Mylau erstreckt sich über Höhenlagen zwischen 290 und 370 m ü. NN. in den Tälern der Göltzsch und des aus Richtung Reichenbach kommenden Raumbaches. Letzterer ist bei der Bevölkerung vor allem unter der Bezeichnung Seifenbach bekannt, weil sich im 19. Jahrhundert an dessen Bachlauf im Heinsdorfergrund und Reichenbach Textilfärbereien befanden. Der Ort liegt im Osten des Naturraumes Vogtland im sächsischen Teil des historischen Vogtlands. Im äußersten Nordwesten grenzt die Ortsflur an das thüringische Vogtland.
Zu Beginn des 12. Jahrhunderts bezeichnete der Name „milin“ ein nordvogtländisches Herrschaftsgebiet. Die auf einem Bergsporn errichtete Burg Mylau wurde wahrscheinlich um 1180 im Zuge der deutschen Ostkolonisation unter Kaiser Barbarossa als Herrschaftssitz im Tal der Göltzsch errichtet. Sie sicherte die vorwiegend von fränkischen Siedlern getragene Erschließung des bisher von Slawen dünn besiedelten Umlandes. Die auf der Burg sitzenden Herren von Milin wurden erstmals 1214 genannt. Um 1271 bezeichnete „Milin“ den Bachlauf des Milinbachs (heute als Raumbach bekannt) und um 1323 den Castrum (Burg) genannten Mittelpunkt der Herrschaft Mylau. Im 15. Jahrhundert wird der Name auch für das 1431 bezeugte Dorf Obermylau und 1454 für das Städtchen (Nieder-)Mylau am Fuße der Burg genutzt. Kaiser Karl IV. erzwang 1367 im Ergebnis des Vogtländischen Krieges den Verkauf der Burg an die böhmische Krone. Bei einem Besuch der Burg verlieh er der darunter liegenden, im 13. Jahrhundert entstandenen, Siedlung Mylau ebenfalls 1367 das Stadtrecht. Auf der Burg richtete er ein königlich-böhmisches Amt ein, zu dem neben Mylau noch die Städte Reichenbach, Netzschkau und Lengenfeld samt umliegender Dörfer gehörten. Im Jahr 1422 verpfändete Karls Sohn Sigismund die Burg Mylau als Dank für die in den Hussitenkriegen geleisteten Dienste an die Kurfürsten von Sachsen. 1482 gelangte die Herrschaft Mylau im Vertrag zu Brüx an Kursachsen.[1] Mit Ausnahme der Jahre zwischen 1547 und 1569 (burggräfliches Vogtland) blieb die Burg Mylau bei Sachsen.
Die Grundherrschaft über die kleine Stadt Mylau lag bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts beim RittergutMylau, zu dem auch das Vorwerk Obermylau gehörte. Nachdem Carol Bose im Jahr 1636 die Patrimonialgerichtsbarkeit über Mylau erhalten hatte, entwickelte sich der bis dahin unbedeutende Ort zu einem Weberstädtchen. Die Stadt wuchs von 24 Häusern im Jahr 1650 auf 92 im Jahr 1699 und 163 im Jahr 1748. Seit 1654 bestand eine Weberinnung im Ort. Die Ansiedlung von Handwebereien waren im 19. Jahrhundert die Voraussetzung für die nicht unerhebliche Entwicklung der Textilindustrie. Im Jahr 1849 hatte Mylau mit 72 % der Bevölkerung den höchsten Anteil an Handwebern bezüglich der Gesamtbevölkerung von allen Städten im Vogtland. Nachdem die Burg Mylau im Jahr 1772 als Adelssitz aufgegeben worden war, gelangte sie in bürgerlichen Besitz. Von 1808 bis 1828 betrieb dort der Spinnereibesitzer Christian Gotthelf Brückner die erste Fabrik des nördlichen Vogtlandes. Nach jahrelangem Leerstand fand die Kattun- und Wolldruckerei Baust von 1868 bis 1894 ihr Domizil in der Burg, wozu sie mehrmals umgebaut wurde. Die Aufstellung des ersten mechanischen Webstuhls im Jahr 1863 bedeutete einen enormen Aufschwung der Mylauer Textilindustrie. Im Jahr 1889 waren in der Stadt 1734 Webstühle in Betrieb.
Nach dem Stadtbrand von 1855 erhielt Mylau einen Marktplatz, im Jahr 1889 einen Stadtpark und 1895 ein Freibad. Da sich auf der kleinen Stadtflur wenig Möglichkeit zur Ansiedlung von Industriebetrieben bot, erwarb die Stadt Mylau im Jahr 1892 das Rittergut Mylau mit der Burg Mylau und den dazugehörigen Ländereien von 332 Hektar. 1894 entstand auf deren Besitzungen im Göltzschtal südlich der Stadt an der Schotenmühle bei Schneidenbach ein Wasserkraftwerk zur Energiegewinnung. Es war bis 1976 in Betrieb.[4][5] Obwohl mit der Eröffnung der Göltzschtalbrücke (zwischen 1846 und 1851 erbaut) bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts Bahngleise über Mylauer Flur führten, erhielt die Stadt erst mit der Eröffnung der Bahnstrecke Reichenbach–Göltzschtalbrücke im Jahr 1895 Eisenbahnanschluss in Richtung Reichenbach, seit 1905 auch über die Bahnstrecke Lengenfeld–Göltzschtalbrücke nach Lengenfeld. Teile der Mylauer Burg wurden seit 1893 als Museum und seit 1895/96 als Rathaus genutzt.
