Max H. Berling (ursprünglich Max Henry Berliner) (* 1905 in Moskau; † 1999 in Osnabrück) war ein deutscher Architekt, der ab den 1940er Jahren überwiegend im Raum Osnabrück tätig war. Seine vor 1933 realisierten Bauten sind der Klassischen Moderne zuzuordnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Berling vor allem mit dem Wiederaufbau und Neubau von Kirchen beschäftigt.
Mit 17 Jahren machte Max Berliner bereits sein Abitur, dann studierte er ab 1922 an der Technischen Hochschule Berlin Architektur. Er wohnte einige Zeit im Haus des Architekten Alfred Breslauer (Rheinbabenallee 29–31 in Berlin-Dahlem, heute Berlin-Schmargendorf),[1] der für ihn zu einem wichtigen Mentor wurde. Auf Breslauers Zuraten gelang es ihm, im Hauptstudium in das Entwurfsseminar von Hans Poelzig aufgenommen zu werden, der erst kurz zuvor an die Technische Hochschule berufen worden war.[2] Er wurde Mitglied der von seinem Kommilitonen Hermann Zweigenthal initiierten Gruppe Junger Architekten (G.J.A.).[3] Nach acht Semestern legte Berling die Diplom-Hauptprüfung ab.[4]
Nach dem erfolgreichen Studienabschluss an der Technischen Hochschule wollte er weiter bei Poelzig arbeiten. Da Poelzig gleichzeitig auch als Professor an der Berliner Kunstakademie lehrte, schrieb Berling sich dort ein, um als Meisterschüler in Poelzigs privatem Atelier in Potsdam-Wildpark arbeiten zu können.[2] Poelzig setzte seine Mitarbeiter hauptsächlich für die Ausarbeitung von Wettbewerbsentwürfen ein, oder sie konnten sich praktische Erfahrungen bei der Ausführung von Projekten aneignen. So übertrug er Max Berliner 1927 die Fertigstellung eines Hauses in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart. Die größte Aufgabe dieser Zeit war die Mitwirkung am Haus des Rundfunks, wo Berliner Poelzigs erster Stellvertreter war. In Poelzigs Büro waren weitere junge Architekten angestellt, darunter Karl Otto, Kurt Liebknecht, Fritz Rechenberg[2] und Asta Stromberg (1908–2006). Stromberg wurde bald darauf seine Ehefrau. Um 1929 änderte Max Berliner seinen Nachnamen in Berling.[5]
Mit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten zogen Asta und Max Berling aus Berlin weg. 1934 kam ihr Sohn Peter zur Welt, der später Grafiker, Regisseur, Schauspieler und Schriftsteller wurde.[6] Nach und nach wurden weitere drei Töchter und ein Sohn geboren, aber die Ehe ging in die Brüche. Asta Berling zog mit den später geborenen Kindern in die Schweiz ins Emmental. Dort eröffnete sie ein eigenes Architekturbüro.
Max Berling dagegen wählte für sich und seinen Sohn Peter 1938 als neuen Wohnort Osnabrück und gründete hier später ebenfalls ein eigenes Architekturbüro. Er beschäftigte je nach Auftragslage einige technische Zeichner, Bauleiter oder Architekturstudenten. Er galt als arbeitsbesessen, streng und penibel. Im oberen Stockwerk seines Wohnhauses in der Friedrichstraße hatte er sein Büro eingerichtet.[4]
1947 bis 1955 arbeitete er in Gemeinschaft mit Karl Otto, den er bereits in Poelzigs Atelier kennengelernt hatte.
Stil
Die Berlingschen Architekturentwürfe entstanden zunächst unter dem Einfluss seines Mentors Alfred Breslauer. Während seiner Mitarbeit im Atelier von Hans Poelzig wandte er sich bedingungslos der modernen Architektur zu. Später sind dabei auch Anklänge an Ludwig Mies van der Rohe, Walter Gropius oder Le Corbusier feststellbar. Aufgrund seiner ansprechenden Entwürfe und der Spezialisierung war Max Berling auf den Baustellen häufig „künstlerischer Oberbaumeister“.[8]
In Osnabrück wandte sich Max Berling der Gotik zu und trug sich mit geeigneten Entwürfen vor allem für Kirchengebäude. Unmittelbar nach dem Ende des Krieges erhielt er einen großen Auftrag zum Wiederaufbau der zerstörten Marienkirche in Osnabrück, der 1950 abgeschlossen werden konnte.[9]
Bauten und Tätigkeiten (Auswahl)
Als Mitarbeiter von Hans Poelzig
1927: Haus in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart (Werkbund-Ausstellung „Die Wohnung“)
Im Rahmen dieser Tätigkeit soll Berling auch mit Le Corbusier zusammengearbeitet haben.[4]
1952: evangelisch-lutherische Nazarethkirche in Rühlertwist[15]
1952–1954: evangelisch-lutherische Friedenskirche in Emlichheim, Grafschaft Bentheim (Holzkirche; mit einem nach Entwurf seines Sohnes Peter Berling angefertigten 14 Meter hohen Altarfenster)[4][16]
bis 1959: evangelisch-lutherische Timotheus-Kirche im Osnabrücker Stadtteil Widukindland (mit schlankem Glockenturm und achteckigem Zentralraum; siehe Einleitungsbild)[17]
↑Rudolf Stegers: Hermann Herrey – Werk und Leben 1904–1968. Birkhäuser, Basel 2018, ISBN 978-3-0356-1323-0, S. 29.
↑ abcdePeter Berling: Hazard und Lieblos. Kaleidoskop eines Lebens. Hoffmann und Kampe, 2011. (Textausschnitt bei Google Bücher, abgerufen am 1. März 2013)
↑Peter Niebaum: Hans Calmeyer. Ein „anderer Deutscher“ im 20. Jahrhundert. Frank & Timme Verlag für Wissenschaftliche Literatur, 2011, ISBN 978-3-86596-376-5, S. 44. (Textausschnitt bei Google Bücher, abgerufen am 1. März 2013)
↑Hans-Stefan Bolz: Hans Poelzig und der „neuzeitliche Fabrikbau“. Industriebauten 1906–1934. (2 Bände) Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn 2008. urn:nbn:de:hbz:5-16153, Band 1, S. 236 ff.