Mit den Singknaben der St. Ursenkathedrale Solothurn, die er von 2007 bis 2021 leitete,[2] erweiterte er das Programm zusätzlich zum klassischen kirchenmusikalischen Repertoire um moderne Stilrichtungen. So kamen speziell für das Schweizer Kinder- und Jugendchorfestival skjf Choreographien zu Popsongs dazu, die mit der Choreographin Rosmarie Grünig einstudiert wurden. Sie gehörten in den vielfältigen Konzertprogrammen genauso zum Standard wie die musikalische Gestaltung der Gottesdienste in der Kathedrale oder die alljährliche Aufführung des Weihnachtsoratoriums von J. S. Bach, das er 2014 und 2015 auch in der Kulturfabrik Kofmehl aufführte. Im Mai 2016 wurde er mit den Singknaben an das Europäische Jugendchorfestival Basel eingeladen. 2016 und 2018 erschienen beim Label Rondeau Production Leipzig die beiden Singknaben-CDs Now sleeps the crimson petal und Sing a cappella!. Die Weihnachts-CD wurde vom amerikanischen Chorverband ausgezeichnet.
Von 2011 bis 2021 leitete er den Gabrielichor in Bern,[8] mit dem die Mehrchörigkeit einen besonderen Stellenwert einnahm. Höhepunkte seiner Arbeit in Bern waren die Aufführungen der Marienvespern von Giovanni Rovetta, Johann Rosenmüller und Monteverdi.
Als Chordirektor des Zürcher Bach Chores[8] arbeitete er von 2011 bis 2021 am anspruchsvollen Spagat zwischen den verschiedenen Stilen von der Renaissance bis in die Neuzeit, wobei neben den Aufführungen der grossen Chorwerke mit Orchester auch dem A-cappella-Chorgesang eine besondere Bedeutung zukam. Besondere Bedeutung hatten die halbszenische Aufführung von Purcells King Arthur, die Schweizer Erstaufführung der Bach’schen Johannes-Passion in der Instrumentierung von Robert Schumann sowie HändelsMessias. Eine Gastspieltournee führte ihn im Sommer 2018 in die Augustinerkirche in Erfurt, den Dom zu Meissen und in die Frauenkirche Dresden.
Wirken als Thomaskantor
Am 18. Dezember 2020 wurde er vom Leipziger Stadtrat zum Leipziger Thomaskantor bestellt[9] – als erster Schweizer und als erster Katholik seit der Reformation.[10] Der bisherige Thomaskantor Gotthold Schwarz blieb noch bis Ende Juni 2021 im Amt.[9] Einige der ältesten Thomaner hatten Widerstand gegen die Wahl Reizes gezeigt und sich in einem Brief an die Stadt gewandt, was jedoch erfolglos blieb.[11]
Am 11. September 2021 trat Reize sein Amt an. Andreas Reize war bis zu seinem Amtsantritt als Thomaskantor römisch-katholischer Konfession. Seit Juli 2021 ist er Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde von St. Thomas in Leipzig[12]. In den Motetten und Gottesdiensten in der Thomaskirche führt Andreas Reize mit dem Thomanerchor und dem Gewandhausorchester Leipzig wöchentlich eine Bach-Kantate auf und ist für die Konzerte und Oratorienaufführungen des Chors verantwortlich. Im April 2022 dirigierte er seine erste Matthäuspassion in Leipzig. Man bescheinigte ihm und dem Gewandhausorchester „einen unerhörten Orchesterklang“.[13] Im darauffolgenden Juni präsentierte sich Reize erstmals einem internationalen Publikum auf dem Leipziger Bachfest. Der Musikkritiker Helmut Mauró bezeichnete in der Süddeutsche Zeitung den Klang des Thomanerchores als „großartig, erscheint in Bestform“.[14]
Mit dem Thomanerchor gastiert er regelmäßig in den Musikzentren weltweit und bei Festivals im In- und Ausland. Zuletzt beim Musikfest Stuttgart und beim Bachfest Leipzig 2023, wo er das Gewandhausorchester im großen Galakonzert „A tribute to Bach“ mit Lang Lang und Daniel Hope dirigierte. 2022 leitete Andreas Reize die Auslandstournee der Thomaner nach Finnland, 2023 eine große Tournee mit Bachs Weihnachtsoratorium und Weihnachtskantaten. Dazu kommen Fernseh- und CD-Produktionen mit dem Weihnachtsoratoriums, der h-Moll-Messe und der Matthäus- und Johannes-Passion (u. a. 3SAT) von Johann Sebastian Bach. Die Debüt-CD mit der h-Moll-Messe erschien pünktlich zum Bachfest 2023, die Aufnahme mit dem Weihnachtsliederabend folgte im Oktober 2023. Die erste Fassung von Bachs Johannespassion von 1724 hat Andreas Reize mit einer kleinen Besetzung des Thomanerchors und der Akademie für Alte Musik Berlin nach dem aktuellen Stand der Musikwissenschaft eingespielt. 2024 debütierte er mit Haydns „Schöpfung“ in der Philharmonie Berlin. In der Spielzeit 2024/25 wird er mit „Amadis – der Ritter“ von Johann Christian Bach erstmals am Pult der Oper Leipzig stehen.
An der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig ist Andreas Reize seit der Ernennung am 20. Dezember 2023 als Honorarprofessor tätig.[16]