Er wuchs im baden-württembergischen Freudenstadt auf,[12] besuchte das dortige Kepler-Gymnasium[13] und legte 1997[12] das Abitur ab. Beim Landeswettbewerb Deutsche Sprache und Literatur Baden-Württemberg von 1997 gehörte er zu den Preisträgern.[13]
Ausbildung und akademische Laufbahn
Ab 1998 studierte Tillschneider Islamwissenschaften, Arabistik, Philosophie und Deutsche Literaturgeschichte an den Universitäten in Freiburg im Breisgau und Leipzig sowie 2000/2001[14] in Damaskus und beendete das Studium 2004 als Magister Artium (M.A.). Seine Arbeit Die Entstehung der juristischen Hermeneutik (uṣūl al-fiqh) wurde u. a. im Journal of the American Oriental Society überwiegend positiv aufgenommen.[15] Der Göttinger Islamwissenschaftler Jens Scheiner bemerkte in einer Rezension für Sehepunkte: „Tillschneider ist es gelungen, eine bisher kaum untersuchte Methode der juristischen Hermeneutik, die 'āmm/ḫāṣṣ-Exegese, dem Fachleser auf exzellente Weise näherzubringen und durch seine These, der zufolge diese Exegesemethode entscheidende Anstöße zur Entwicklung der uṣūl al-fiqh gegeben hat, die Forschung zur Entstehung des frühislamischen Rechts ein gutes Stück voranzubringen.“[16]
2005 begann er als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes eine Promotion an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zum Thema Die Offenbarungsanlässe (asbāb an nuzūl) im klassischen und modernen Islam. 2009 wurde er beim Islamwissenschaftler Ulrich Rebstock an der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg zum Dr. phil. promoviert. Die überarbeitete Fassung seiner Dissertation, 2011 erschienen als Monografie, wurde in Fachrezensionen positiv bewertet.[17][18]
Zurzeit ruht seine universitäre Tätigkeit wegen des Landtagsmandats.[21][22]
Weiteres
Tillschneider ist konfessionslos,[12] verheiratet und Vater zweier Kinder.[23] Seit 2015 lebt er in Sachsen-Anhalt.[14]
Am 12. Februar 2020 wurde bekannt, dass seine außerparlamentarischen Aktivitäten ab sofort vom Verfassungsschutz beobachtet werden.[24]
Politische Tätigkeit
Partei
Tillschneider, der 1996[12] der FDP angehörte, ist seit 2013[12] Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD); er gehörte 2014/2015 dem Landesvorstand der AfD Sachsen an.[25][26] Von Seiten der Leipziger AfD-Geschäftsstelle wurden seine Funktionen als „Vorstandsmitglied, Schriftführer, Programmkommission“ ausgewiesen.[27] So trägt er auch Mitverantwortung für das interne Papier „AfD Sachsen – Kernforderungen der AG Familie, Bildung, Hochschule, Wissenschaft“.[28] Darüber hinaus war Tillschneider Gründer des Arbeitskreises Islam.[29] Im September 2015 kandidierte er, mittlerweile in Sachsen-Anhalt aktiv, erfolglos[30] beim Landesparteitag der AfD Sachsen-Anhalt in Güsten für das Amt des Schriftführers[25] und des Beisitzers im Landesvorstand.[31]
Außerdem ist er Mitglied der völkischenPatriotischen Plattform (PP).[32][33][34][35] Die PP wurde maßgeblich von Mitgliedern des sächsischen AfD-Landesverbandes initiiert; Tillschneider tritt öffentlich als „deren Sprecher“ (auch in der Eigendarstellung[12]) in Erscheinung[27] – er gilt als Vorsitzender bzw. Leiter der Vereinigung.[36][37] Der Politikwissenschaftler Hajo Funke bezeichnet die PP als „Kampfverband zur Durchsetzung rechtsradikaler Positionen in der AfD“;[36] Verfassungsschützern verschiedener Bundesländer fiel die PP durch „rechtsextreme Positionen“ ähnlich der der „Identitären Bewegung“ auf.[38] Die Ablehnung des Aufnahmeantrags des Verlegers Götz Kubitschek und dessen Frau Ellen Kositza in die AfD durch den Bundesvorstand wurde von Tillschneider in seiner Funktion als Vorstand der PP öffentlich kritisiert.[39][40]
