Elisa von der Recke wurde als Tochter des Reichsgrafen Friedrich von Medem und seiner Frau Louise Dorothea von Korff geboren. Nach dem frühen Tod der Mutter erhielt Elisa nur eine dürftige Ausbildung im Hause ihrer Großmutter. Diese verbot ihr das Lesen von Büchern.[1] Nachdem ihr Vater 1767 erneut geheiratet hatte, lebte Elisa wieder in seinem Haus, wo sich ihre Stiefmutter Agnes Elisabeth von Brukken (1718–1784) bemühte, ihr eine gewisse Allgemeinbildung zu vermitteln.
Im Jahr 1771 heiratete sie aus Standesgründen den Kammerherrn Georg Magnus von der Recke auf Neuenburg. Die Konvenienzehe wurde 1781 geschieden. Sie betätigte sich als Diplomatin für ihre Halbschwester, die Herzogin Dorothea von Kurland. Im Jahr 1787 erschien von der Reckes Schrift Nachricht von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalt in Mitau im Jahre 1779 und dessen magischen Operationen, die sie auf einen Schlag im gesamten gebildeten Europa bekanntmachte. Von der Recke rechnete darin mit den amourösen Avancen Cagliostros ihr gegenüber – bei gleichzeitiger Darstellung seiner hochstaplerischen Umtriebe – schonungslos ab. Zarin Katharina die Große wandte ihr in Anerkennung dieses Werkes lebenslang die Erträge aus dem Domänengut Pfalzgrafen bei Mitau zu. Damit war von der Recke finanziell unabhängig.
Ab 1798 lebte sie fast ausschließlich in Dresden, seit 1804 zusammen mit ihrem Freund Christoph August Tiedge. Sie war mit der Familie Körner, in der sie das Patenamt für Theodor übernahm, mit Anton Graff, August Gottlieb Meißner und vielen bekannten Zeitgenossen in ganz Deutschland sowie in Polen und im Baltikum befreundet. Bei den Zusammenkünften herrschte ein religiös-empfindsamer Ton, es wurden Choräle von Johann Gottlieb Naumann gesungen.
Elisa von der Recke betreute insgesamt 13 Pflegetöchter. Sie liegt auf dem Inneren Neustädter Friedhof in Dresden neben ihrem langjährigen Freund Christoph August Tiedge begraben.
Werke
Ihr Werk besteht hauptsächlich aus pietistisch-empfindsamen Gedichten, Tagebüchern und Memoiren. Das evangelisch-lutherische Gesangbuch zum gottesdienstlichen Gebrauche für die Stadt und das Herzogtum Magdeburg aus dem Jahr 1805 enthält 16 von ihr geschriebene Kirchenlieder.
I. L. Schwarz (Hrsg.): Elisens und Sophiens Gedichte. Vieweg, Berlin, 1790
Johann Lorenz Blessig (Hrsg.): Leben des Grafen Johann Friedrich von Medem nebst seinem Briefwechsel hauptsächlich mit der Frau Kammerherrinn von der Recke, seiner Schwester, 1792 (Digitalisat)
Familien=Scenen oder Entwickelungen auf dem Masquenballe, um 1794, 1826 publiziert (Digitalisat)
Über Naumann, den guten Menschen und großen Künstler, Artikel im Neuen Deutschen Merkur, 1803
Postume Ausgaben
Geistliche Lieder, Gebete und religiöse Betrachtungen. Leipzig 1833; neue Ausgabe: Teubner, Leipzig 1841.
Aufzeichnungen und Briefe aus ihren Jugendtagen, hrsg. von Paul Rachel. Band 1. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1900.
Tagebücher und Briefe aus ihren Wanderjahren, hrsg. von Paul Rachel. Band 2. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1902.
Herzens-Geschichten einer baltischen Edelfrau. Erinnerungen und Briefe, hrsg. von Heinrich Conrad. Lutz, Stuttgart 1918 (Digitalisat).
Mein Journal. Elisas neu aufgefundene Tagebücher aus den Jahren 1791 und 1793/95. [Hrsg Johannes Werner].Leipzig, Koehler&Amelang, o. J.[1927].
Tagebücher und Selbstzeugnisse, hrsg. von Christiane Träger. Köhler und Amelang, Leipzig, sowie Beck, München 1984, ISBN 3-406-30196-7.
G. Karo, M. Geyer (Hrsg.): Vor hundert Jahren. Elise von der Reckes Reisen durch Deutschland 1784–86 nach dem Tagebuche ihrer Begleiterin Sophie Becker. Spemann, Stuttgart, 1884 (Digitalisat)
Michelle S. James, Rob McFarland: “Collaborating with Spirits: Cagliostro, Elisa von der Recke, and the Phantoms of Unmündigkeit” in Laura Deiulio and John Lyon (Eds.) Gender, Collaboration, and Authorship in German Culture: Literary Joint Ventures 1750-1850, New York: Bloomsbury, 2019. 101–138.
Valérie Leyh, Adelheid Müller, Vera Viehöver (Hrsg.): Elisa von der Recke: Aufklärerische Kontexte und lebensweltliche Perspektiven (= Renate Stauf [Hrsg.]: Germanisch-romanische Monatsschrift. Beiheft 90). Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6904-0.
Adelheid Müller: „Die Frau Kammerherrin von Recke wird Berlin passieren und wünscht Sie zu kennen“ oder: Preußen sind Menschen. In: Iwan-Michelangelo D'Aprile (Hrsg.): Europäische Ansichten. Brandenburg-Preußen um 1800 in der Wahrnehmung europäischer Reisender und Zuwanderer (= Aufklärung und Europa. Schriftenreihe des Forschungszentrums Europäische Aufklärung e. V. Band17). BWV – Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-8305-0562-4, S.113–140.
Adelheid Müller: Sehnsucht nach Wissen: Friederike Brun, Elisa von der Recke und die Altertumskunde um 1800. Reimer, Berlin 2012, ISBN 978-3-496-01471-3 (Dissertation Berlin, Freie Universität, 2010).
Paul Rachel (Hrsg.): Elisa von der Recke: Aufzeichnungen und Briefe aus ihren Jugendtagen, 2. Auflage 1902, Bd. 1 (Digitalisat)