Politisch forderte die Freikonservative Partei die Wahrung der kulturpolitischen Interessen des preußischen Protestantismus und der wirtschaftlichen der ostelbischenAgrarier. Sie sprach sich eindeutig gegen den Konstitutionalismus und die Gewaltenteilung aus. Reichskanzler Bismarck wurde vorbehaltlos unterstützt. Zugleich vertrat die Freikonservative Partei einen preußischen Partikularismus und ein typisch christlich-patriarchales Denken.
Im Deutschen Reich ab 1871 nannten sich die Freikonservativen Deutsche Reichspartei (DRP). Politisch stand sie zwischen den Nationalliberalen und der Deutschkonservativen Partei. Die Freikonservativen unterstützten als dezidiert regierungsfreundliche Partei den Kulturkampf und als Partei der Eliten die Sozialistengesetze Bismarcks. 1878 war sie die treibende Kraft bei der Wendung zur Schutzzollpolitik unter Führung Wilhelm von Kardorffs. Während der Jahre 1887 und 1890 war sie eine der so genannten Kartellparteien – ein Wahlbündnis der Rechtsparteien (Deutschkonservative Partei und Freikonservative) und der Nationalliberalen. Das Kartell war ausgerichtet auf die Stützung Bismarcks („Bismarck sans phrase“) und setzte das Septennat durch.
Viktor Herzog von Ratibor, Mitbegründer der Freikonservativen
Sie galt als die Partei des Adels, der Minister und der Diplomaten und fand kaum Wähler in niedrigeren sozialen Schichten. Die Partei war intern kaum organisiert, sie bestand im Wesentlichen aus den Fraktionen im Reichstag und im preußischen Landtag. Um die Verbindung zwischen diesen beiden Fraktionen herzustellen, gab es ab 1870 einen Landesausschuss, der wenig Aktivität entfaltete und über ein von nur einer Person besetztes Büro in Berlin verfügte. Vor 1890 gab es auch keinen offiziellen Parteivorsitzenden, der erste Parteitag fand erst 1906 in Breslau statt, ab 1907 gab es einen Wahlverein als offizielle Parteistruktur, der von einem Gesamtvorstand und einem Ausschuss geführt wurde. In der Spätphase wurden auch Landesverbände aufgebaut.[1]
Die traditionelle Zeitung der Partei war Die Post, die 1910 in das regierungskritische alldeutsche Lager übertrat.
Der Großteil ihrer Mitglieder beteiligte sich 1918 an der Gründung der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Ein weiterer Teil der Anhänger ging in der nationalliberalen Deutschen Volkspartei (DVP) auf. General von Liebert trat 1929 in die NSDAP ein.[2]
Literatur
Matthias Alexander: Die Freikonservative Partei 1890–1918. Gemäßigter Konservatismus in der konstitutionellen Monarchie. Droste, Düsseldorf 2000, ISBN 3-7700-5227-7.[3]
Bernd Haunfelder: Die konservativen Abgeordneten des Deutschen Reichstags 1871-1918. Ein biographisches Handbuch. Aschendorff, Münster 2009
Thomas Nipperdey: Die Organisation der deutschen Parteien vor 1918. Droste, Düsseldorf 1961, zu den konservativen Parteien siehe S. 241–264
Volker Stalmann: Die Partei Bismarcks. Die Deutsche Reichs- und Freikonservative Partei 1866 bis 1890. Droste, Düsseldorf 2000, ISBN 3-7700-5226-9.
↑ abVolker Stalmann: Die konservativen Parteien (1867–1918). In: Lothar Gall (Hrsg.): Regierung, Parlament und Öffentlichkeit im Zeitalter Bismarcks. Politikstile im Wandel. Schöningh, Paderborn u. a. 2003, ISBN 3-506-79223-7 (Otto-von-Bismarck-Stiftung Wissenschaftliche Reihe 5), S. 91–126.