Tillschneider ist Unterstützer der von Björn Höcke und André Poggenburg initiierten parteiinternen Plattform Der Flügel und dessen Positionspapiers Erfurter Resolution.[41] AfD-Landesvorsitzender Höcke schlug auf dem Kyffhäuser-Treffen des Flügels Tillschneider und Poggenburg für die Wahl des Bundesvorstandes beim Essener Parteitag vor.[42] Tillschneider seinerseits unterstützte 2015 offen die gegen Bernd Lucke gerichtete Kandidatur von Frauke Petry für den Bundesvorsitz.[43]
Im August 2016 wurde er wegen unvereinbarer Äußerungen[44] als PP-Sprecher vom Landesvorstand der AfD Sachsen-Anhalt gerügt.[45]
Im September 2021 wurde er zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD Sachsen-Anhalt gewählt.[46]
Nach seinem Umzug nach Sachsen-Anhalt wurde Tillschneider von der AfD Sachsen-Anhalt bei der Kandidatenaufstellung zur Landtagswahl 2016 auf Listenplatz 10 der Landesliste gewählt[52] und zudem als Direktkandidat seiner Partei im Wahlkreises Bad Dürrenberg-Saalekreis (Wahlkreis 34) aufgestellt. Er zog mit 30,9 Prozent der Erststimmen als Gewinner des Wahlkreises in den Landtag von Sachsen-Anhalt ein.[53] Er ist dort Mitglied des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien und des Ausschusses für Bildung und Kultur.[12]
Im Juni 2017 hielt Tillschneider im Landtag in Magdeburg eine Rede, in der er die Ablösung von Operndirektor Florian Lutz sowie „gediegene, stolze und intelligente Werkinterpretationen […] statt hohler Experimente und statt dümmlicher Willkommenspropaganda“ forderte.[54][55][56]
Von September 2017 bis Ende 2019 unterhielt Tillschneider in Halle ein zweites Abgeordnetenbüro im Haus der Identitären Bewegung, die dort als Kontrakultur Halle auftritt,[57] in der Adam-Kuckhoff-Straße 16 außerhalb seines Wahlkreises. Nach eigenen Angaben war er Untermieter des von ihm mitgegründeten Kampagnennetzwerks Ein Prozent für unser Land, das eng mit den Identitären verbunden ist. Er fühle sich dem Hausprojekt eng verbunden: „Wir brauchen, gerade auch in der Nähe zu den Universitäten, Begegnungsorte einer Gegenkultur zum linksversifften Mainstream.“ Durch das Büro erreichte Tillschneider, dass das vom Verfassungsschutz beobachtete Haus unter Polizeischutz gestellt wurde.[58] Einen Angriff von zwei aus dem Haus kommenden Vermummten mit Pfefferspray auf zwei Zivilpolizisten rechtfertigte Tillschneider laut Mitteldeutscher Zeitung als „Notwehr“.[59] Zuvor seien „betrunkene Linke“ vor dem Haus erschienen und hätten mindestens Beleidigungen gerufen, die Identitären sprachen auch von Würfen mit Flaschen. Die Polizisten gaben an, sich wiederholt ausgewiesen zu haben. Tillschneider – der selbst kein Zeuge war – ließ hingegen verlauten, er gehe nicht davon aus, dass die Angreifer sich wissentlich gegen das Gesetz gestellt hätten, und bedauerte, jeder Fall einer Notwendigkeit, sich gegen einen Angriff verteidigen zu müssen, sei „einer zuviel“.[60]
Seit Anfang des Jahres 2020 beobachtet der Verfassungsschutz Tillschneider mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Diese Überwachung bezieht sich auf außerparlamentarische Aktivitäten, nicht auf die parlamentarische Arbeit.[61]
Ende September 2020 wurde Tillschneider beim Parteitag der AfD Sachsen-Anhalt mit 84 Prozent zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt. Tillschneider äußerte dazu mit Bezug auf seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz, dieses Ergebnis zeige, „wenn hier jemand angegriffen wird, dann wirkt sich das als eine Empfehlung aus“. Weiter sagte er: „Wir, die AfD, sind der einzige Verfassungsschutz in diesem Land.“[62]
Bei der Landtagswahl 2021 zog Tillschneider über Platz 3 der AfD-Landesliste wieder in den Landtag von Sachsen-Anhalt ein.[63]
Tillschneider ist ferner der Pegida-Bewegung verbunden; so nahm er an der Demonstration in Dresden teil und stand nach eigenen Angaben dem Leipziger Ableger, LEGIDA, als Berater zur Verfügung. Tillschneider lobte, so die Politikwissenschaftler Lars Geiges, Stine Marg und Franz Walter, PEGIDA öffentlich und stellte zugleich fest, dass eine Partei fehle, „die den Protest in die Parlamente“ trage.[69] Im Mai 2016 sprach er als erster AfD-Mandatsträger auf einer PEGIDA-Demonstration in Dresden[70] und forderte das Bundesverdienstkreuz für den Pegida-Chef Lutz Bachmann.[71]
Im September 2022 reiste er mit zwei anderen Landtagsabgeordneten der AfD nach Russland und plante auch die russisch besetzten Gebiete der Ukraine im Donbass zu besuchen. Die Reise wurde als Unterstützung der russischen Propaganda im russischen Überfall auf die Ukraine gewertet. Die Bundessprecherin der AfD Alice Weidel betonte, es handle sich um eine „Privatreise“, und nannte das Unternehmen „nicht zielführend“.[74] Die drei Abgeordneten brachen ihre Reise ab und reisten nicht in den Donbass weiter.[75]
Seit Januar 2023 schreibt Tillschneider – nach eigenen Angaben ohne eine Vergütung zu erhalten – eine monatliche Kolumne für die russische Tageszeitung Wedomosti, in der er den Kreml lobt und russische Propaganda wiedergibt.[76][77]
2016 sagte Tillschneider, Völker seien „Gedanken Gottes“, daher habe „niemand […] das Recht, sie bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen. Mit der Globalisierung und der zügellosen Masseneinwanderung erhebt sich der Mensch gegen die Schöpfung.“ Die Publizistin Liane Bednarz bezeichnete dies als „[v]ölkisches Denken im christlichen Gewand“.[80]
Er unterstützt die Frankfurter Erklärung zur Gleichstellungspolitik um Günter Buchholz,[81] die sich gegen die derzeitige Gleichstellungspolitik ausspricht und anmahnt, dass man Gleichstellungspolitik nicht mit Gleichberechtigung verwechseln dürfe.[82] Im Mai 2016 gab er MANNdat, einem Akteur der antifeministischen Männerrechtsbewegung, in einem längeren Interview Auskunft über weitere geschlechterpolitische und familienpolitische Forderungen.[83] In der Bildungspolitik setzt er sich dafür ein, den „Schulzwang“ durch eine „Bildungspflicht“ zu ersetzen, da Schulen eine „sozialistische Idealisierung des Kollektivs“ und Indoktrinierungsgefahr bedeuten würden. Die Alternative sei die Unterrichtung der Kinder durch die Eltern. In öffentlichen Schulen und Kindertagesstätten sieht er auch die Gefahr einer „Frühsexualisierung“ und dass schon bei Grundschulkindern um ein Verständnis für Homo- und Intersexualität geworben würde.[84]
Im Juni 2018 bezeichnete Tillschneider beim Kyffhäusertreffen des Flügels die „deutsche Identität“ als „allumfassend“, sie sei daher „nicht erschöpfend definierbar und feststellbar“. Deutsch sei „alles, was wir mit unseren deutschen Augen sehen“. Es gebe, so Tillschneider, „eine deutsche Art, sich zu kleiden, […] zu kochen, […] zu bauen, […] zu musizieren“. Diese Art unterscheide sich „von allen anderen Völkern“. Laut dem Journalisten Michael Kraske ist dieses Verständnis von Deutschtum „übergriffige Vereinnahmung und Entmündigung“. „Verschiedene Herkünfte und Identitäten mit ganz verschiedenen Lebenswegen und Lebensweisen“ seien darin nicht vorgesehen. Das „nationalistische Kollektiv“ sei „alles, der Einzelne hingegen nichts“.[85]
