In der Antike zählte Sidon zu den wichtigsten Städten Phöniziens.
Während der Rebellion der phönikischen Städte gegen Salmanassar V. (726–722 v. Chr.) stellte sich Sidon auf die Seite der Assyrer.
Sidon rebellierte jedoch gegen Sanherib, der die Rebellion 701 niederschlug. König Luli floh nach Zypern, wo er starb, und Sanherib setzte Ethba'al zu seinem Nachfolger ein.
Sidon wurde um 677 nach der Rebellion von Ebed-Milkat von den Assyrern zerstört und die Bewohner deportiert. Abdi-Milkutti von Sidon wurde auf Befehl von Assurhaddon enthauptet, seinen Kopf hängte man einem sidonischen Würdenträger um den Hals, der damit auf dem Marktplatz von Niniveh herummarschieren musste, begleitet von Sängern und Harfenspielern.[1] Sidon wurde Teil einer assyrischen Provinz und teilweise mit Deportierten besiedelt. Der südliche Teil des Territoriums von Sidon fiel an Tyros. Assurhaddon ließ unweit des zerstörten Sidon eine neue Stadt, Kur-Assurhaddon, errichten. Die Könige von Arwad, Byblos und Tyros mussten sich am Bau beteiligen.
Nach dem Ende des assyrischen Reiches wurde das Gebiet kurzfristig von den Ägyptern erobert, Pharao Necho II. hinterließ eine Stele in Sidon. Unter Nebukadnezar II. wurde die Stadt Sidon wieder aufgebaut.
Der Niedergang von Tyros nach 572 bedingte den Aufstieg von Sidon. In den Rationenlisten aus der Zeit Nebukadnezars (10.–35. Jahr) tauchen Handwerker und Adelige aus Tyros, Byblos und Arwad auf, aber keine aus Sidon. Die Stadt war also anscheinend von Deportationen verschont geblieben. Die Stadt wurde zum wichtigsten Handelszentrum der Achämeniden am Mittelmeer.
1855 wurde der Sarkophag des Königs Ešmun-ezer II. entdeckt. Nach einer phönizischen Inschrift zählt er offenbar zu den „Königen von Sidon“ (eventuell aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.); seine Mutter war Priesterin der Astarte, der „Göttin von Sidon“. In dieser Inschrift werden die Götter Ešmun und Baʿal als Hauptgottheiten Sidons bezeichnet. Astarte wird Aštart-šem-Baʿal („Astarte ist der Name Gottes“) genannt, ein Titel, der ebenso in einem ugaritischen Text erscheint.
In der Königsnekropole wurden insgesamt vier Sarkophage des 4. Jahrhunderts gefunden.[2]
Sidon unterhielt im 4. Jahrhundert v. Chr. „unter König Straton I. (ca. 370–358) rege Beziehungen zu Athen. König Tabnit (griechisch Tennes; ca. 354–350) musste einen Aufstand gegen Artaxerxes III. mit der Zerstörung der ganzen Stadt büßen.“[3]
Zum Aufstand gegen die Perser hatten Tyros und Arados den Sidoniern Hilfe zugesagt, dann aber den Ausgang der Empörung abgewartet und nach Sidons Fall die Vorherrschaft in der Region übernommen.
So begrüßten die Sidonier 332 v. Chr. Alexander den Großen: „Die Sidonier eilten, sich dem Sieger der verhassten Persermacht zu ergeben; Alexander nahm auf ihre ehrenvolle Einladung die Stadt in Besitz, gab ihr ihr früheres Gebiet und ihre frühere Verfassung wieder, indem er dem Abdalonymos, einem in Armut lebenden Nachkommen der sidonischen Könige, die Herrschaft übertrug.“[4] Während der Belagerung von Tyros diente Sidon Alexander als Sammelstelle für die sich nach der Schlacht bei Issos von der persischen Flotte lösenden phönizischen Schiffskontingente und die verbündete zyprische Flotte.
Von den Römern unter Kaiser Vespasian wurde die Stadt ausgebaut und mit einer Stadtmauer und damals moderner Infrastruktur (öffentliche Brunnen u. a.) versehen. Die oströmische Zeit dauerte bis zur Schlacht am Jarmuk 636 n. Chr. Danach wurde Sidon infolge der islamischen Expansion von den Arabern erobert.
