Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen nach dem Deutschen Krieg 1866 wurde die Provinz Hannover gebildet. Nach dem Vorbild der anderen Provinzen wurde am 22. August 1867 auch für diese Provinz ein Provinziallandtag eingerichtet.[1]
Die 81 Abgeordneten wurden in drei Kurien gewählt:
Stand der größeren Grundbesitzer (31 Abgeordnete, davon 25 gewählte)
Stand der Städte (25 Abgeordnete)
Stand der Landgemeinden (25 Abgeordnete)
Im Stande der größeren Grundbesitzer hatten folgende sechs Adlige Virilstimmen:
die übrigen zur Städtekurie der Ostfriesischen Landschaft gehörigen Städte zusammen: 1 Abgeordneten,
Landgemeinden (25 Abgeordnete)
Bezirk der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft: 4 Abgeordnete,
Fürstentum Lüneburg: 4 Abgeordnete,
Herzogtümer Bremen-Verden: 4 Abgeordnete,
Land Hadeln: 1 Abgeordneter;
Grafschaften Hoya-Diepholz: 2 Abgeordnete;
Fürstentum Osnabrück: 2 Abgeordnete;
Herzogtum Arenberg-Meppen: 1 Abgeordneter;
Niedergrafschaft Lingen und Grafschaft Bentheim: 1 Abgeordneter;
Fürstentum Hildesheim: 3 Abgeordnete;
Fürstentum Ostfriesland: 3 Abgeordnete.
Die Standesherren konnten sich durch Agnaten ihres Hauses vertreten lassen. Die Abgeordneten der Städte wurden von dem Magistrate und den sämmtlichen Bürgervorstehern, die der Landgemeinden durch die Kreistage gewählt. Es wurden jeweils Stellvertreter gewählt. Der Landtag tagte in der Regel jährlich. Er verfügte nicht über ein Selbstversammlungsrecht, sondern wurde vom König einberufen, vertagt und aufgelöst. Der Landtagsmarschall (Landtagspräsident) wurde von König aus der Mitte der Abgeordneten bestimmt.
Die Provinzialordnung von 1884
Mit der Provinzialordnung von 1884 wurde die Wahl der Abgeordneten deutlich verändert und die Kompetenzen des Landtags erweitert. Nun bestand der Provinziallandtag aus Abgeordneten der Land- und Stadtkreise der Provinz. Jeder Kreis wählte mindestens einen Abgeordneten. Kreise mit mehr als 30.000 Einwohnern wählten zwei Abgeordnete, ab 80.000 Einwohnern waren dies drei. Bei größeren Kreisen kam für jede volle Zahl von weiteren 50.000 Einwohnern ein weiterer Abgeordneter hinzu. Die Abgeordneten der Landkreise wurden von den Kreistagen gewählt. Die Abgeordneten mussten weiterhin ein Mindestalter von 30 Jahren haben. Die Wahldauer betrug 6 Jahre. Der Provinziallandtag konnte beschließen, kleine Landkreise zu Wahlbezirken zusammenzuschließen. Die Wahl erfolgte durch die Kreistage. Es wurden keine Stellvertreter gewählt, stattdessen kam es zu Ergänzungswahlen. Der Vorsitzende des Provinziallandtages wurde nun von diesem selbst gewählt.[2]
Der Provinziallandtag hatte nun ein Budgetrecht bezüglich des Haushaltes der Provinz. Der Provinzialverband hatte ebenfalls zusätzliche Aufgaben erhalten.
Weimarer Republik
Nach der Novemberrevolution vom 9. November 1918 wurden in Preußen 1919 für die Parlamente und kommunalen Volksvertretungen allgemeine und gleiche Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht durchgeführt und erstmals auch das Frauenwahlrecht bewilligt. Hierbei wurden allerdings die Provinziallandtage nicht neu gewählt. Das Gesetz betreffend die Neuwahl der Provinziallandtage vom 16. Juli 1919[3] regelte, dass die Provinziallandtage aufgelöst und durch die (nun demokratisch gewählten) Kreistage bis zum 1. September 1919 neu gewählt werden sollten. Mit Art. 74 der Verfassung des Freistaats Preußen vom 30. November 1920[4] wurde die Wahl der Provinziallandtage durch das Volk festgeschrieben. Diese Verfassungsbestimmung wurde mit dem Gesetz betreffend die Wahlen zu den Provinziallandtagen und zu den Kreistagen vom 3. Dezember 1920[5] umgesetzt. Nun wurden die Abgeordneten auf vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Die Zahl der Abgeordneten hing von der Einwohnerzahl ab. Für die erste und zweite Million Einwohner wurde je ein Abgeordneter für 25 000 Einwohnern gewählt. Für die dritte Million Einwohner wurde je ein Abgeordneter für je 35 000 Einwohnern und in der vierten Million Einwohner ein Abgeordneter je 50 000 Einwohnern gewählt. Die Provinz Hannover lag zwischen 3 und 4 Millionen Einwohner. Die Verteilung der Mandate erfolgte zunächst auf Ebene der Regierungsbezirke.[6] Mit dem Wahlgesetz für die Provinziallandtage und Kreistage vom 7. Oktober 1925[7] wurden kleinere Wahlrechtsänderungen eingeführt.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bedeutete auch das Ende des Provinziallandtags. Mit dem Gesetz über die Übertragung von Zuständigkeiten der Provinzial- (Kommunal-) Landtage, … auf die Provinzial- (Landes-) Ausschüsse, … vom 17. Juli 1933[8] verlor der Provinziallandtag seine Aufgaben, mit dem Gesetz über die Erweiterung der Befugnisse des Oberpräsidenten (Oberpräsidentengesetz) vom 15. Dezember 1933[9] wurde geregelt: „Die Provinziallandtag, Provinzialausschüsse und Provinzialkommissionen werden aufgelöst. Eine Neubildung findet nicht statt.“
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Provinz Hannover im neuen Land Niedersachsen auf. Entsprechend wurde der Provinziallandtag nicht neu gebildet. Nachfolger wurde stattdessen der Ernannte Landtag bzw. danach der Niedersächsische Landtag.
↑Joachim Lilla: Der Preußische Staatsrat 1921–1933. Ein biographisches Handbuch. Mit einer Dokumentation der im „Dritten Reich“ berufenen Staatsräte (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 13). Droste, Düsseldorf 2005, ISBN 3-7700-5271-4, S. 275.