Durch die zweite Kreisreform in der DDR kam die Stadt Mylau im Jahr 1952 zum Kreis Reichenbach im Bezirk Chemnitz (1953 in Bezirk Karl-Marx-Stadt umbenannt), der ab 1990 als sächsischer Landkreis Reichenbach fortgeführt wurde und 1996 im Vogtlandkreis aufging. Im Jahr 1995 zog das Rathaus der Stadt Mylau von der Burg in das Stadthaus um. Am 1. Januar 1996 erfolgte die Eingemeindung von Obermylau in die Stadt Mylau.[6] Durch die Fusion der Städte Mylau und Reichenbach im Vogtland zur neuen Stadt Reichenbach im Vogtland sind Mylau und Obermylau seit dem 1. Januar 2016 Ortsteile der Großen Kreisstadt Reichenbach im Vogtland.[7][8]
Entwicklung der Einwohnerzahl (ab 1960 31. Dezember)
1706: 0900
1834: 2393
1910: 7957
1933: 7375
1960: 6668
1971: 6087
1998: 3364
1999: 3328
2001: 3202
2002: 3119
2003: 3080
2004: 3013
2005: 2979
2007: 2889
2008: 2878
2012: 2699
2013: 2649
2014: 2585
Datenquelle ab 1998: Statistisches Landesamt Sachsen
Politik
Im letzten Stadtrat seit der Gemeinderatswahl am 25. Mai 2014 der damaligen Stadt Mylau verteilten sich die 14 Sitze folgendermaßen auf die einzelnen Gruppierungen (in Klammern die prozentuale Stimmenverteilung bei der Wahl):
Bürgerinitiative Mylau e. V. (BIM): 5 Sitze (33,0 %)
Interessenvereinigung Feuerwehr Mylau (IV FFW): 1 Sitz (8,8 %)
Letzter Bürgermeister war Christoph Schneider (CDU).
Städteverbund
Mylau bildete zusammen mit den Städten Greiz, Reichenbach, Elsterberg und Netzschkau den Städteverbund „Nordöstliches Vogtland“. Dessen Ziel ist es, die interkommunale Zusammenarbeit im Raum Westsachsen/Ostthüringen auf den Gebieten Wirtschaftsentwicklung, Verkehrsanbindung, Siedlungsstruktur, Natur, Landschaft, Kultur, Bildung und Tourismus zu fördern.
Partnerstädte
Mit vier Städten führte Mylau eine Partnerschaft.[9]
Eine Besonderheit in den Partnerschaften mit Althen-des-Paluds, Montecarlo und Karlštejn ist, dass alle vier Städte gegenseitig durch Partnerschaftsverträge miteinander verbunden sind.
Nach der Fusion mit Reichenbach im Vogtland werden die Städtepartnerschaften weitergeführt.
Die Betreuung übernimmt dabei vorrangig der Städtepartnerschaftsverein Mylau e. V.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Die Burg Mylau wurde nie zerstört und befindet sich an der Mündung des Raumbaches in die Göltzsch.
Am Ortsrand von Mylau befindet sich der Wendepunkt des jeweils im Oktober stattfindenden Göltzschtal-Marathons. Dieser ist in Deutschland der zweitälteste aller seit ihrer Gründung noch ausgetragenen Marathonläufe und der älteste in der ehemaligen DDR.
Gedenkstätten
Grabstätte und Gedenktafel auf dem Friedhof für vier unbekannte KZ-Häftlinge, die im Januar 1945 tot aus einem Transportzug bei der Evakuierung eines Konzentrationslagers geworfen wurden
Zum Stand 13. Februar 2022 verkehren 6 Buslinien in Mylau. Die Linien 80 und 85 bilden zusammen einen Halbstundentakt (am Wochenende Stundentakt) nach Reichenbach und Netzschkau. Sie nehmen am Postplatz in Reichenbach am Rendezvous-System teil und bieten Anschlüsse in die ganze Stadt.
2010: Josef Wetzl (1930–2016), Maler und Grafiker
2013: Gotthold Lange (* 1932), evang.-luth. Pfarrer i. R.[10]
Die Ehrenbürger Mylaus werden im Zuge der Städtefusion mit Reichenbach im Vogtland seit 2016 als Ehrenbürger der Stadt Reichenbach im Vogtland behandelt.
Das Foto zeigt einen 360-Grad-Blick vom Fesselballon an der Göltzschtalbrücke u. a. auf Mylau.
Literatur
Sandra Gerbert: Die frühe Industrialisierung in den vogtländischen Städten Reichenbach, Mylau und Netzschkau. in: Sächsische Heimatblätter 66(2020)2, S. 106–112
Richard Steche: Mylau. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 11. Heft: Amtshauptmannschaft Plauen. C. C. Meinhold, Dresden 1888, S. 31.
Weblinks
Commons: Mylau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien