Die Bahnstrecke Engers–Au ist eine eingleisige, nicht elektrifizierte Nebenbahn im Westerwald, die abschnittsweise auch als Brexbachtalbahn, kurz: Brex,[4]Holzbachtalbahn oder Oberwesterwaldbahn bezeichnet wird.
Am 31. Mai 1884 wurde die 21,6 Kilometer lange Strecke nach zwölfjähriger Planungs- und Bauphase eröffnet. Geplant und betrieben wurden sie und die heutige Holzbachtalbahn zunächst als Teil der Unterwesterwaldbahn. Zwischen Engers und Siershahn ist ein Höhenunterschied von 230 Metern zu bewältigen. Auf über 36 Brücken und Viadukten sowie durch sieben Tunnel[5] verläuft die Bahnstrecke durch das Brexbachtal.
Nachdem der Personenverkehr auf Uerdinger Schienenbusse umgestellt worden war, wurden zum 20. Oktober 1952 nachträglich die BedarfshaltepunkteHundsdorf und Ebernhahn eingerichtet.[3] Durch den Verein Brexbachtalbahn e. V. wurden zusätzliche Bedarfshaltepunkte in Bendorf/Sayn (Kaufland) und Kletterwald/Abtei Sayn eingerichtet sowie der Haltepunkt Pfadfinderlager reaktiviert.
Am 28. Mai 1989 begann mit der Einstellung des Schienenpersonennahverkehrs die schrittweise Stilllegung der Strecke. Am 1. August 1994 wurde der Güterverkehr zwischen Engers und der Anschlussstelle Ludwig eingestellt. Ein kleiner Teil wurde um 2001 noch beim Bau der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main genutzt, 2004 wurde auch der Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Ludwig und Siershahn stillgelegt. Jahrelang war die Strecke stellenweise stark zugewachsen und nicht befahrbar.
Am 26. März 2007 wurde in Bendorf der Verein Brexbachtalbahn e. V. gegründet. Dieser hat sich zum Ziel gesetzt, die Bahn für den Tourismus wieder in Betrieb zu nehmen.
Am 13. Februar 2009 erteilte das Verkehrsministerium von Rheinland-Pfalz die Betriebsgenehmigung für den Abschnitt Siershahn–Grenzau. Im Rahmen eines Festes zum 125. Geburtstag der Brexbachtalbahn am 30. Mai 2009 und an den folgenden Pfingsttagen wurde der Streckenabschnitt mit Pendelfahrten eines Dampfzugs für den touristischen Verkehr in Betrieb genommen, nachdem Verkehrsminister Hendrik Hering zur Wiedereröffnung das rot-weiße Band durchschnitten hatte. Zusätzlich zu den Pendelfahrten kam ein Dampfsonderzug aus Oberhausen.
Im Jahr 2010 fanden erstmals touristische Zugfahrten auf dem Abschnitt Siershahn–Grenzau mit Schienenbussen der Baureihe 798, mit Dampfzügen und LINT-Triebwagen der Vectus Verkehrsgesellschaft statt. Weitere Fahrten wurden zu besonderen regionalen Ereignissen auf der Strecke angeboten. Im Dezember 2013 lief die Betriebsgenehmigung aus, sodass keine Fahrten mehr stattfanden.[6] Der Stadtrat Bendorf stimmte am 28. März 2017 gegen eine Reaktivierung der Strecke.[7]
Im März 2019 wurde für den Abschnitt Grenzau–Siershahn wieder eine Betriebsgenehmigung auf 25 Jahre erteilt. Die Strecke Engers-Grenzau wird als Baugleis regelmäßig von Bauzügen des Vereins Brexbachtalbahn e. V. befahren. Betrieben wird die Strecke von der Eifelbahn Verkehrsgesellschaft mbH (EVG).[8] Im Juni folgte die Genehmigung für den Abschnitt Engers–Sayn.[9]
Abschnitt Siershahn–Altenkirchen
Der auch als Holzbachtalbahn bezeichnete Abschnitt Siershahn–Altenkirchen wurde von 1887 bis zum 2. Juni 1984 auch im Personenverkehr genutzt; von 1912 bis 1945 mündete zwischen den Bahnhöfen Flammersfeld und Seifen die Strecke von Linz (Rhein) ein. Nachträglich ergänzt wurden zum 20. Oktober 1952 die BedarfshaltestellenMogendorf, Nordhofen, Brückrachdorf, Wienau, Berzhausen und Schöneberg.[3] Der Bahnhof Marienrachdorf wurde zum 7. Juli 1967 in einen unbesetzten Haltepunkt umgewandelt.[10]
Von Altenkirchen aus findet heute noch Güterverkehr statt. Über eine Reaktivierung der Verbindung im Personenverkehr wird seit einigen Jahren diskutiert, im Jahr 2004 fanden Probefahrten mit einem Triebwagen der Vectus Verkehrsgesellschaft zwischen Altenkirchen und Raubach statt.
