Die erste urkundliche Erwähnung des mit Dönhofstädt verbundenen Ortes Groß Wolfsdorf stammt aus dem Jahr 1361. Konrad von Wolffersdorf erhielt vom Deutschen Orden das Land und gründete eine Siedlung. Von 1598 bis 1606 errichtete die Familie von Rautter, die bereits seit 1477 hier ansässig war, ein Schloss. Später heiratete ein von Dönhoff in die Familie Rautter ein und erhielt als Mitgift den Ort. Der Gutsbezirk erhielt daraufhin den Namen Dönhoffstädt,[3] dessen Schreibweise am 4. Juli 1911 in „Dönhofstädt“ verändert wurde.[4] Das Dorf behielt aber den Namen „Groß Wolfsdorf“.
Zum Gut Dönhoffstädt gehörten zeitweilig 25 Dörfer. Nachdem das Schloss im Jahr 1690 durch einen Blitzschlag abgebrannt war, ließ Bogislaw Friedrich von Dönhoff von 1710 bis 1716 ein neues Schloss errichten. Die Größe und Qualität des Baues entsprach dem Wunsch des Königs Friedrich I. Das 1701 neu gegründete Königreich Preußen sollte aus Gründen kultureller Repräsentation mit einigen prächtigen Barockschlössern versehen werden, daher entstanden im Wettbewerb untereinander fast gleichzeitig auch die Schlösser Friedrichstein (ebenfalls Grafen Dönhoff), Finckenstein (Grafen Finck von Finckenstein), Schlobitten und Schlodien (Grafen Dohna) und Capustigall (Grafen Waldburg), von denen heute nur noch Dönhoffstädt existiert (siehe unten).
Am 30. September 1928 schlossen sich die Landgemeinde Groß Wolfsdorf und der Gutsbezirk Dönhofstädt sowie Teile der Gutsbezirke Karschau (polnisch: Karszewo) und Glittehnen (polnisch: Glitajny) zur neuen Landgemeinde Dönhofstädt zusammen.[5]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Groß Wolfsdorf im Sommer 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht zusammen mit der südlichen Hälfte Ostpreußens gemäß dem Potsdamer Abkommen unter die Verwaltung der Volksrepublik Polen gestellt. 1946 wurde für Groß Wolfsdorf kurzzeitig die polnische Ortsbezeichnung „Wilkowo Wielkie“ eingeführt, Dönhofstädt erhielt die polnische Namensform „Drogosze“. Die verbliebenen deutschen Einwohner wurden in der Folgezeit von den Polen vertrieben. Das Schloss der Familie Dönhoffs wurde ab 1954 für die landwirtschaftliche Ausbildung genutzt, vor allem für die Ausbildung von Traktoristen.
Ebenfalls 1954 wurde Drogosze Sitz einer Gromada. 1960 umfasste sie 49,35 km² mit 1665 Einwohnern. Die Gromada wurde zum 1. Juli 1968 aufgelöst.
Ab 1974 wurde das Schloss als Ferienlager genutzt. 1973 wurde das Dorf Teil der Gmina Barciany(Barten). Zum Schulzenamt (polnisch Sołectwo) Drogosze gehörten vier Ortschaften. Durch eine Verwaltungsreform kam das Dorf 1975 zur neu gebildeten Woiwodschaft Olsztyn. Nach deren Auflösung war es ab 1999 Teil der Woiwodschaft Ermland-Masuren.
Einwohnerzahlen
1817 gab es in Groß Wolfsdorf 34 Häuser.[6]
Nachfolgend die graphische Darstellung der Einwohnerentwicklung:[7]
Amtsbezirk Dönhofstädt (1874–1945)
Zum Amtsbezirk Dönhofstädt gehörten bei seiner Errichtung acht Kommunen. Am Ende waren es aufgrund struktureller Veränderungen noch drei:[5]
Deutscher Name
Polnischer Name
Bemerkungen
Dönhofstädt bis 1911: Dönhoffstädt
Drogosze
Groß Winkeldorf bis 1881/83: Winkeldorf-Glittehnen und Winkeldorf-Karschau
Das Schloss der Grafen Dönhoff wurde nach einem Brand des alten Renaissance-Schlosses von Groß Wolfsdorf für Bogislaw Friedrich von Dönhoff etwas abseits vom alten Standort an einem Hang errichtet und „Dönhoffstädt“[8] benannt. Der Entwurf des Gebäudes stammt von dem Architekten Jean de Bodt (1670–1745) und dem Baumeister John von Collas (1678–1753), beides Hugenotten. Errichtet wurde es von 1710 bis 1716 und war dann bis 1816 im Eigentum der Dönhoffs.
