Indien forscht und entwickelt nebst Russland (BN-Reaktor) an der Technologie der schnellen Brutreaktoren. Der Prototype Fast Breeder Reactor (PFBR) ist für Ende 2022 geplant.
Politische Zusammenarbeit
Indien hat zur friedlichen Nutzung der Kernenergie Zusammenarbeit und Partnerschaften mit Russland,[9][10] der Europäischen Union[11] und Kanada[12] vereinbart.
Forschung und Institute (Auswahl)
Indien hat über 1657 Institute und Universitäten.[13] Die folgende Auswahl legt den Fokus auf Ausbildung und Forschung in der Kernphysik, Kernchemie, Kernenergie usw., siehe auch das indische Ranking National Institutional Ranking Framework, herausgegeben durch das Ministry of Education.
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Geschichte
Die ersten Kenntnisse über den Bau von Kernkraftwerken und auch Nuklearwaffen erwarben sich indische Nuklearphysiker und -techniker über den Technologietransfer aus Kanada und den Vereinigten Staaten. Im Jahr 1956 wurde durch Kanada ein erster experimenteller Reaktor zur zivilen Nutzung nach Indien geliefert. Der seit 1960 „kritische“ Reaktor lieferte in den folgenden Jahren auch das für den Bau der Atombombe benötigte Plutonium. Mit dem Bau des ersten Kernkraftwerks bei Rawatbata in Rajasthan wurde 1964 mit kanadischer Unterstützung begonnen. Kanada und die Vereinigten Staaten beendeten jedoch die Zusammenarbeit mit Indien auf dem Gebiet der Atomenergie nach der Explosion der ersten indischen Atombombe im Mai 1974.[15]
Die militärisch-nuklearen Aktivitäten Indiens sind unmittelbar mit seinem Nachbarland Pakistan verknüpft.[16][17] Beide Länder verfügen über Kernwaffen und U‑Boot-gestützte Trägersysteme.[18]
Indien führte zwei Kernwaffentests durch, den ersten 1974 unter Indira Gandhi, den zweiten im Mai 1998 unter Atal Bihari Vajpayee. Als Reaktion auf die erste von einem bis dahin Nicht-Kernwaffenstaat Indien entwickelte und gezündete Atombombe wurde die Gruppe der Kernmaterial-Lieferländer gegründet,[20] die sich dem Thema Proliferation von Anlagen, Geräten und Material gegen den möglichen Bau von Kernwaffen einsetzt.
Die Atomtests im Mai 1998 wurden zwar stets mit dem Verweis auf die chinesische Bedrohung gerechtfertigt (siehe Indisch-Chinesischer Grenzkrieg), jedoch vertreten einige die Ansicht, dass Indien mit den Tests auch eine internationale Statusaufwertung verfolgt und versucht, eine Gleichrangigkeit mit China zu untermauern.[21] Alle Tests fanden als unterirdische Tests auf dem Versuchsgelände von Pokhran in der Wüste Thar in Rajasthan statt.[19]
Auf dem Versuchsgelände Chandipur im indischen Bundesland Orissa wurde am Samstag, den 25. August 2012 eine taktische Rakete mit einer Reichweite von 350 km gestartet. Sie erreichte ihr Ziel im Golf von Bengalen mit einer Genauigkeit von unter 10 Metern. Es handelte sich um den ersten erfolgreichen Test mit voller Nutzlast, allerdings ohne Sprengsatz. Die Rakete des Typs Prithvi-II kann mit einem atomaren Sprengsatz bis 500 kg ausgerüstet, leicht über größere Entfernungen transportiert und vom Fahrzeug aus abgeschossen werden. So hat BrahMos, ein überschallschneller Flugkörper, der gemeinsam von russischen und indischen Unternehmen entwickelt wurde, ein Startgewicht von 3000 kg und eine Reichweite bis 300 km. Das Prithvi-Raketenprogramm wird seit 1983 von der indischen Regierung entwickelt. Taktische Raketen sind Angriffs- und Verteidigungswaffen, die auf dem Land nur die unmittelbaren Nachbarstaaten bedrohen.