2018 kritisierte Tillschneider in der neurechten Sezession, dass die AfD-„Parteioberen“ bei der Demonstration am 1. September 2018 in Chemnitz einer Polizeianordnung zur Auflösung des Demonstrationszugs Folge geleistet und „kapituliert“ hätten, und schrieb von „Würdelosigkeit“. Man hätte, so Tillschneider, die Polizei „zwingen [müssen]“, gegen die Demonstranten vorzugehen, „damit sie sich so zur Kenntlichkeit entstellt“, denn ein „Strahl aus dem Wasserwerfer“ bringe „bei Temperaturen um die 18 Grad niemanden um“. Man habe „lange genug den Mund gehalten und die Faust in der Tasche geballt“. Das „Dahinvegetieren dieser Republik“ bis zum Auftreten von AfD und Pegida sei „doch schon ein einziger Schweigemarsch“ gewesen.[86][87]
Eigenem Bekunden nach sympathisiert er mit der Identitären Bewegung und den Burschenschaften, wobei er sich von der Mehrheit der „gleichgeschalteten, linksliberalen Studenten“ abgrenzen möchte. Die AfD wolle, so Tillschneider, das Gleiche wie die Identitäre Bewegung, inhaltlich gebe es keinen Dissens.[89][90] Beim „Identitären Stammtisch“ in Halle (Saale) hielt er einen Vortrag über „Parlament und Straße – gemeinsamer Widerstand.“[91]
Laut dem Journalisten Marcus Bensmann ist Tillschneider ein Anhänger des Konzepts der „multipolaren Weltordnung“, das auch von russischen Nationalisten wie Alexander Dugin propagiert werde und dessen Kennzeichen die Infragestellung universeller Menschenrechte sei. Dementsprechend sollen regionale Mächte in ihrem Einflussgebiet ohne Rücksicht auf diese Menschenrechte über die benachbarten kleineren Länder verfügen können und dürfen. In einem Video erklärte Tillschneider, die „multipolare Weltordnung“ sei „der Gegenbegriff zur unipolaren Weltordnung, zur Weltherrschaft der USA“.[92]
Unter Bezugnahme auf eine Bluttat in Illerkirchberg (Erstechung eines Mädchens; verurteilt wurde später ein Mann aus Eritrea) kommentierte Tillschneider Anfang Dezember 2022 die aufgrund des dringenden Tatverdachts der Planung eines Staatsstreichs erfolgte Razzia bei der Reichsbürger-Gruppierung „Patriotische Union“ in einem Facebook-Video folgendermaßen: „Um die Bürger vollends abzulenken von der Geschichte, zaubert man eine rechtsextreme Reichsbürger-Terror-Gruppe aus dem Hut.“[93]
Muslimfeindlichkeit
Hans-Thomas Tillschneider war in den Jahren 2013 und 2014 dreimal Gastautor der FAZ.[94][95][96] In dem FAZ-Artikel „Nicht ohne die nötige Traditionskritik“[94] kritisiert Tillschneider den Einzug bekenntnisorientierter Lehrstühle für islamische Theologie an deutschen Hochschulen. Die islamische Theologie bezeichnet er als „ein Hätschelkind der Politik“. Im Gegensatz zu den neutralen Islamwissenschaften hätten die Politiker bekenntnisgebundene Lehrstühle für Islamische Theologie und für Islamische Religionspädagogik an deutschen Universitäten eingerichtet, „um die Hinterhofmoscheen auszutrocknen, doch wie es aussieht, kommt nun die Hinterhofmoschee an die Universität.“[97] 2010 hatte er noch einen Aufruf deutscher Islamwissenschaftler zur Einführung islamischer Theologie an deutschen Universitäten unterstützt.[98] Weiter vertritt Tillschneider die Auffassung, der Islam habe sich in den „kranken“ westeuropäischen Gesellschaften „eingenistet“ und „Parallelgesellschaften“ gebildet, „die wie ein Baumpilz am Stamm der deutschen Eiche wuchern“. Ein Einwanderungsgesetz bräuchte es „nur als Gesetz gegen, aber nicht als Gesetz für Einwanderung“.[62]
