In seinen Schriften befasst er sich mit Geschichte und Kritik des Kunstbegriffs, mit bildsoziologischen Fragen sowie Konsumtheorie. Vor allem beschäftigt ihn die Aufrüstung des Begriffs von Kunst, wodurch deren Rolle in der Moderne überschätzt worden sei. Er diagnostiziert die daraus erwachsenden Überforderungen von Künstlern sowie Kunstrezipienten und plädiert dafür, die Werke der Kunst nüchterner zu betrachten. In seinen Publikationen behandelt Ullrich Kunst methodisch gleichrangig mit anderen visuellen Phänomenen, beispielsweise mit Bildern aus der Werbung, dem Fotojournalismus oder der Propaganda.
Kontroverse um Neo Rauchs Bild „Der Anbräuner“
In einem Beitrag der ZEIT unter dem Titel Auf dunkler Scholle zählt Ullrich im Mai 2019 den Leipziger Maler Neo Rauch zu einer Gruppe „rechtsgesinnte[r] Künstler, die sich als letzte Verteidiger der Kunstfreiheit aufspielten“ und das Narrativ bedienten, Deutschland sei zu einer „DDR 2.0“ geworden.[3] Rauch malte daraufhin als Antwort das Bild Der Anbräuner.[4] Darauf ist ein Mann zu sehen, der auf einen Pinsel defäziert, und eine Leinwand, auf der die Initialen W.U. in dunkelbrauner Farbe zu lesen sind. Den Begriff „Anbräuner“ hatte der konservative Schriftsteller Ernst Jünger 1982 in der Dankesrede zum Goethepreis verwendet, um damit die Suche nach rechten Gesinnungen bei öffentlichen Figuren zu bezeichnen.
Das Gemälde wurde für 750.000 € auf einer Auktion von Christoph Gröner ersteigert, der es nach eigener Aussage im Foyer eines von ihm geplanten „Vereins für den gesunden Menschenverstand“ präsentieren will.[5][6][7] Ullrich betonte im Interview mit dem Deutschlandfunk Kultur, er „habe Rauch rechte Motive unterstellt, aber ihn keineswegs zum Nazi gemacht – das macht er schon selber.“[8] Im Interview mit der Welt erklärte Rauch, er wolle das Bild als „wohlverdiente Ohrfeige“ verstanden wissen.[9] Rauch gab an, die Initialen W.U. stünden für Walter Ulbricht.[10] Jens Hinrichsen verteidigte Ullrich in monopol und urteilte, die „These, dass gegenwärtig vor allem rechte Künstler die Kunstfreiheit ins Feld führen, ist allerdings nicht so einfach vom Tisch zu wischen“ sowie, dass Rauch nicht „pauschal als rechter Künstler [in Ullrichs Essay] tituliert“ würde.[11] Auf seinem Blog kommentierte Ullrich die Versteigerung und bilanzierte: „Wenn ein Bild, das einen unliebsamen Kritiker fäkal schmähen soll, zum Symbolbild für den gesunden Menschenverstand erklärt wird, dann wird daraus eine pauschale Diffamierung von Kritikern und Intellektuellen.“[12] In seinem Buch Feindbild werden (2020) beschreibt Ullrich die Debatte und reiht das Gemälde in eine Tradition von Schmähbildern von Goya und Grosz ein. Der Germanist Dirk Oschmann wertet Ullrichs Buch als vom Bemühen geprägt, sich die Deutungshoheit des Westens über den Osten wieder zurückzuholen.[13]
Veröffentlichungen (Auswahl)
Der Garten der Wildnis. Eine Studie zu Martin Heideggers Ereignis-Denken. Fink, München 1996 (Zugleich Dissertation an der Universität München 1994).
mit Walter Grasskamp: Mäzene, Stifter und Sponsoren. Fünfzig Jahre Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI. Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2001, ISBN 3-7757-1094-9.
↑Martin Machowecz: Neo Rauch: Eine gemalte Replik. In: Die Zeit. 27. Juni 2019, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 31. Juli 2019]).
↑Neo Rauchs „Der Anbräuner“: Gemälde zeigt Malerei mit Exkrementen - und bringt 750.000 Euro. In: Spiegel Online. 29. Juli 2019 (spiegel.de [abgerufen am 31. Juli 2019]).
↑Martin Machowecz: Neo Rauch: Unter Verkaufskünstlern. In: Die Zeit. 31. Juli 2019, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 1. August 2019]).