Bei der Erbteilung nach dem Tode des Grafen Stanislaus Dönhoff 1816 teilten sich seine Schwestern den umfangreichen Familienbesitz, wobei Angélique Dönhoff (1793–1863) Gut und Schloss Dönhoffstädt erhielt. Sie war später mit dem Grafen Georg zu Dohna vermählt. 1863 erbte ihre Nichte Marianne Gräfin zu Stolberg-Wernigerode, geb. Freiin von Romberg (1821–1884) den umfangreichen Besitz Dönhofstädt, deren Nachkommen bis 1945 hier ansässig waren. Ihr Sohn Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode (1840–1910) war Reichstagspräsident. Im Schloss gab es ein eigenes Theater im westlichen Seitenflügel, eine umfangreiche Bibliothek sowie eine Hauskapelle im Ostflügel, die in den 1830er Jahren eine neugotische Umgestaltung erfuhr. Hinter dem Schloss nach Süden erstreckt sich ein ausgedehnter Landschaftspark, der auf Graf Bogislav Dönhoff (1754–1809) zurückgeht und der u. a. auch ein Damwildgehege (Tierpark) besaß. Überreste der barocken Gartenanlage waren in Form von einigen Sandsteinskulpturen bzw. -vasen im Umfeld des Schlosses noch bis 1945 erhalten. Bedeutende Teile des Archivs konnten nach 1945 von den Polen evakuiert werden und befinden sich heute im Archiv Olsztyn (deutsch: Allenstein).
Als das Gebiet nach dem Zweiten Weltkrieg unter polnische Verwaltung gestellt wurde, wurde zunächst eine Landwirtschaftsschule in dem Gebäude eingerichtet.
Seit dem Ende der Volksrepublik Polen ist das Bauwerk ungenutzt. Pläne, ein Hotel zu errichten, wurden bisher nicht umgesetzt.[9]
Galerie
Schloss Dönhoffstädt, 1856, Lithographie nach dem Aquarell von August Behrendsen, Sammlung Alexander Duncker
Schloss Dönhofstädt (2011)
Deckengemälde im Schloss
Gedächtniskapelle von 1884 mit Schein-Sarkophagen aus Marmor von Eduard Lürssen, 1889, mit den Liegefiguren der Geschwister Angelika und Stanislaus Dönhoff
Gedenkstein für Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode (1840–1910) im Garten von Schloss Dönhofstädt
Der Kirchenpatron Graf Bogislaw Friedrich von Dönhoff richtete 1725 im Ostteil des Schlosses eine Kapelle ein.[10] Sie war rechteckig aus Feldsteinen gebaut und verfügte über keinen Turm: die Glocken hingen im Dachstuhl.[11] Der Innenraum und seine Ausstattung waren dem Geschmack des Erbauers entsprechend und der reformierten Tradition verpflichtet sehr schlicht gehalten. Die Decke war gewölbt und teilweise stuckverziert.[12]
Der Königsberger Orgelbauer Johann Schwartz fertigte 1734/24 eine kleine Hausorgel an, die 1730 eingebaut wurde.[12] Sie war einmanualig mit acht Stimmen in Bass- und Diskantteilung und hatte kein Pedal. 1933 hat der Lübecker Orgelbauer Karl Kemper das Instrument – wohl in Austausch gegen eine neue Orgel – von Dönhofstädt in die Hansestadt gebracht. Zunächst hatte sie dort ihren Platz in der Katharinenkirche, 1948 verbrachte man sie in die Marienkirche, wo sie als sogenannte „Briefkapellenorgel“ fungierte und als gut erhaltene Barockorgel noch heute zur Begleitung von Gottesdiensten – speziell zwischen Januar und März in der Briefkapelle als Winterkirche – erklingt.[13]
Im Jahre 1818 trat die reformierte Kirchengemeinde Dönhofstädt der Altpreußischen Union in der Vereinigung lutherischer und reformierte Kirchen bei, ließ sich jedoch mit ihrem bis dahin gepflegten Eigenleben noch länger Zeit.[10] In den 1830er Jahren begann man mit einer Neugestaltung der Kapelle, bei der auch lutherische Elemente zum Tragen kamen. Am 5. August 1860 wurde der in Rom aus carrarischem Marmor angefertigte Altar eingebracht, dazugehörig war ein Marmorflachrelief der Grablegung Christi von August Wittig (1823–1893), der auch die Basisreliefs der Taufe und der Auferstehung Christi in weißem Marmor gestaltete.[12] Das Altar-Marmorrelief befindet sich heute in der St.-Johannes-Evangelist-Kirche in Bartoszyce (deutschBartenstein). Über dem Altar wurde eine geschnitzte Kanzel angebracht.