Der Münsteraner Islamwissenschaftler Marco Schöller, der nach eigenen Worten von einem Standpunkt des „Szenarios der globalisiertenPostmoderne“ ausgeht, befand, dass Tillschneider „einen essenzialistischen Kultur- und Nationalbegriff vertrete, wie er im 19. Jahrhundert von vielen propagiert worden sei und heute als obsolet gelten“ müsse. Es sei interessant, zu sehen, dass Tillschneider mit seiner Idee der Nationalkultur so unkritisch und historisch unreflektiert hantiere, wie er es gerne den muslimischen Theologen im Hinblick auf deren Überzeugungen vorwerfe.[99]
Beispielhaft hierfür sind Aussagen wie „Deutschland den Deutschen!“, das äußerte Tillschneider in einer Rede auf einer Demonstration im September 2017.[100][101]
Patrick Gensing bezeichnet eine Aussage Tillschneiders vor AfD-Mitgliedern 2018, nach der der Islam neben anderen auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland instrumentalisiert werde, „um in Deutschland multikulturelle Verhältnisse herbeizuführen“, „die deutsche Kultur zu schwächen“ und die „Abschaffung unseres Volkes“ herbeizuführen, als antisemitische These einer jüdischen Verschwörung gegen Deutschland.[103][104] Auch Tillschneiders Aussage, die Globalisierung solle „nicht mehr nur ein Projekt der Eliten bleiben, getragen von einer kleinen Schicht internationaler Vagabunden“, und daher solle dieses „internationale Vagabundentum […] nun verbreitert und popularisiert werden, weil es die Säure ist, die unsere Nationalstaaten zerfrißt“, führt Gensing als Beispiel dafür an, „wie die Denk- und Sprachmuster klassischer antisemitischen (sic!)Verschwörungslegenden übernommen werden“.[104]
Unterstützung für Russlands Angriffskrieg
Kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine sagte Tillschneider in einer rechten Talkrunde über den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dieser sei ein „echter Kerl, ein richtiger Mann mit gesundem Wertegerüst“. Den US-Präsidenten Joe Biden nannte er hingegen eine „giftige alte Kröte“.[105]
Eine Tagesschau-Meldung mit dem Titel „Russland greift an“, zu Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine, kommentierte Tillschneider auf Twitter mit den Worten: „Falsch. Russland wehrt sich.“ Diesen Tweet löschte er später.[106][107] In der Lokalpresse wurde Tillschneider daraufhin als „Putin-Versteher“ bezeichnet.[108] Am 28. Februar 2022 sagte Tillschneider auf einer Demonstration in Querfurt: „Wladimir Putin verteidigt russische Interessen, und das ist sein gutes Recht.“[109] Er behauptete ferner: „In diesem Fall gilt, wie so oft in der Geschichte, dass der Angreifer nicht der eigentliche Aggressor ist.“[110] Tillschneider unterschrieb das von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer verfasste Manifest für Frieden, in dem die Aufnahme von Friedensverhandlungen und ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert werden, und nahm Ende Februar 2023 an der entsprechenden Kundgebung „Aufstand für Frieden“ in Berlin teil. Auf einer „Friedensdemo“ des AfD-Landesverbands Sachsen-Anhalt in Magdeburg sagte er, die Bundesregierung habe „dem eigenen Volk den Krieg erklärt“, daher „führen wir Krieg gegen diese Bundesregierung“. Zudem äußerte Tillschneider, Wagenknecht und die AfD trenne weniger voneinander als von CDU, SPD oder Grünen.