Übernahme durch die Westerwaldbahn
Im Jahre 2005 wurde die Infrastruktur der 1999 stillgelegten Strecke Selters–Raubach Eigentum der Westerwaldbahn (WEBA). In 2006 wurde die reaktiviert. Zusammen mit dem Abschnitt Raubach–Altenkirchen bediente die WEBA seitdem von Altenkirchen aus wieder Güterkunden auf der Schiene, u. a. einen Gleisanschluss in Neitersen und zur Firma Schütz Behälterbau in Selters, dort quert die Bahnstrecke im Werksgelände auch Fabrikhallen. Eingesetzt wurden Dieselloks des Typs OnRail DH 1004 (umgebaute Baureihe V 100 der Deutschen Bundesbahn). Nur bei Sperrung der Strecke über Montabaur gab es Durchgangsgüterverkehr.[11] 2017 erreichte die Transportmenge ihren Höchstwert von 230.000 Tonnen, was einen kostendeckenden Betrieb ermöglichte.[12]
Im Juni 2017 beschloss der Kreistag Altenkirchen die Kündigung der Kooperationsvereinbarung mit DB Cargo sowie die Einleitung eines Stilllegungsverfahrens für die Holzbachtalbahn durch die kreiseigene Westerwaldbahn zum 31. Dezember 2017.[13] Gegen eine wegen des vergleichsweise schlechten Zustands notwendige Modernisierung der Strecke hatte ein Konkurrent der Firma Schütz, die Firma Werit in Altenkirchen, geklagt, da man im Gleisanschluss beziehungsweise der Sanierung der Strecke auf Kosten der öffentlichen Haushalte einen unrechtmäßigen Wettbewerbsvorteil für Schütz sah.[14] Der Güterverkehr wurde dann Anfang Dezember 2017 teilweise, im August 2018 komplett[15] von der DB Cargo übernommen. Sie wickelt außer einem Leerwagenzug pro Woche den gesamten Verkehr über Montabaur ab.[16] Zum Jahresende 2017 hatte die Westerwaldbahn die Gleisanschlussverträge gekündigt.