1187 wurde die Stadt von Truppen des Ayyubiden-SultansSaladin besetzt, 1197 vom Deutschen Kreuzzug zurückerobert. Während des sechsten Kreuzzuges unter Ludwig IX. dem Heiligen wurde Sidon im Herbst 1249 erneut von den Ayyubiden eingenommen, aber im Mai 1250 wieder an die Christen zurückerstattet. Im April 1253 überfiel an-Nasir Yusuf die nur gering befestigte Stadt und tötete fast 2000 Einwohner. Ludwig IX. ließ darauf die Stadtbefestigungen vollständig wieder aufbauen, einschließlich der Zitadelle am Südrand der Altstadt. Als letzter Graf von Sidon übereignete Julian Garnier die Stadt 1260 dem Templerorden. Im gleichen Jahr wurde sie von den Mongolen unter Kitbukha geplündert. Als nach dem Fall Akkons das Heer der Mamluken vor Sidon erschien, öffnete man ihm kampflos die Tore. Kurz nach der Übergabe kam es zu einem Aufstand der fränkischen Ritter, welche sich nun in der Seefestung am Hafen, nördlich der Altstadt, verschanzten. Nachdem sie sich am 14. Juli 1291 hatte ergeben müssen, wurde die Stadt vollständig zerstört, um ein erneutes Eindringen von Invasoren über das Meer zukünftig zu erschweren.[6]
Neuzeit
Im Jahr 1900 zählte die Stadt 10.000 Einwohner, im Jahre 2000 war die Bevölkerung auf 200.000 angewachsen. 1948 flohen Palästinenser aus ihrer Heimat oder wurden vertrieben. Einige ließen sich in den palästinensischenFlüchtlingslagernAin al-Halweh und Mieh Mieh nieder. Heute leben dort etwa 70.000 Flüchtlinge, deren Vorfahren 1948 aus den nordpalästinensischen Städten Amqa, Saffourieh, Shaab, Taitaba, Manshieh, Al-Simireh, Al-Nahr, Al-Sofsaf, Hitten, Ras al-Ahmar, Al-Tiereh und Tarshiha stammen.[7]
Mit der Auswanderung der Juden aus Sidon ab Beginn des libanesischen Bürgerkrieges wurde auch die Synagoge in der Altstadt, eine der ältesten der Welt, aufgegeben und verfiel. 1982 griff Israel in den Bürgerkrieg ein, entfesselte den Libanonkrieg und eroberte auch Sidon. Die Stadt wurde schwer beschädigt.[8] Die israelischen Streitkräfte hielten Sidon 32 Monate lang besetzt, sie zogen erst im Februar 1985 ab.[9]
Im September 2024, nach heftigen Bombenangriffen der israelischen Luftwaffe auf Ziele im Südlibanon, kam es zu einer neuerlichen Flüchtlingswelle. Die Stadt Sidon musste Notquartiere in Schulen bereitstellen.[10]
Ahab war mit Isebel, einer Sidonierin, verheiratet, die die Propheten des Baʾal und der Aschera förderte (1 Kön 16,31 EU).
Sidon war berühmt für seine Handwerker, Künstler und Handelsleute (1 Kön 5,6 EU; 1 Chr 22,4 EU; Jes 23,2-4 EU, 12; Jer 25,22 EU, 27,3 EU, 47,4 EU; Hes 27,8 EU, 28,21-22 EU, 32,30 EU; Joel 3,4 EU).
Jesus besuchte die „Ufer“ von Tyros und Sidon (Mt 15,21 EU; Mk 7,24 EU; Lk 4,26 EU) und von diesem Gebiet kamen viele, um ihn zu hören (Mk 3,8 EU; Lk 6,17 EU).
Von Sidon stach Paulus zu seiner letzten Reise nach Rom in See (Apg 27,3-4 EU).
Tiberius Iulius Abdes Pantera (um 22 v. Chr.–um 40), Bogenschütze der römischen Auxiliartruppen, dessen Grabmal in Deutschland im 19. Jahrhundert gefunden wurde.
Euthymios Saifi (1643–1723), griechisch-katholischer Bischof von Sidon und Tyros
Weiters Eumaios, Figur der griechischen Mythologie, Sauhirte und Freund des Odysseus, in unterschiedlichen Kontexten mit Sidon verbunden.
Neuzeit
Fayza Ahmed (1934–1983), ägyptische Sängerin und Schauspielerin
Rafiq al-Hariri (1944–2005), Unternehmer, Selfmade-Millionär und Politiker
Roger Saïdah: Sidon et la Phénicie méridionale au Bronze récent. À propos des tombes de Dakerman, Presses de l’Ifpo, Beirut 2004.
Antoine Poidebard, Jean Lauffray: Sidon. Aménagements antiques du port de Saida. Étude aérienne, au sol et sou-marine 1946–1950. Imprimerie Catholique, Beirut 1951.
↑Riekele Borger: Die Inschriften Asarhaddons, Königs von Assyrien (= Archiv für Orientforschung. Beiheft. 9, ISSN1015-3403). Weidner, Graz 1956, 50 A iii.
↑Robert Fleischer: Griechische Kunst in Iran vor der Partherzeit. In: Wilfried Seipel (Hrsg.): 7000 Jahre persische Kunst. Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran: Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Iranischen Nationalmuseums in Teheran. Kunsthistorisches Museum, Wien 2001, S. 220–226, hier: S. 221.
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Antoine Poidebard, Jean Lauffray: Sidon. Aménagements antiques du port de Saida. Etude aerienne, au sol et sou-marine 1946–1950. Imprimerie Catholique, Beirut 1951, zitiert bei: W. R.: Sidon. In: dtv-Lexikon der Antike. 4: Geschichte. Band 3: N–Z (= dtv. 3081). Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1971, ISBN 3-423-03081-X, S. 198.
↑Johann Gustav Droysen: Geschichte Alexanders des Großen. Vollständige Ausgabe. Mit einer Einführung von Fritz Taeger. Droemersche Verlagsanstalt, München 1955, S. 189.
↑Peter Plank: Kirchen-Kolonialismus. Das Aufeinandertreffen von Ost- und Westkirche während der Kreuzzüge. In: Helga Kaiser (Red.): Die Kreuzzüge (= Welt und Umwelt der Bibel. Bd. 8, Nr. 3 = Nr. 29). Katholisches Bibelwerk – Edition Welt und Umwelt der Bibel, Stuttgart 2003, ISBN 3-932203-43-7, S. 30–35, hier S. 30.
↑Albrecht Fuess: Verbranntes Ufer. Auswirkungen mamlukischer Seepolitik auf Beirut und die syro-palästinensische Küste (1250–1517) (= Islamic History and Civilization. 39). Brill, Leiden u. a. 2001, ISBN 90-04-12108-0, S. 130, (Zugleich: Köln, Universität, Dissertation, 2000).