[111][112] Anfang 2023 gründete Tillschneider zusammen mit dem Herausgeber des rechtsextremen Magazins Compact, Jürgen Elsässer, den Verein Ostwind für „Frieden und Freundschaft mit Russland“. Tillschneider sagte dazu, die USA wollten „uns“ in der Ukraine „als Bauern aufs Schlachtfeld führen“ und das „Regenbogenimperium“ ausbreiten. In Russland herrsche hingegen „eine in der Tradition verwurzelte Lebensweise, die sich mehr und mehr als Gegenentwurf zur traditions-, identitäts- und geschlechtslosen Regenbogengesellschaft des Westens“ begreife. Während die USA „uns […] vom Multikulturalismus bis zum Genderismus nach ihrem Bilde umformen“ wollten, so Tillschneider, sei „mit Russland eine Partnerschaft möglich, die uns sein lässt, wie wir sind. Freundschaft mit Russland bedeutet nicht Unterwerfung, Freundschaft mit Russland bedeutet Befreiung“.[113] In St. Petersburg besuchte Tillschneider Mitte August 2023 die elfte „Moskauer Sicherheitskonferenz“, zu der der Kreml Staaten wie China, den Iran oder Saudi-Arabien eingeladen hatte. In diesem Zusammenhang veröffentlichte er auf der Plattform TikTok ein Video, in dem er betonte, wie „geschmackvoll erleuchtet“ Moskau bei Dunkelheit sei und wie angenehm das Leben in Russland sei, alles sei „sehr sauber“, die Menschen wirkten „ruhig und zufrieden“ und es gehe ihnen gut. Überschrieben war das Video mit den Worten „Glanz, Ordnung, Wohlstand und Sauberkeit“.[105][114] Im März 2024 gehörte er zu den wenigen deutschen Politikern, die Putin zum Wahlsieg gratulierten.[115] Im September 2024 sprach er sich gegen Sanktionen aus.[116]
Antiamerikanismus und Holocaust-Relativierung
Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 sagte Tillschneider in einem Interview mit dem rechten Magazin Freilich, er würde, auch wenn es „natürlich nicht“ beweisbar sei, „die Vermutung wagen, dass die USA über ihre klandestinen Hamas-Kontakte zumindest einen Impuls für den Angriff gegeben haben könnten“. Das sei in seinen Augen „die wahrscheinlichste Erklärung“.[117] Auf seinem TikTok-Kanal sagte Tillschneider, Israel strafe im Gazastreifen „die Palästinenser kollektiv für die Verbrechen der Hamas“. Das sei ein „Verstoß gegen Menschenrecht“. „Genau das Gleiche“ gelte „übrigens für die Deutschen und den Holocaust“; man könne „nicht das ganze deutsche Volk in Verantwortung ziehen für die Verbrechen einiger weniger“.[118]
Schriften (Auswahl)
Monografien
Die Entstehung der juristischen Hermeneutik (uṣūl al-fiqh) im frühen Islam (= Arbeitsmaterialien zum Orient. Bd. 20). Ergon-Verlag, Würzburg 2006, ISBN 978-3-89913-528-2 (zugl. Kurzfassung seiner Magisterarbeit).
Typen historisch-exegetischer Überlieferung: Formen, Funktionen und Genese des asbab an-nuzul-Materials (= Mitteilungen zur Sozial- und Kulturgeschichte der islamischen Welt. Bd. 30). Ergon-Verlag, Würzburg 2011, ISBN 978-3-89913-861-0 (zugl. Dissertation).
mit Christoph Werner, Daniel Zakrzewski: Die Kujuji-Stiftungen in Tabriz: Ein Beitrag Zur Geschichte der Jalayiriden (Edition, Übersetzung, Kommentar) (= Nomaden und Sesshafte. Bd. 16). Reichert Verlag, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-89500-936-5.
Beiträge
Allgemeiner Wortlaut und eingeschränkter Sinn. Die Fundierung der juristischen Hermeneutik (usūl al-fiqh) in der Risāla des Šāfiʿī. In: Asiatische Studien: Zeitschrift der Schweizerischen Asiengesellschaft. Band 59 (2005), S. 907–924.