Waffensysteme
Indien verfügt mit Agni über ein System selbst entwickelter Raketen mit einer Reichweite von 700 bis 10.000 Kilometern, die auch mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können. 2012 standen den strategischen Streitkräften (Strategic Forces Command) 84 Nuklearsprengköpfe auf Agni-Raketen zur Verfügung. 2021 wurde der Bestand der Sprengköpfe auf 160 beziffert.[22] Bis heute hat Indien den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet, verzichtet jedoch laut seiner Nukleardoktrin auf den nuklearen Erstschlag.
Kritik
Proteste
Ab März 2012 kam es zu Protesten gegen das Kernkraftwerk Kudankulam. Im August fand die erste öffentliche Anhörung zum Atomprogramm statt, während zugleich die Demonstrationen zunahmen, wobei sich schließlich rund 25.000 Menschen an der Südküste versammelten.[23] Dies verzögerte den Ausbau erheblich, sodass Anfang 2015 kein weiterer Fortschritt erkennbar war. Da Indien den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, sind zahlreiche Länder bei der Beteiligung an der Konstruktion sehr zurückhaltend.
Atomwaffensperrvertrag
Indien gehört zu den wenigen Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben.
Literatur
Fachartikel oder Kapitel
Rajinder Singh, Falk Rieß: Von der Kronkolonie zur Atommacht. In: Physik Journal. Band9, Nr.11, 2010 (pro-physik.de).
A K NAYAK: Nuclear Power Programme in India—Past, Present and Future. In: Sadhana. Band38, Nr.5, Oktober 2013, S.773–774, doi:10.1007/s12046-013-0176-7 (englisch).
Michael Nacht, Michael Frank, Stanley Prussin: The Second Nuclear Age (1992–Present). In: Nuclear Security. Springer International Publishing, Cham 2021, ISBN 978-3-03075084-8, S.213–263, doi:10.1007/978-3-030-75085-5_5 (englisch).
Harsh V. Pant, Akshay Ranade: India’s National Security Challenges and the State Response. In: Michael Clarke, Adam Henschke, Matthew Sussex, Tim Legrand (Hrsg.): The Palgrave Handbook of National Security. Springer International Publishing, Cham 2022, ISBN 978-3-03053493-6, S.187–218, doi:10.1007/978-3-030-53494-3_9 (englisch).
G Vaidyanathan, R D Kale: India’s nuclear power program: a critical review. In: Sādhanā. Band47, Nr.3, 30. August 2022, S.181, doi:10.1007/s12046-022-01953-9 (englisch).
Fachbücher
George Perkovich: India’s nuclear bomb: the impact on global proliferation. University of California Press, Berkeley 1999, ISBN 978-0-520-21772-0 (englisch, archive.org).
Taraknath V.K. Woddi, William S. Charlton, Paul Nelson: India’s Nuclear Fuel Cycle: Unraveling the Impact of the U.S.-India Nuclear Accord (= Synthesis Lectures on Nuclear Technology and Society). Springer International Publishing, Cham 2009, ISBN 978-3-03101361-4, doi:10.1007/978-3-031-02489-4 (englisch).
↑M. V. Ramana: Heavy Subsidies in Heavy Water: Economics of Nuclear Power in India. In: Economic and Political Weekly. Band42, Nr.34, 2007, ISSN0012-9976, S.3483–3490, JSTOR:4419943 (englisch).
↑Jens Heinrich: Nukes Under Water. U-Boot-gestützte Kernwaffen in Indien und Pakistan zwischen Stabilität und Instabilität. In: Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik. Band15, Nr.4, Dezember 2022, ISSN1866-2188, S.387–413, doi:10.1007/s12399-022-00920-w (springer.com [abgerufen am 6. August 2023]).
↑Hasnain Kazim: Start und Test von Atomrakete: Indien führt im Wettrüsten mit China. In: Der Spiegel. 19. April 2012, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. August 2023]).