Besonders ausgeprägte hochalemannische Dialekte sind der Montafoner, der Lustenauer und der Bregenzerwälder Dialekt. Es bestehen zahlreiche regionale Unterdialekte im Dialektkontinuum, speziell im „Wälderischen“ (Bregenzerwald), im Dornbirner Dialekt und den Dialekten im Raum Walgau und Bludenz.
Kommunikation
Aufgrund der alemannischen Sprachverwandtschaft ist die mundartliche Kommunikation zwischen Vorarlbergern und den meisten Deutschschweizern sowie Südbadenern in der Regel problemlos möglich. Da im übrigen Österreich nur bairische Mundarten gesprochen werden, werden die Vorarlberger Mundarten hingegen nicht von allen Österreichern gleich gut verstanden.
Im Vorarlbergerischen gelten die im Alemannischen nicht oder nur teilweise übernommene frühneuhochdeutsche Diphthongierung – es heißt also Hūs für Haus, mīn für mein, Fǖr für Feuer – sowie das außer im Alemannischen auch in Teilen Tirols bekannte sch statt s (bischt für bist, Mascht für Mast). Typisch sind auch die Verwendung zahlreicher im Schriftdeutschen unbekannter Vokabeln (Hǟs für Kleidung, Gäalta für Zuber, Göbl, Goga, Goba oder Gofa für Kinder, Schmelga, mittelbregenzerwälderisch für Mädchen) sowie grammatikalische Eigenheiten wie die Verwendung der alemannischen Vergangenheitsformen i bin gsĩ (ich bin gewesen), i han ghaa (ich habe gehabt), i han gseaha (ich habe gesehen), i han gsēt (ich habe gesagt). Da wie in fast allen oberdeutschen Dialekten die Mitvergangenheitsform beim Verb „sein“ fehlt und i bin gsī anstatt des in den bairisch-österreichischen Dialekten üblichen i bin gwesn/gewest verwendet wird, werden die Vorarlberger im übrigen Österreich scherzhaft auch als „Gsiberger“ bezeichnet. Als typisch angesehen wird ferner die häufige Verwendung des Diminutivs, etwa Hüsle (kleines Haus, Häuschen).
Aus dem Mundartgedicht Der Wasser-Schada vom Seeger an der Lutz (1831–1893):
A Wässerle, so kli und klar,
ma ment, as künn nit si –
und doch, es grift vertüflet a,
’s ischt Kriesewasser gsi!
(Ein Wässerchen, so klein und klar,
man meint, es könnte nicht sein –
und doch, es greift verteufelt an,
es war Kirschwasser!)
Regionalfärbung: Thüringisch („ma ment“ mit langem e)
Begrüßung
Weit verbreitet sind Grüaß Gott,Grüaß Di (Grüß dich) oder je nach Tageszeit Guata Morga (Guten Morgen) oder Guata Obad (Guten Abend). Häufiger wird man unter Vorarlbergern jedoch den Gruß „Servus“ (meist ausgesprochen als Zeawas oder Seas) oder Heil(e) hören. Dieses „Heil“ hat nichts mit dem Heil-Ruf aus der Zeit des Nationalsozialismus zu tun, es ist ein weitestgehend unpolitisch gebrauchter Gruß, der allerdings nur unter guten Bekannten und ausschließlich Vorarlbergern benutzt wird. Ein weiteres, von vielen Vorarlbergern gerne benutztes Wort ist Habidere. Dieses leitet sich von der höflichen Begrüßung „Ich habe die Ehre“ ab. Grundsätzlich wird diese Begrüßung jedoch eher im legeren Umfeld gebraucht. Generell gilt es als unausgesprochene Regel, dass man als Vorarlberger nur Personen, die man gut kennt oder die nicht älter als man selbst sind, mit Zeawas, alle anderen mit dem höflicheren Grüaß Gott grüßt.
Ein weiterer – etwa dem grüßenden „Hallo“ entsprechender – Gruß ist das relativ häufig verwendete unförmliche Hoi. Dieses Wort wird man besonders im Bregenzerwald, in Lustenau, im Rheindelta (Hard, Höchst, Fußach, Gaißau), in Feldkirch und auch in Götzis und insbesondere im Schweizerdeutschen zu hören bekommen. Bei der Verabschiedung hört man besonders in Lustenau oft das Wort Lebe, das eine verkürzte Form von „lebe wohl“ darstellt.
Herbert Allgäuer: Vorarlberger Mundartwörterbuch. 2 Bände Graz/Feldkirch 2008 (Schriften der Vorarlberger Landesbibliothek 17) [enthält auch eine Charakterisierung der verschiedenen Vorarlberger Dialekte].
Hubert Allgäuer: Mundartwörterbuch Großes Walsertal. Ausdrücke und Redensarten. Feldkirch 2021.
Kleinwalsertaler Mundartwörterbuch. Der Wortschatz einer Vorarlberger Walsergemeinde, gesammelt und bearbeitet von Tiburt Fritz, Werner Drechsel und Karl Keßler. Immenstadt [1995].
Albert Bohle: Doarobiorarisch asa uobara. Ausdrücke und Redensarten aus Dornbirn. In: Dornbirner Schriften 24, 1997, S. 23–128.
Hubert Klausmann: Kleiner Sprachatlas von Vorarlberg und Liechtenstein. Innsbruck 2012.
Einzeluntersuchungen und Aufsätze
Simone Maria Berchtold: Namenbuch des Großen Walsertales. Zürcher Diss. Graz-Feldkirch 2008 (Schriften der Vorarlberger Landesbibliothek 10).
Eugen Gabriel: Die Mundarten an der alten churrätisch-konstanzischen Bistumsgrenze im Vorarlberger Rheintal. Eine sprachwissenschaftliche und sprachpsychologische Untersuchung der Mundarten von Dornbirn, Lustenau und Hohenems (mit Flexionslehre). Marburg 1963 (Deutsche Dialektgeographie 66).
Eugen Gabriel: Die Mundart von Triesenberg und der Vorarlberger Walser. In: Probleme der Dialektgeographie. 8. Arbeitstagung alemannischer Dialektologen Triesenberg, Fürstentum Liechtenstein, 20.–22. September 1984 (= Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts. Band 58). Hrsg. von Eugen Gabriel und Hans Stricker. Konkordia, Bühl/Baden 1987, S. 18–38.
Eugen Gabriel: Toarrebiierarisch. Grammatik der Dornbirner Mundart. Mit 4 CDs. Dornbirn 2008.
Leo Jutz: Die Mundart von Südvorarlberg und Liechtenstein. Heidelberg 1925.
Hubert Klausmann: Wortgeographie der Sprachlandschaften Vorarlbergs und Liechtensteins. Umgrenzung, Innengliederung und äußere Einflüsse in der Wortgeographie zwischen Alpenrhein und Arlberg (= Deutsche Dialektgeographie. Band 94). Marburg 2002.
Arno Ruoff, Eugen Gabriel: Die Mundarten Vorarlbergs. Ein Querschnitt durch die Dialekte des Landes. Mit einem Katalog des Tonarchivs der Mundarten Vorarlbergs. Graz 1998 ff. (Schriften der Vorarlberger Landesbibliothek 3); erscheint in zahlreichen Teilbänden.
Oliver Schallert: Die Walser und ihre sprachlichen Spuren in Vorarlberg. In: Montfort. Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs 65, 2013, S. 81–96.
Oliver Schallert: Morphologie des Vorarlberger Alemannischen: eine Übersicht. In: Montfort. Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs 75, 2023, S. 101–121.