Die Entstehung des Salafismus aus dem Geiste des sunnitischen Islams. In: Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.): Salafismus in Deutschland. Ursprünge und Gefahren einer islamisch-fundamentalistischen Bewegung. Transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2711-4, S. 125 ff.
↑Parteitag in Dessau-Roßlau: Rechtsaußen-Vertreter Tillschneider neuer AfD-Vize in Sachsen-Anhalt. In: FAZ.NET. ISSN0174-4909 (faz.net [abgerufen am 12. Februar 2022]).
↑Ahmed El Shamsy: Die Entstehung der juristischen Hermeneutik (uṣūl al-fiqh) im frühen Islam. Arbeitsmaterialien zum Orient, 20 by Hans-Thomas Tillschneider. In: Journal of the American Oriental Society, 129 (2009) 3, S. 522–525.
↑Dirk Hartwig: Hans-Thomas Tillschneider: Typen historisch-exegetischer Überlieferung: Formen, Funktionen und Genese des asbāb an-nuzūl-Materials. In: Der Islam 93 (2016) 1, S. 332–346, doi:10.1515/islam-2016-0030.
↑Kai Kollenberg: Parteitag in Zwickau: Familie steht im Zentrum des Wahlkampfes. In: Leipziger Volkszeitung. 3. März 2014, S. 5.
↑ abAlexander Häusler, Rainer Roeser: Die rechten ›Mut‹-Bürger. Entstehung, Entwicklung, Personal & Positionen der »Alternative für Deutschland«. VSA, Hamburg 2015, ISBN 978-3-89965-640-4, S. 104; ders.: Die »Alternative für Deutschland« – eine Antwort auf die rechtspopulistische Lücke? In: Stephan Braun, Alexander Geisler, Martin Gerster (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten: Hintergründe – Analysen – Antworten. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-01983-9, S. 108.
↑Andreas Kemper: Keimzelle der Nation – Teil 2: Wie sich in Europa Parteien und Bewegungen für konservative Familienwerte, gegen Toleranz und Vielfalt und gegen eine progressive Geschlechterpolitik radikalisieren. Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Politik und Gesellschaft, Berlin 2014, S. 49.
↑vgl. Oskar Niedermayer: Eine neue Konkurrentin im Parteiensystem? Die Alternative für Deutschland. In: Ders. (Hrsg.): Die Parteien nach der Bundestagswahl 2013. Springer, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-02852-7. S. 175–207, hier: S. 204; Alexander Häusler: Die AfD. Partei des rechten Wutbürgertums am Scheideweg (= Expertisen für Demokratie. 1/2015). Friedrich-Ebert-Stiftung, FORUM BERLIN, Berlin 2015, ISBN 978-3-95861-163-4, S. 7; Gudrun Hentges: Sarrazins Erben: Ressentiments von PEGIDA und AfD finden sich schon beim Ex-Finanzsenator. In: ROSALUX. Journal der Rosa Luxemburg Stiftung. Ausgabe 1/2015, 20 f.; Alexander Hensel, Lars Geiges, Robert Pausch, Julika Förster: Die AfD vor den Landtagswahlen 2016. Programme, Profile und Potenziale (= OBS-Arbeitspapier. 20). Ein Projekt der Otto Brenner Stiftung, Frankfurt am Main 2016, S. 14.
↑Siehe auch: „Patriotischen Plattform, die durch ultrarechte stark ins Völkische abdriftende Positionen und vor allem durch Islamhass auffällt“ bei Michael Lühmann: Meinungskampf von rechts Über Ideologie, Programmatik und Netzwerke konservativer Christen, neurechter Medien und der AfD. Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Dresden 2016, ISBN 978-3-946541-02-8, S. 24.
↑Deutschland: Bericht: Verfassungsschutz nimmt „Patriotische Plattform“ in der AfD ins Visier. In: Die Zeit. 2. Juni 2017, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 14. August 2017]).
↑Alexander Häusler, Rainer Roeser: „Erfurt ist schön deutsch – und schön deutsch soll Erfurt bleiben!“ Das politische Erscheinungsbild der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Thüringen. Hrsg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Thüringen, Erfurt 2015, ISBN 978-3-95861-322-5, S. 38.