Neben der Schlosskapelle ist noch heute die Gedächtniskapelle für die damaligen Gutsbesitzer aus dem Jahr 1884 erhalten,[10] u. a. mit Marmor-Sarkophagen des Berliner Bildhauers Eduard Lürssen (1840–1891) für Angehörige der Familie von Dönhof.
Die Schlosskapelle wurde nach 1945 ebenso wie das Schloss anderweitiger und auch profaner Nutzung zugeführt.
Kirche
Evangelisch
Kirchengeschichte
Im Jahre 1725 entstand in Dönhofstädt eine evangelische Kirchengemeinde,[14] die die Schlosskapelle als Gottesdienstort nutzte und sich der reformierten Tradition verpflichtet sah. Das Patronat war den Gutsbesitzern – bis in das 19. Jahrhundert hinein der Familie von Dönhoff – zugeordnet. Die Dönhofstädter Gemeinde war lange Jahre ein Mittelpunkt der Reformierten im Raum Barten, Bartenstein, Gerdauen und Neidenburg.[15][16]
Im Jahre 1818 trat die Kirchengemeinde Dönhofstädt der Altpreußischen Union bei und war Teil des Reformierten Kirchenkreises Königsberg in Preußen. Im Jahre 1875 kam es zur Vereinigung mit der Nachbarkirche Groß Wolfsdorf (der Ort ist nach 1945 in Drogosze aufgegangen), so dass beide Gemeinden unter einem Pfarramt betreut wurden. Beide Gemeinden unterstanden dann dem Kirchenkreis Rastenburg in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Im Jahre 1925 zählte die Pfarrei Groß Wolfsdorf-Dönhofstädt 1530 Gemeindeglieder, von denen 1375 im Pfarrsprengel Groß Wolfsdorf und 155 im Pfarrsprengel Dönhofstädt lebten.[14]
Zum Pfarrsprengel Dönhofstädt im Kirchspiel Groß Wolfsdorf-Dönhofstädt gehörten die Dönhofstädter Wohnplätze: Schloss, Amt, Ziegelei und Bahnhof.
Pfarrer
In Dönhofstädt amtierten bis 1874 die reformierten Geistlichen:[17]
Johann Jakob Ulrich, 1720–1737
Johann Gotthard Graevius, 1738–1776
Georg Ludwig Krulle, 1777–1808
Thomas Wilhelm Wiederhold, 1809–1838
Ludwig Heinrich Hitzigrath, 1838–1845
Heinrich Dietrich O.F. von Behr, 1845–1856
Johann Karl Julius Axenfeld, 1856–1861
Heinrich Ernst P. Holland, 1861–1872
Konstantin Bernhard Th. Meyer, 1872–1874.
Danach amtierten die Geistlichen der gemeinsamen Pfarrei Groß Wolfsdorf-Dönhofstädt an der Schlosskapelle Dönhofstädt, wo sie einmal monatlich Gottesdienst feierten. Der Pfarramtssitz allerdings blieb Dönhofstädt.
