Newman wurde in eine musikalische Familie geboren; seine drei Onkel Alfred Newman, Emil Newman und Lionel Newman waren erfolgreiche Komponisten von Filmmusik – davon Alfred Newman der bekannteste. Auch sein Vater, der Mediziner Irving Newman, war hobbymäßiger Songwriter. Randy Newman ist außerdem ein Cousin von Thomas Newman und David Newman.[1]
Newman wuchs in New Orleans (Louisiana) – seine Mutter kam von dort – und Los Angeles auf und begann bereits mit 17 Jahren, als Songwriter zu arbeiten. Nach seinem Musikstudium bekam er einen Job als professioneller Songwriter bei „Metric Music“. Nach ein paar Hits unter anderem für Gene Pitney, Manfred Mann und Jerry Butler bekam er 1967 einen eigenen Künstlervertrag bei Reprise Records. Die erste Platte namens Randy Newman verkaufte sich jedoch so schlecht, dass die Plattenfirma sie schließlich verschenkte. Auch das Folgealbum 12 Songs floppte. Ein Grund für den anfänglichen Misserfolg und dafür, dass meist andere Interpreten viel größere Erfolge mit Newman-Songs hatten als der Komponist, dürfte in der näselnden Stimme des Songwriters zu suchen sein. Harry Nilsson nahm 1970 ein ganzes Album mit Newman-Kompositionen auf.
Erst mit den folgenden Alben konnte sich Randy Newman als Künstler etablieren. Die Platten Sail Away (1972) und Good Old Boys (1974) wurden von den Kritikern einhellig gelobt, waren insbesondere unter Studenten populär und verkauften sich recht gut. Fast im Sinne eines Konzeptalbums (und als ein solches war die LP zunächst auch geplant) singt Newman auf Good Old Boys Lieder, die verschiedene Seiten des amerikanischen Traums kritisch beleuchten und sich insbesondere gegen die „Rednecks“ genannten konservativ-reaktionären Bewohner der Südstaaten wenden. Gemeinsam mit dem 1977 erschienenen Little Criminals, das Newmans ersten eigenen Single-Hit Short People enthielt, markieren Sail Away und Good Old Boys nach Ansicht vieler Kritiker den Höhepunkt von Newmans Schaffenskraft.
“Short people got no reason / to live. / They got little hands / and little eyes / and they walk around / tellin’ great big lies […] Well, I don’t want no short people / round here.”
Der erfolgreiche Song brachte Newman 1977 zunächst Beleidigungsklagen von Behindertenorganisationen und Proteste kleinwüchsiger Menschen ein. Im US-Bundesstaat Maryland wurde das Lied sogar gerichtlich verboten. Die Leute verstanden vielfach nicht, dass Newman in diesem für ihn typischen „Character-Song“ bewusst ironisch in die Rolle eines Menschen mit einem offensichtlich lächerlichen und völlig überzeichnet dargestellten Vorurteil schlüpfte, und verwechselten den Künstler mit der von ihm geschaffenen Kunstfigur.
Newman setzt sich in seinen Texten mitunter intensiv mit historischen Themen auseinander, so zum Beispiel in In Germany Before the War (1977) mit dem Fall des Serienmörders Peter Kürten oder in The Great Nations of Europe (1999) mit der europäischen Expansion im 16. Jahrhundert, die auf geistreiche Weise auf gegenwärtige Tendenzen in der US-amerikanischen Außenpolitik bezogen wird. Fast prophetisch wirkt schließlich die Satire Political Science von 1972, die den Narzissmus mancher Amerikaner, die sich von der übrigen Welt nicht genügend wertgeschätzt fühlen und daher umso aggressiver auftreten, karikiert – damals auf den Vietnamkrieg bezogen, hat der Text wenig an Aktualität eingebüßt:
“No one likes us/ I don’t know why/ We may not be perfect/ But heaven knows we try/ All around even our old friends put us down/ Let’s drop the Big One/ and see what happens/ We give them money/ But are they grateful?/ No, they’re spiteful/ and they’re hateful/ They don’t respect us/ So let’s surprise them/ We’ll drop the Big One/ And pulverize them”
– Randy Newman: Political Science
Das von Newman Mitte der 1970er Jahre geschriebene Louisiana 1927 beschreibt die große Flut in Mississippi, Arkansas und Louisiana und beklagt, wie die Bevölkerung in den 1920er Jahren erst von der blindwütenden Natur geschlagen wird und dann von einer hartherzigen Regierung, der das Leid der Menschen egal ist: “Louisiana, Louisiana, they’re tryin’ to wash us away!”. Nach dem Hurrikan Katrina wurde Louisiana 1927 die inoffizielle und emotionale Hymne des Staates Louisiana.[3] Newman trat im Jahr 2005 bei einem Post-Katrina Benefit auf und nahm das Lied erneut, unterstützt durch das Louisiana Philharmonic Orchestra, für ein Album zu Gunsten der Katrina-Opfer auf. Mehrere Künstler, darunter Aaron Neville, Bo Dollis & the Wild Magnolia, Willie Nelson, Martin Simpson und Howard Tate haben das Lied in eigenen Versionen interpretiert.
