Das den hll. Peter und Paul sowie Mariä Geburt geweihte Chorherrenstift wurde 1073 durch Herzog Welf I. von Baiern auf Wunsch des Bischofs Altmann von Passau gegründet, der für das Rottenbucher Stift die Augustinusregel einführte. Vermutlich lebten schon seit etwa 950 Einsiedler im Gebiet von „Raitenbuech“, die untereinander einen klosterähnlichen Verbund bildeten. Erste Chorherren kamen aus dem Passauer Stift St. Nikola. 1085 begannen die Chorherren mit dem Bau der romanischenStiftskirche. Diese wurde später im gotischen Stil erweitert und Mitte des 18. Jahrhunderts von dem Wessobrunner StuckateurJoseph Schmuzer im Rokokostil ausgeschmückt. In der Folgezeit nahm das Stift Rottenbuch eine führende Rolle ein. Der Stiftspropst war bis zur Auflösung des Klosters 1803 Archidiakon für den Ammergau und Werdenfels.[2] Als Mutterstift der Augustinerchorherren in Altbayern war das Stift Rottenbuch im 11. Jahrhundert führend in der Kanonikerreform.[3] Einer der Rottenbucher Augustiner-Chorherren war Eberwin, der von etwa 1100 bis zu seinem Tod 1142 der erste Propst des Stifts Berchtesgaden und auch erster Propst des Stifts Baumburg, so dass Stift Rottenbuch Mutterkloster beider Stifte war.[4] Zum Wirkungsbereich der Rottenbucher Augustinerchorherren gehörte u. a. die Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt auf dem Hohen Peißenberg. Daneben bestand von 1120 bis 1272 in Rottenbuch auch ein Kanonissenstift. Danach siedelten die Kanonissen nach St. Laurentius in Benediktbeuern um und lebten dort nach der Benediktinerregel.[5] Zwischen 1750 und 1770 wurde die Klosteranlage neu errichtet.[2]
Das Stift wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst und die Klosteranlage verkauft. Die Stiftskirche und ein Teil der Stiftsanlage blieben erhalten. Die Stiftsbibliothek wurde weitgehend in die Münchner Residenz verbracht, verkauft und gelangte zu einem großen Teil in die Papiermühle.[2] Wer für den Abbruch der meisten Stiftsgebäude verantwortlich ist, ist umstritten. 1804–1813 gehörte das Klostergut dem Schweizer Seidenbandfabrikanten Johann Rudolf Meyer aus Aarau, danach dessen Sohn gleichnamigem Sohn, der es 1816 dem Königreich Bayern verkaufte.[6]
1960 übernahmen Don Bosco Schwestern die erhaltenen Gebäude und bauten sie für ihr Projekt „Heim Maria Auxilium“ bis 1963 um, das zunächst als Ferienlager genutzt wurde. 1969 wurden erste Wohnungen für Behinderte geschaffen. Diese Ausrichtung wurde im Anschluss vertieft durch die Einrichtung des heutigen Förderzentrums für geistige Entwicklung (1973–1975) und die Erweiterung um eine heilpädagogische Tagesstätte sowie ein Internat für geistig behinderte Kinder und Jugendliche.[7]
Einige Gebäude dienen heute als Wohngebäude, eines enthält das Rottenbucher Rathaus und ein weiteres die Grundschule und das Dorfmuseum.
Am 1. September 2010 erwarb die Regens-Wagner-Stiftung Dillingen das Heim Maria Auxilium und betreibt die Einrichtungen seitdem. Die Don Bosco Schwestern zogen in das benachbarte neu renovierte sogenannte „Schloss“.[8]
In der Nacht zum 19. September 2018 wurde das ehemalige Brauhaus des Klosters bei einem Brand des Dachstuhls schwer beschädigt.[9] Die Staatsanwaltschaft ging von fahrlässiger Brandstiftung aus, stellte das Verfahren jedoch mangels einem Verdächtigen ein.[10]
Ehemalige Stiftskirche
Die ehemalige Stiftskirche Märia Geburt dient seit der Säkularisation 1803 als Pfarrkirche von Rottenbuch.
Herculan Schwaiger, 1798–1803, † 28. März 1830[13]
Literatur
Heinrich Wietlisbach: Album Rottenbuchense. Verzeichnis aller Pröpste und Religiosen des Regular-Augustinerstiftes Rottenbuch. München 1902.
Jakob Mois: Die Stiftskirche zu Rottenbuch. München 1953.
Jakob Mois: Das Stift Rottenbuch in der Kirchenreform des XI.–XII. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Ordens-Geschichte der Augustiner-Chorherren. München 1953. (Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 19 ISSN0341-8456.)
Hans Pörnbacher (Hrsg.): Rottenbuch. Das Augustinerchorherrenstift im Ammerland. Weißenhorn 1980.
Hans Pörnbacher: Das Kloster Rottenbuch zwischen Barock und Aufklärung. München 1999.
↑Michael Hartig: Die oberbayerischen Stifte, Band I: Die Benediktiner-, Cisterzienser- und Augustiner-Chorherrenstifte. Verlag vorm. G. J. Manz, München 1935, DNB560552157, S. 142 f.
↑Heinrich Wietlisbach: Album Rottenbuchense. Verzeichnis aller Pröpste und Religiosen des Regular-Augustinerstiftes Rottenbuch, welche seit der Stiftung bis nach der Aufhebung verstorben sind. Seyfried Verlag, München 1902, S. 15–34
↑Franz Besnard: Literaturzeitung für die katholische Geistlichkeit, 25. Jahrgang: Dritter Band: Juli, August, September. Druck und Verlag von Joseph Thomannn, Landshut 1834, S. 128.