In Kriegsfolge siedelten sich im nun Drogosze genannten Ort zahlreiche polnische Neubürger an, die fast ausnahmslos der katholischen Konfession angehörten. Sie bildeten hier eine Gemeinde und reklamierten die bisher evangelische Kirche in Groß Wolfsdorf – jetzt auf dem Boden von Drogosze gelegen – für sich. Am 1. April 1962 wurde hier eine eigene Pfarrei errichtet, die zum Dekanat Reszel(Rößel) im jetzigen Erzbistum Ermland gehört. Die Pfarrkirche trägt den Namen: Kirche der Mutter Gottes vom Tor der Morgenröte.[18]
Verkehr
Drogosze liegt mit der Ortsstelle Wilkowo Wielkie(Groß Wolfsdorf) verkehrsgünstig an der Woiwodschaftsstraße 590, die in Nord-Süd-Richtung Barciany(Barten) mit den Städten Korsze(Korschen), Reszel(Rößel) und Biskupiec(Bischofsburg) verbindet. Außerdem führt eine Nebenstraße von Kolwiny(Kolbiehnen) in den Ort.
Dönhofstädt war ab 1871 eine Bahnstation an der Bahnstrecke Toruń–Tschernjachowsk (deutschThorn–Insterburg), die in Gänze nur 1945 befahren wurde. Heute verkehren die Züge von Posen über Toruń und Olsztyn(Allenstein) nur noch bis Korsze(Korschen). Am 2. April 2004 wurde der gesamte Streckenabschnitt von Korsze bis zur polnisch-russischen Staatsgrenze endgültig geschlossen. Die Bahnstation (bis 1945: Bahnhof) Dönhofstädt hieß zwischen 1945 und 1945 „Starogród Pomnik“, danach „Drogosze“.[19]
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Ortschaft
Anton von Behr (1849–1931), deutscher Architekt, preußischer Baubeamter, Denkmalpfleger und Architekturschriftsteller
Mit dem Ort verbunden
Bogislaw Friedrich Graf von Dönhoff (1669–1742), Generalmajor, Gutsherr auf Dönhofstädt, Erbauer des Barockschlosses, verstarb am 24. Dezember 1742 in Dönhofstädt
Im Jahre 1867 veröffentlichte Hermann Frischbier in seiner in Königsberg (Preußen) erschienenen Sammlung Preußische Volksreime und Volksspiele eine hochdeutsche Textfassung des Volks- und Kinderliedes „Spannenlanger Hansel“ mit der Herkunftsangabe „Dönhoffstädt in Ostpreußen“.
Literatur
Kerrin Gräfin von Schwerin: Wilhelmstraße 63. Schicksalsjahre einer preußischen Familie. vbb – Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2008, ISBN 978-3-86650-632-9.
Carl von Lorck: Die deutsche Herrenhäuser. Band 1: Herrenhäuser Ostpreussens. Bauart und Kulturgehalt. Mit beschreibendem Verzeichnis. Gräfe und Unzer, Königsberg 1933.
Tadeusz Swat: Dzieje Wsi. In: Aniela Bałanda u. a.: Kętrzyn. Z dziejów miasta i okolic. Pojezierze, Olsztyn 1978, S. 168–171 (Seria monografii miast Warmii i Mazur).
↑Portret miejscowości statystycznych w gminie Barciany (powiat kętrzyński, województwo warmińsko-mazurskie) w 2010 r. Główny Urząd Statystyczny; stat.gov.pl
↑für 1817 Tadeusz Swat, 1978, S. 168 für 1885 und 1939 Michael Rademacher: Landkreis Rastenburg (poln. Ketrzyn). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900 für 1970; Tadeusz Swat; 1978, S. 171 für 2010 Portret miejscowości statystycznych w gminie Barciany (powiat kętrzyński, województwo warmińsko-mazurskie) w 2010 r. Główny Urząd Statystyczny; stat.gov.pl
↑ abcEberhard Gresch: Evangelisch-Reformierte in (Ost-) Preußen. In: Rundbrief der Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen e. V., Nr. 1/2011, S. 1–32 [überarbeitete Fassung von 2012]
↑Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2 Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen 1968, S. 79