Insgesamt waren im Leipziger Stadtadressbuch im Jahr 1900 über 2.200 Unternehmen des Buchhandels und des Buchgewerbes verzeichnet, darunter 848 Verlage und Buchhandlungen, 113 Musikalienhandlungen, 44 Antiquariate, 201 Buchbindereien und 189 Druckereien. Etwa 95 Prozent dieser Unternehmen waren innerhalb des Graphischen Viertels angesiedelt.
Das Graphische Viertel wurde im Zweiten Weltkrieg bei zwei Bombenangriffen am 4. Dezember 1943 und am 27. Februar 1945 zu mehr als 70 Prozent zerstört.[3] Betroffen waren etwa eintausend Unternehmen. Bei einem Anlagenwert von etwa 216 Millionen Reichsmark betrug der Schaden etwa 162 Millionen Reichsmark. Es verbrannten geschätzt 50 Millionen Bücher, darunter allein 1,5 Millionen Bände des Fockschen Antiquariats.[4]
Das Graphische Viertel wurde nach dem Krieg teilweise wieder aufgebaut, die Bausubstanz in DDR-Zeiten allerdings mehr und mehr vernachlässigt.[5] Nach der Wende kam es zu einer Wiederbelebung des Graphischen Viertels durch Wieder- und Neuansiedlung von Unternehmen sowie durch Sanierungen und Neubauten.
1991 erfolgte die Rückübertragung des Stammhauses von Breitkopf & Härtel an den Verlag, der seitdem als „Breitkopf & Härtel – Wiesbaden, Leipzig, Paris“ firmierte.[6] Von 1996 bis 2016 hatte der Friedrich Hofmeister Musikverlag seinen Hauptsitz im Graphischen Viertel, Edition Peters verlegte seinen Hauptsitz 2014 nach Leipzig.
Von 1993 bis 1995 wurde das Brockhaus-Zentrum erbaut, später der Listbogen[7] und die Gutenberg-Galerie. Das Reclamgebäude wurde saniert und beherbergt heute unter anderem eine Niederlassung der UFA Fiction sowie das Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften. Am 4. Dezember 1993, dem 50. Jahrestag der Zerstörung des Graphischen Viertels, erfolgte an der Stelle des Deutschen Buchhändlerhauses der erste Spatenstich für den Bau des Haus des Buches. Es wurde 1996 eröffnet, seit 2005 befindet sich in ihm das Literaturhaus Leipzig. 2018 wurde gegenüber dem ehemaligen Reclam-Verlagsgebäude das Reclam-Museum eröffnet.[8]
Zum Graphischen Viertel gehören neben Gebäuden des Druck- und Verlagsgewerbes auch weitere Gebäude wie das Schumann-Haus und Villen von Fabrikanten und Verlegern wie die Villa Schröder im Seeburgviertel und die Villa Weber am Marienplatz.
Heute wird meist ein gegenüber dem historischen Bereich kleineres Quartier in Zentrum-Ost als Graphisches Viertel bezeichnet, das auch in Planungen der Stadtverwaltung so genannt wird. Es wird von der Dresdner Straße, der Salomonstraße, der Chopinstraße, der Reudnitzer Straße, der Kohlgartenstraße, der Ranftschen Gasse und der Ludwig-Erhard-Straße begrenzt.[9]
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
Herbert Kästner: „Was Leipzig druckt, sey prächtig schön“. In: Ulla Heise, Nortrud Lippold (Hrsg.): Leipzig zu Fuß. 22 Stadtteilrundgänge. Forum, Leipzig 1990, ISBN 3-87975-543-4, S. 99–112.
Mark Lehmstedt: Von Quandts Hof zum Haus des Buches. In: Herbert Kästner (Red.): Das Haus des Buches in Leipzig. Zu seiner Eröffnung. Kuratorium Haus des Buches, Leipzig 1996.[10]
Sabine Knopf: Spaziergänge durch das Graphische Viertel. In: Sabine Knopf, Volker Titel: Der Leipziger Gutenbergweg. Geschichte und Topographie einer Buchstadt. Sax, Beucha 2001, ISBN 3-934544-04-5, S. 85–125.
Annette Menting: Graphisches Viertel und Seeburgviertel. In: Reclams Städteführer Leipzig. Architektur und Kunst. Reclam, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-15-019259-7, S. 111–119.
↑Lutz Heydick: Leipzig. Historischer Führer zu Stadt und Land. Urania, Leipzig 1990, ISBN 3-332-00337-2, S. 60
↑Karl-Rudolf Böttger: Neues Leipziger Taschenwörterbuch für Einheimische und Fremde. Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 1999, ISBN 3-933240-51-4, S. 72 (Google books).
↑Herbert Kästner: „Was Leipzig druckt, sey prächtig schön“. In: Ulla Heise, Nortrud Lippold (Hrsg.): Leipzig zu Fuß. 22 Stadtteilrundgänge. Forum, Leipzig 1990, ISBN 3-87975-543-4, S. 99, S. 108
↑Herbert Kästner: „Was Leipzig druckt, sey prächtig schön“. In: Ulla Heise, Nortrud Lippold (Hrsg.): Leipzig zu Fuß. 22 Stadtteilrundgänge. Forum, Leipzig 1990, ISBN 3-87975-543-4, S. 108