Justin Sonder begann nach dem Schulabschluss 1941 eine Lehre als Koch. Er wurde im selben Jahr zur Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb verpflichtet. Am 27. Februar 1943 wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft polizeilich festgenommen. Er kam zuerst in das Judenlager Hellerberg und wurde am 3. März von Dresden aus nach Auschwitz überführt, wo er an der Rampe für das KZ Auschwitz III Monowitz selektiert wurde. Sonder erhielt die Häftlingsnummer 105027 eintätowiert. Insgesamt überlebte er in Auschwitz 17 Selektionen.[1] Kurz vor Befreiung von Auschwitz wurde er am 18. Januar 1945 nach Gleiwitz auf einen Todesmarsch geschickt und schließlich auf offenen Kohlewaggons mit weiteren 7000 Häftlingen deportiert. Er kam am 26. Januar 1945 im KZ Flossenbürg an, wurde von dort aus am 16. April 1945 auf einen weiteren Todesmarsch in Richtung KZ Dachau geschickt und letztlich am 23. April 1945 nahe Wetterfeld von US-amerikanischen Soldaten befreit. Er war einer der wenigen Überlebenden von Auschwitz und der Todesmärsche von Flossenbürg. Wenige Hundert Meter davon wurden auch 597 Ermordete des Todesmarsches begraben.[2] Durch Zufall traf er kurze Zeit später seinen Vater Leo Sonder in Hof wieder. Seine Mutter Cäcilie wurde wie 21 andere Verwandte im Holocaust ermordet.[2]
Karriere bei der Kriminalpolizei
Nachdem Sonder am 19. Juni 1945 nach Chemnitz zurückgekehrt war, schlug er eine Laufbahn in der sächsischen Landespolizei ein. Bereits im Oktober 1945 war er Revierschutzmann auf Prüfung und wurde danach Wachtmeister in Chemnitz. 1947 wurde er in den Kriminaldienst übernommen, 1952 Leiter eines Kommissariates und war von 1956 bis 1985 Dezernatsleiter für schwere Verbrechen.[3]
Sonder war verheiratet und hatte eine Tochter und zwei Söhne.[5] Er verstarb wenige Tage nach seinem 95. Geburtstag in einer Chemnitzer Pflegeeinrichtung.[6][7]
Ehrungen
2008: Ehrenpreis des Chemnitzer Friedenspreises[8]
Margitta Zellmer: Chemnitz – Auschwitz und zurück: aus dem Leben von Justin Sonder. Klinke e. V. Chemnitz, Chemnitz 2013, DNB1128077868.
Klaus Müller, Justin Sonder: 105027 Monowitz – Ich will leben! Von Chemnitz nach Auschwitz – über Bayern zurück. Nora Verlag, 2013, ISBN 978-3-86557-321-6.
Beiträge
Enrico Hilbert: Seine Beobachtungsgabe und Neugier retteten ihn. Der Auschwitz-Überlebende Justin Sonder wird heute Ehrenbürger der Stadt Chemnitz. In: Neues Deutschland, 21. April 2017, S. 16.
Marianne Schultz: Nur einmal hat er geweint. In: Freie Presse, 27. Januar 2014, S. 11.
↑Hendrik Lasch: Die Erwartungen eines Überlebenden. Von Chemnitz nach Auschwitz und zurück: Justin Sonder ist im Alter von 95 Jahren gestorben. In: nd. „Der Tag“ vom 12. November 2020, S. 12