↑Gudrun Hentges: Sarrazins Erben: Ressentiments von PEGIDA und AfD finden sich schon beim Ex-Finanzsenator. In: ROSALUX. Journal der Rosa Luxemburg Stiftung. Ausgabe 1/2015, 20 f.
↑Andreas Kemper: „… die neurotische Phase überwinden, in der wir uns seit siebzig Jahren befinden“. Die Differenz von Konservativismus und Faschismus am Beispiel der „historischen Mission“ Björn Höckes (AfD). Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen, Jena 2015, S. 44 (PDF (Memento vom 6. November 2015 im Internet Archive)).
↑Sebastian Haak: „Erfurter Resolution“ heizt Flügelstreit in AfD an. In: Freie Presse. 16. März 2015, S. 4.
↑Parteitag in Dessau-Roßlau: Rechtsaußen-Vertreter Tillschneider neuer AfD-Vize in Sachsen-Anhalt. In: FAZ.NET. ISSN0174-4909 (faz.net [abgerufen am 12. Februar 2022]).
↑Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen (Hrsg.): Bundestagswahl am 22. September 2013. Ergebnisse und Analysen. Leipzig 2013, S. 7.
↑Jürgen Kochinke, Kai Kollenberg: Die Europawahl am 25. Mai: Der Einfluss des Freistaats im EU-Parlament könnte schwinden. In: Leipziger Volkszeitung. 12. Mai 2014, S. 4.
↑Anna-Lena Herkenhoff: Neurechte Netzwerke und die Initiative »Ein Prozent für unser Land«. In: Alexander Häusler, Fabian Virchow (Hrsg.): Neue soziale Bewegung von rechts? Zukunftsängste. Abstieg der Mitte. Ressentiments – Eine Flugschrift. VSA, Hamburg 2016, ISBN 978-3-89965-711-1, S. 73–83, hier: S. 73.
↑Alexander Häusler, Rainer Roeser: „Erfurt ist schön deutsch – und schön deutsch soll Erfurt bleiben!“ Das politische Erscheinungsbild der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Thüringen. Hrsg. durch die Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Thüringen, Erfurt 2015, ISBN 978-3-95861-322-5, S. 60.
↑Andreas Kemper: Antiemanzipatorische Netzwerke und die Geschlechter- und Familienpolitik der Alternative für Deutschland. In: Alexander Häusler (Hrsg.): Die Alternative für Deutschland. Programmatik, Entwicklung und politische Verortung. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-10638-6, S. 81–97, hier: S. 93.
↑Liane Bednarz: Die Angst-Prediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern. Droemer, München 2018, S. 40
↑[1], Frankfurter Erklärung, veröffentlicht am 28. April 2019.
↑Michael Kraske: Tatworte. Denn AfD & Co. meinen, was sie sagen. Ullstein, Berlin 2021, ISBN 978-3-548-06442-0, S. 77 f.
↑Steffen Kailitz: „Sachsen – eine Hochburg der AfD? Entwicklung, Perspektiven und Einordnung der Bundespartei und des sächsischen Landesverbandes.“ In: Uwe Backes/Steffen Kailitz (Hrsg.): Sachsen – Eine Hochburg des Rechtsextremismus? Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2020, S. 195
↑Katja Bauer, Maria Fiedler: Die Methode AfD. Der Kampf der Rechten: Im Parlament, auf der Straße – und gegen sich selbst. Klett-Cotta, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-608-98412-5, S. 64
↑Marcus Bensmann: „Wie die AfD zu einer Partei des Kremls wurde.“ In: Matthias Quent, Fabian Virchow (Hrsg.): Rechtsextrem, das neue Normal? Die AfD zwischen Verbot und Machtübernahme. Piper, München 2024, S. 135–145, hier 139 f.
↑andre, anna, Markus Reuter: Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD 2019. In: siehe Textstelle mit dortigem Beleg Nr. 275. 28. Januar 2019, abgerufen am 6. November 2024 (deutsch).