89-1. doi:10.15460/HUP.211
Caroline Y. Robertson-von Trotha und Jesús Muñoz Morcillo (Hrsg.): Öffentliche Wissenschaft und Neue Medien. Die Rolle der Web 2.0-Kultur in der Wissenschaftsvermittlung. KIT Scientific Publishing, Karlsruhe 2012
Oliver Tacke: „Open Science 2.0: How Research and Education can benefit from Open Innovation and Web 2.0.“ In: Theo J. Bastiaens, Ulrike Baumöl, Bernd J. Krämer (Hrsg.): On Collective Intelligence. Berlin, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-14480-6, S. 37–48.
Michael Nielsen: Reinventing Discovery: The New Era of Networked Science. Princeton, N. J. 2011, ISBN 978-0-691-14890-8.
Sönke Bartling & Sascha Friesike: Opening Science – The Evolving Guide on How the Internet is Changing Research, Collaboration and Scholarly Publishing. Springer Open 2014, ISBN 978-3-319-00026-8
Andreas E. Neuhold: Open Science: Potentiale eines neuen Wissenschaftansatzes. Books on Demand 2016, ISBN 978-3-7412-2610-6
↑UNESCO: About Open Science. Abgerufen am 6. Oktober 2023 (englisch): „[...] a set of principles and practices that aim to make scientific research from all fields accessible to everyone for the benefits of scientists and society as a whole. Open science is about making sure not only that scientific knowledge is accessible but also that the production of that knowledge itself is inclusive, equitable and sustainable.“
↑Markus Antonius Wirtz: Open science im Dorsch Lexikon der Psychologie. 2019 (hogrefe.com [abgerufen am 17. Januar 2021]).
↑Maximilian Voigt: Open Hardware and Scientific Autonomy in Germany: How Transfer Activities Can Become More Attractive. 2023, doi:10.34669/WI.CP/4.9 (ssoar.info [abgerufen am 12. April 2023]).
↑Julian Stirling: Open instrumentation, like open data, is key to reproducible science. Yet, without incentives it won’t thrive. In: Philosophical Transactions of the Royal Society A: Mathematical, Physical and Engineering Sciences. Band382, Nr.2274, 3. Juni 2024, ISSN1364-503X, doi:10.1098/rsta.2023.0215 (royalsocietypublishing.org [abgerufen am 4. Juni 2024]).
↑Helmholtz-Gemeinschaft: Helmholtz Open Science Policy. Version 1.0. In der 119. Mitgliederversammlung der Helmholtz-Gemeinschaft am 20.-21. September 2022 beschlossen. 2022, S.9 pages, 345 KB, doi:10.48440/OS.HELMHOLTZ.055 (gfz-potsdam.de [abgerufen am 26. Oktober 2022]).
↑Serge P. J. M. Horbach, Joeri K. Tijdink, Lex Bouter: Research funders should be more transparent: a plea for open applications. In: Royal Society Open Science. Band9, Nr.10, Oktober 2022, ISSN2054-5703, S.220750, doi:10.1098/rsos.220750, PMID 36312565, PMC 9554511 (freier Volltext) – (royalsocietypublishing.org [abgerufen am 15. März 2023]).
↑Michael A. Peters: Open Science, Philosophy and Peer Review. In: Educational Philosophy and Theory. Band46, Nr.3, 23. Februar 2014, ISSN0013-1857, S.215–219, doi:10.1080/00131857.2013.781296.
↑ abMarkus Antonius Wirtz: Open science im Dorsch Lexikon der Psychologie. 2019 (hogrefe.com [abgerufen am 17. Januar 2021]).
↑Robertson-Wensauer, C. Y. (1999): Einleitung. Wozu ‚Angewandte Kulturwissenschaft‘ an einer technischen Hochschule? In: dies. (Hrsg.). Interfakultatives Institut für Angewandte Kulturwissenschaft. Universität Karlsruhe (TH). 1989‐1999 Zehn Jahre interdisziplinäre Institutsarbeit. Karlsruhe, S. 19–23.
↑Interfakultatives Institut für Angewandte Kulturwissenschaft der Universität Karlsruhe (TH) [= IAK] (1998): Öffentliche Wissenschaft. In: iak newsletter, Jg. 1, Heft 1, S. 3–4.
↑Robertson-von Trotha, C. Y. (2007): ‚Öffentliche Wissenschaft‘ – ein notwendiger Dialog. In: Klaus, J./Vogt, H. (Hrsg.): Wissensmanagement und wissenschaftliche Weiterbildung. Dokumentation der Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium an der Universität Karlsruhe (TH). Hamburg, S. 7–20.
↑Vergara Gomez, Silke (2011): Erfolgsfaktoren von Weiterbildungsstudiengängen: eine empirische Analyse. Kasseler Management Forum Band 6. Kassel, S. 31–32.
↑Robertson-von Trotha, C. Y. (2012): Öffentliche Wissenschaft im Spiegel der Web 2.0-Kultur. In: dies./Jesús Muñoz Morcillo (Hrsg.): Öffentliche Wissenschaft und Neue Medien. Die Rolle der Web 2.0-Kultur in der Wissenschaftsvermittlung. Karlsruhe, S. 19–35.
↑Robertson-von Trotha, C. Y. (zusammen mit Jesús Muñoz Morcillo) (2014): Öffentliche Wissenschaft in Sonderforschungsbereichen: Inside Science. Erweiterter Abschlussbericht des DFG-Pilotprojekts SFB 588 TP Ö. Berichtszeitraum vom 1. Juni 2010 bis 30. Dezember 2013. In: EVA STAR, Karlsruher Institut für Technologie.
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↑Rümmele, Klaus (2002): Schwer auf ZAK. In: UNIKATH, 33. Jahrgang, Heft 4, S. 40–41.
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↑Open Science nimmt den Stress aus der Doktorandenbetreuung. Schriftliches Interview des ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft mit der Psychologieprofessorin Susann Fiedler, abgerufen am 4. Juni 2021.
↑White House requires immediate public access to all U.S.-funded research papers by 2025. 26. August 2022, doi:10.1126/science.ade6076 (science.org [abgerufen am 26. Oktober 2022]).
↑Felix Schönbrodt, Anna Baumert, Andreas Glöckner, Mitja Back, Ruben Arslan: Netzwerk der Open-Science-Initiativen (NOSI). 27. September 2022, doi:10.17605/OSF.IO/TBKZH (osf.io [abgerufen am 26. Oktober 2022]).
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↑Open Science. In: European Commission. Abgerufen am 26. Oktober 2022 (englisch).