Übernahme und Sanierung durch die Lappwaldbahn
Im Juni 2018 wurde bekannt, dass die Gesellschafterversammlung der Westerwaldbahn einem Übernahmevertrag mit der Lappwaldbahn zustimmte. Da auf der Bahnstrecke Limburg-Staffel–Siershahn keine weiteren Trassen frei sind, ist die Holzbachtalbahn für den Güterverkehr weiter von Bedeutung. Um die Wettbewerbsbeschwerde zu entkräften, wird unter anderem ein touristischer Verkehr erwogen.[17]
Am 26. November 2018 kaufte die Lappwaldbahn Service GmbH die Strecke,[18] deren Eigentümerin sie zum 1. Januar 2019 wurde.[19] Nach einer provisorischen Instandsetzung konnte der Güterverkehr auf der Strecke Ende 2019 testweise wieder aufgenommen werden.[20] Seit September 2020 wird eine vollständige Instandsetzung durchgeführt, bei welcher im ersten Schritt der Güterverkehr für ein halbes Jahr komplett ausgesetzt wurde, damit fünf Brücken komplett neugebaut werden können; ab 2021 sollte der Güterverkehr auf der Strecke mit einer Leistung von fünf bis sechs Zügen pro Woche zwischen Altenkirchen und Selters wieder aufgenommen werden. Die Arbeiten sollen im Jahr 2023/24 komplett abgeschlossen sein, laut der Lappwaldbahn ist ab dann auch wieder ein Personenverkehr auf der Strecke möglich. Für die Arbeiten an der Strecke investiert die Lappwaldbahn einen zweistelligen Millionenbetrag.[21]
Im Zuge dieser Streckensanierung wurden im Jahr 2022 auf Teilabschnitten neben diversen Schienen auch die vorhandenen Stahlschwellen, teilweise aus dem Jahr 1927 stammend, nach fast 100-jähriger Nutzungsdauer, gegen moderne Betonschwellen ausgetauscht.
Sanierung der Strecke im Jahr 2022
Stahlschwelle von 1927
Abschnitt Altenkirchen–Au (Sieg)
Der Bau der zusammen mit der Strecke von Limburg über Westerburg unter dem Liniennamen Oberwesterwaldbahn vermarktete Abschnitt Altenkirchen–Au (Sieg) wurde am 21. Mai 1883 beschlossen und am 1. Mai 1887 eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg prägten auch hier Uerdinger Schienenbusse den Betrieb. Zum 20. Oktober 1952 wurde – ursprünglich als Bedarfshalt – der HaltepunktKloster Marienthal in Betrieb genommen und die spätere Eröffnung des Haltepunkts Hohe Grete (heute: Pracht Hohegrete) angekündigt.[3] Bis 1975 fuhren auf der Strecke regelmäßig Dampfloks. Zuletzt waren es mit Betzdorfer Loks der Baureihe 50 bespannte Schotterzüge aus Erbach in Richtung Troisdorf/Köln.
1986 schlossen die Deutsche Bundesbahn und das Land Rheinland-Pfalz eine Rahmenvereinbarung, die vorsah, dass beide Partner Planungen zur Verbesserung des Verkehrsangebotes durchführen und eine zehnjährige Bestandsgarantie für den Nahverkehr auf der Strecke Au–Limburg besteht. Daraufhin wurde 1988 das Zugangebot zwischen Au und Altenkirchen ausgebaut. So wurde der Betrieb weitgehend auf die neue Baureihe 628 umgestellt, die Fahrzeiten durch die Einrichtung von Bedarfshalten beschleunigt und die Zahl der Fahrten erhöht. Trotz dieser Vereinbarung und der steigenden Zugzahl um 9 Fahrten täglich sank die Querschnittsnachfrage weiter, im Abschnitt Altenkirchen–Au montags bis freitags konkret von 955 Fahrgästen im Jahr 1988 auf 697 pro Tag im Jahr 1992. Daraufhin wurde das Angebot zum Fahrplanwechsel im Jahr 1993 stärker vertaktet und der Verkehr in Schwachlastzeiten ausgeweitet.[22] Gleichzeitig wurde dieser Abschnitt auf signalisierten Zugleitbetrieb umgestellt.
