Perraudin verbrachte seine Kindheit und Jugend in Paris. An der Académie Nationale Supérieure des Arts Décoratifs legte er als jüngster Student sein Examen ab und wurde darauf bei Raoul Dufy Privatschüler. Es folgte die Zeit des Militärdienstes in Syrien. Wieder zurück in Frankreich setzte Perraudin sein Studium an der Académie des Beaux Arts, der Académie Colarossi und Académie de la Grande Chaumière fort, diesmal als Meisterschüler von Jean Souverbie.
Sein Geld verdiente Perraudin dann als freischaffender Grafiker und Maler. Er wurde während des Zweiten Weltkriegs in einem französischen Flugzeugwerk als technischer Zeichner dienstverpflichtet und später nach Deutschland zwangsversetzt. Dort lernte er seine spätere Ehefrau, die Bühnenbildnerin Hildegard Wiehl kennen.
Nach dem Krieg zog Perraudin 1945 wieder nach Paris. 1952 nahm er das Angebot einer Anstellung als Kunstlehrer am französischen Gymnasium Lycée Turenne in Freiburg im Breisgau an. Seitdem lag auch der Arbeitsschwerpunkt seines künstlerischen Schaffens in Deutschland.
1955 hatte Perraudin seine erste große Einzelausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen auf Vermittlung des damaligen Oberstadtdirektors Dr. Anton Kurze. Es folgten zahlreiche Einzelausstellungen. Die wichtigsten waren in Freiburg im Breisgau (Stadthalle, 1956 und Schwarzes Kloster, 1987), Guildford in England (1989), Frankfurt am Main (Deutsche Bank, 1993), Schloss Bonndorf (1998), Nevers in Frankreich (Palais Ducal, 2002) und Palma (2006).
Von 1960 bis 1983 realisierte Perraudin in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen 40 kirchenkünstlerische Arbeiten. Bekannt geworden ist er vor allem durch seine „Lichtwände“. Zu den wichtigsten Arbeiten gehören das monumentale Betonglasfenster in der Kirche St. Peter in Lörrach (1965) – mit 220 m² eines der weltweit größten Kirchenfenster – wie auch die Glaswände der Kirche Maria in der Zarten in Hinterzarten und der Kirche St. Heinrich in Dortmund. Auch entwarf er zahlreiche Bleiglasfenster, so z. B. die Bleiverglasungen von St. Gallus in Hugstetten und von St. Josef in Hamm/Westfalen. Weitere Werkgruppen sind große Mosaikchorwände wie in den Klosterkirchen von Hegne am Bodensee und von Neusatzeck bei Bühl sowie Kreuzwege in Ausführungen als Mosaiken und Verglasungen.
Perraudin war auch als Entomologe engagiert und bekannt. Insbesondere befasste er sich mit Carabidae (Laufkäfer) und Chrysididae (Goldwespen). In diesem Zusammenhang lernte er unter vielen Anderen den Zoologen Heinrich Wolf und 1964 Walter Linsenmaier, dem weltweit führenden Spezialisten für Goldwespen, kennen, mit dem ihm bis zu dessen Tod im Jahr 2000 eine lebenslange kollegiale Freundschaft verband. Perraudin übergab seine Chrysididen-Sammlung, eine der größten Europas Mitte der 80er Jahre an Linsenmaier, der diese kurz vor seinem Tod 2000 an das Naturkunde-Museum von Luzern vermachte.
Nach dem Tod seiner Frau Hildegard Perraudin im Jahr 1991 arbeitete Perraudin als freischaffender Maler 15 Jahre lang in Marburg und auf Mallorca. Er starb 2006 und wurde in Freiburg-Littenweiler auf dem Friedhof Bergäcker bestattet.
Im Burgund wurden zwei Straßen nach ihm benannt: Impasse Wilfrid Perraudin in seinem Geburtsort Moulins Engilbert und 50 km davon entfernt die rue Perraudin in Nolay (Côte-d’Or).
Auszeichnungen
1964: Chevalier dans l’Ordre des Palmes Académiques
1974: Officier dans l’Ordre des Palmes Académiques
2006: Medaille d’Or des Arts, Sciences et Lettres – couronnée par l’Académie Française (Prix Thorlet), für sein kirchenkünstlerisches Werk in Deutschland
Literatur
Jürgen Wiener: Betonglaslichtwände von Wilfrid Perraudin in St. Peter in Lörrach 1965, St. Kaiser Heinrich in Dortmund 1967 und der Kapelle des Marienkrankenhauses in Siegen 1967. In: Meisterwerke der Glasmalerei des 20. Jahrhunderts in den Rheinlanden, Band III, Hrsg.: Nestler, B. Kühlen Verlag, 2019, ISBN 978-3-87448-493-0.
Wilfrid Perraudin - Artiste peintre, Concepteur de vitraux, Entomologiste, Pédagogue, Band 1. In: Des Morvandiaux - de l'Ombre à la Lumière - Artistes, Ecrivains Historiens, Religieux, Scientifiques, Hommes politiques - Ils ont marqué le Sud-Morvan, von Jacqueline und Serge Bernard, Moulins Engilbert, SARL ACBE - COPY MEDIA, Mérignac, 2010
Brigitte Spieker, Rolf-Jürgen Spieker et al. (Hrsg.): Mit Sonne gemalt. 100 Jahre Kirchenfenster in den katholischen Kirchen Dortmunds. Verlag für Regionalgeschichte, 2009, ISBN 978-3-89534-828-0.
Pfarrei St. Antonius, Dortmund-Brechten und Pfarrvikarie St. Kaiser Heinrich, Höchstener Straße 71, Dortmund-Höchsten. In: Die katholische Kirche in Dortmund. Ihre Geschichte und ihre Pfarrgemeinden. Hrsg.: Brigitte Spieker et al, Bonifatius GmbH Druck - Buch - Verlag Paderborn 2006, ISBN 3-89710-365-6.
Heinrich Wolf: Nachruf Wilfrid Perraudin †. In: bembiX. Zeitschrift für Hymenopterologie. Band 23, 2006, S. 2–3
Wilfrid Perraudin – Artiste-peintre. Katalog zur Ausstellung im Palais Ducal, Nevers 2002.
Jacqueline Bernard: Retour au Pays de Wilfrid Perraudin. Vents du Morvand, 2002 (PDF-Datei).
Serge Bernard: Wilfrid André Perraudin, Peintre, scientifique et pédagogue. Vents du Morvand (PDF-Datei).
Hans H. Hofstätter: Wilfrid Perraudin. In: Paradies in Bildern - Länder am Oberrhein und Hochrhein. Schillinger Verlag Freiburg i. Br. 2001, ISBN 978-3-89155-271-1.
Wilfrid Perraudin – Ölbilder, Zeichnungen. Katalog zur Ausstellung im Schloss Bonndorf, 1998.
Wilfrid Perraudin – Ölbilder, Zeichnungen, Glasfenster. Katalog zur Ausstellung im Schwarzen Kloster Freiburg, 1987. Hrsg.: Augustinermuseum Freiburg im Breisgau. (zobodat.at [PDF]).