Newman war aufgrund seiner sarkastisch-satirischen Texte früh ein Liebling der Intellektuellen. Viel zu kurz gegriffen wäre allerdings, ihn als Satiriker oder Komiker zu beschreiben, da er auch sehr anrührende, ernste Texte verfasst hat. Musikalisch ist Newman einerseits von Blues, Rock und Ragtime beeinflusst, andererseits versieht er seine Songs oft mit ausgefeilten klassischen Orchesterarrangements. Dabei steht die gefällige und oft eingängige Musik häufig im Kontrast zu den oftmals bissigen oder hintergründigen Texten. Seine Vielseitigkeit als Songwriter und Arrangeur wird vielleicht am besten auf dem Album Little Criminals deutlich.
Musikalisch ist Randy Newman deutlich von der Hollywood-Filmmusik beeinflusst, wie besonders die Arrangements auf seinen Platten aus den 1970er Jahren zeigen. Im Konzert tritt er allerdings fast ausschließlich solo am Klavier auf, wodurch zwar die Texte prägnanter hervortreten, sich das Publikum jedoch die nicht selten opulenten Arrangements der Studioalben hinzudenken muss. Im Studio wurde Newman von prominenten Musikern wie Ry Cooder, Mitgliedern der Eagles, Paul Simon, George Harrison, Elton John, James Taylor, Mark Knopfler, Jeff Lynne oder Van Dyke Parks begleitet. Zwischen den Plattenveröffentlichungen machte Newman seit den 1980er Jahren immer längere Pausen, arbeitete allerdings immer wieder für Film-Soundtracks. 1995 entstand zudem das Musical Faust; während das zugehörige Studioalbum Newman in gewohnter Form zeigte, wurde die Bühnenproduktion von Kritikern und Publikum sehr verhalten aufgenommen. Randy Newman wurde im Jahr 1999 für den von Peter Gabriel gesungenen Song That’ll Do aus dem Film Babe: Pig in the City für den Oscar nominiert. Randy Newman wurde für That’ll Do außerdem ebenfalls 1999 für den Golden Satellite Award nominiert. Die Spezialeffekte wurden außerdem 1999 für den BAFTA Award nominiert.[Anm. 1] Das bislang letzte reguläre Studioalbum mit durchgängig neuem Material entstand 1999. Das 2008 erschienene Harps & Angels enthielt neben neuen Songs (die aber teils bereits seit Längerem als Bootlegs kursierten) auch ältere in neuen Aufnahmen (so etwa Feels Like Home).
Neun Jahre nach seinem letzten Album kam Newman im Sommer 2017 mit Dark Matter und neun neuen Songs heraus. Für die US-amerikanische Musik-Plattform Pitchfork erläuterte der Musik-Satiriker sämtliche Tracks.[4]
Früh begannen andere Künstler, die Lieder von Randy Newman aufzunehmen und mit ihren Versionen Erfolge zu feiern. 1967 kam Alan Price mit Simon Smith and the Amazing Dancing Bear in die englische Hitparade. Die Gruppe Three Dog Night hatte früh einen Hit mit seinem ironischen Anti-Drogen-Lied Mama Told Me Not to Come. Zahlreiche Künstler coverten den Song I Think It’s Going to Rain Today, wie beispielsweise Melanie, Tom Odell oder Katie Melua. Harry Nilsson nahm in den 1970er Jahren erfolgreich ein ganzes Album mit Newman-Songs auf: Harry Nilsson Sings Randy Newman. In den 1980er Jahren machte Joe Cocker den Newman-Song You Can Leave Your Hat On, der zuvor bereits von Etta James 1976 aufgenommen worden war, zum Welthit, während Nina Simone das Lied Baltimore in ihr Repertoire aufnahm. Auch Feels Like Home von 1995 wurde wiederholt gecovert.
Greil Marcus: Randy Newman – Alle Menschen sind frei. In: ders.: Mystery Train. Der Traum von Amerika in Liedern der Rockmusik. Deutsch von Niko Hansen. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1981, ISBN 3-499-17249-6, S. 118–141.
Heinz Rudolf Kunze: Randy Newman: „Ihr Nachbar schreibt Lieder über Sie!“. In: Siegfried Schmidt-Joos (Hrsg.): Idole 2. Verlag Ullstein, 1984, ISBN 3-548-36503-5. Der gleichnamige Text erschien auch als Hörspielreihe im NDR mit Heinz Rudolf Kunze als Sprecher.
David und Caroline Stafford: Maybe I’m Doing It Wrong – The Life And Music Of Randy Newman. Biografie, Omnibus Press, London 2016, ISBN 978-1-4683-1380-2. New Release. Omnibus Press (abgerufen am 12. Oktober 2018).