Mit ihrer Betriebsaufnahme setzte die Vectus Verkehrsgesellschaft mbH ab dem 12. Dezember 2004 ihre neuen LINT-Triebwagen ein, die die 1986 eingerichteten Bedarfshalte wieder als reguläre Halte bedienen konnten. Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2014 übernahm die Hessische Landesbahn (HLB) die Verkehre auf der Oberwesterwaldbahn für einen Zeitraum von 16 Jahren sowie Fahrzeuge und Personal von Vectus. Die jetzigen Zugleistungen sind unter der Bezeichnung Westerwald-Sieg-Bahn (RB 90) in der Regel von Siegen durchgebunden, hinzu kommen einzelne Verstärkerfahrten im Abschnitt Altenkirchen–Au. Da der Ausbau noch nicht die Fahrzeiten Siegen–Altenkirchen–Limburg mit allen geplanten Halten laut Deutschlandtakt zulässt, endeten die meisten Fahrten zunächst in Westerburg. Zurzeit werden die Fahrten zwischen Betzdorf, Au und Altenkirchen jede zweite Stunde verdoppelt.
Anfang 2023 wurde bekanntgegeben, dass zum Fahrplanwechsel im Dezember 2025 drei zweiteilige Siemens Mireo Plus B-Triebwagen im Pilotbetrieb zum Einsatz kommen sollen. Diese gingen aus einer Fahrzeugausschreibung der Hessischen Landesbahn hervor und sind Teil eines Tests des SPNV-Nord zur Dekarbonisierung des Schienenverkehrs.[23]
Der Bahnhof wurde bereits 1860 mit der Eröffnung der Siegstrecke in Betrieb genommen. Nachdem die Oberwesterwaldbahn nach Altenkirchen angeschlossen wurde, entstand ein wichtiger Bahnknotenpunkt. Der Bahnhof gliedert sich in einen Güterbahnhof, den Personenbahnhof an der Siegstrecke mit 5 Bahnsteiggleisen für die Züge der Deutschen Bahn und einen kleinen Flügelbahnhof mit nur einem Bahnsteig und einem Gleis, an welchem die Züge der Bahnstrecke Engers–Au abfahren.
Der Haltepunkt Kloster Marienthal liegt unmittelbar vor dem Nordportal des Marienthaler Tunnels unterhalb des ehemaligen Franziskanerklosters und verfügt wie die übrigen Haltepunkte auch nur über eine Grundausstattung. Angeschlossen wird der gleichnamige Ortsteil von Seelbach. Eine Schließung des Haltepunkts wurde diskutiert, da er nicht mehr den Sicherheitsanforderungen des Eisenbahn-Bundesamts genügt und lediglich acht Fahrgäste pro Woche aufweist.[24] Zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2019 wurde der Haltepunkt wieder in einen Bedarfshalt umgewandelt.
Der Haltepunkt Obererbach liegt im Ortsteil Niedererbach der Ortsgemeinde, einige hundert Meter vor dem Südportal des Marienthaler Tunnels. Auch dieser verfügt lediglich über eine geringe Ausstattung.
Im November 2020 haben das Land Rheinland-Pfalz und die Deutsche Bahn eine Rahmenvereinbarung zum Bau neuer Stationen und zur Verlegung bestehender Stationen unterzeichnet. Im Rahmen der Stationsoffensive soll ab 2027 ein neuer Halt in Pracht-Wickhausen entstehen, der den bisherigen Halt Hohegrete ersetzt.[25] Der Zweckverband SPNV Nord lässt 2024 eine Nutzen-Kosten-Untersuchung zur Reaktivierung der Brexbachtalbahn durchführen.[26]
Literatur
Georg Speck: Strittige Rechtsfragen bei Eisenbahnhoheit, Infrastruktur und Unternehmensgenehmigung. In: Eisenbahn-Revue International 10/2018, S. 542.
↑ abBedarfshalt laut Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 28. Mai 1965, Nr. 24. Bekanntmachung Nr. 247, S. 107.
↑Strecke 3032. In: Eisenbahn-Tunnel und deren Tunnelportale in Deutschland. Lothar Brill
↑Fahrten auf der „Brex“. Brexbachtalbahn e. V., archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Oktober 2018; abgerufen am 15. Februar 2017.
↑Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 7. Juli 1967, Nr. 27. Bekanntmachung Nr. 243, S. 110; ebd. vom 21. Juli 1967, Nr. 29. Bekanntmachung Nr. 264, S. 123.