Rasmus Rask wandte sich frühzeitig dem Studium der nordischen und anderen verwandten Sprachen zu. Nach einer Studienreise nach Island veröffentlichte er im Jahr 1818 die von der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften angenommene PreisschriftUndersøgelse om det gamle Nordiske eller Islandske Sprogs Oprindelse (Deutsch: Untersuchung zum Ursprung der altnordischen oder isländischen Sprache). Hierin postulierte er eine Verwandtschaft zwischen dem Germanischen, Lateinischen, dem Slawischen und dem Griechischen. Er beendete seine Arbeit hierüber bereits vier Jahre zuvor, doch veröffentlichte bereits 1816 Franz Bopp sein „Conjugationssystem“, so dass Rasks in dänischer Sprache herausgegebenes Werk in der Fachwelt nicht mehr die erwartete Aufmerksamkeit erhielt.[1]
Um auch die entfernteren Verwandten der – wie er die indogermanische Sprachfamilie nannte – „thrakischen“ Sprachen (vgl. Thrakische Sprache) zu studieren, unternahm er mit finanzieller Unterstützung des Königshauses von 1816 an eine Reise nach Indien. Sie führte über Stockholm, Petersburg, Moskau, Astrachan, Tiflis und Persien nach Bombay (1820) und Ceylon. Hier konnte er wertvolle Pahlavi- und Pali-Handschriften erwerben. Nach seiner Rückkehr an die Universität Kopenhagen im Jahr 1823 wurde er zum Professor der Literaturgeschichte, später der Orientalistik ernannt. 1825 gründete er zusammen mit Carl Christian Rafn die Nordische Altschriftgesellschaft.
1823 entwarf Rask eine aposteriorischePlansprache, die allerdings erst aus dem Nachlass heraus veröffentlicht wurde und die die spätere Diskussion nicht beeinflusst hat. Die Besonderheit liegt in der modernen Argumentation von Rask für eine Plansprache sowie im frühen Zeitpunkt – erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Welle von Plansprachenprojekten.[2]
Seine eingehenden und systematischen Untersuchungen der altnordischen Sprache nach Syntax und Lautlehre lieferten den Nachweis, dass sie eng mit den übrigen germanischen, aber auch mit den slawischen und baltischen Sprachen sowie mit dem Lateinischen und Griechischen verwandt sind.
Der deutsche Sprachforscher Jacob Grimm wurde auf Rasks in dänischer Sprache geschriebenes erstes Buch Vejledning til det Islandske eller gamle Nordiske Sprog (Kopenhagen 1811) aufmerksam. Briefe, Rezensionen und zahlreiche Hinweise zeugen von einem Einfluss Rasks auf die Brüder Grimm, die mit ihm die gemeinsame Edition der Edda-Lieder planten, doch blieb das Verhältnis von Grimm und Rask angespannt.[3] Auch griff Jacob Grimm Rasks Ergebnisse zur ersten Lautverschiebung in seiner Deutschen Grammatik auf, „in der er noch ausführlicher als Rask dieses Lautgesetz darstellte und exemplifizierte“.[4] Deshalb wird das sogenannte „Grimmsche Gesetz“ von einigen Wissenschaftlern auch „Rask–Grimm’s rule“ genannt. Zudem war Rask der Erste, der das Prinzip der regelmäßigen Lautveränderung erkannte und für historische und für vergleichende Sprachanalysen systematisch angewandt hatte.[5] Gleichfalls bahnbrechend war Rasks Arbeit über die Zendsprache, in der er nachwies, dass die Liturgiesprache der Parsen mit dem Sanskrit eng verwandt ist. Auch die ural-altaischen und kaukasischenSprachfamilien konnte Rask noch vor seinem frühen Tod eingehend behandeln.
Auf einer seiner zahlreichen Reisen ist er in Ceylon in den Bund der Freimaurer aufgenommen worden. Er liegt auf dem Assistenzfriedhof im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro begraben.
Schriften
Vejledning til det Islandske eller gamle Nordiske Sprog, Kopenhagen 1811
Undersøgelse om det gamle Nordiske eller Islandske Sprogs Oprindelse, Kopenhagen 1818 (Digitalisat)
Spansk Sproglære, 1824
Frisisk Sproglære, Kopenhagen 1825
Friesische Sprachlehre, bearbeitet nach dem nämlichen Plane, wie die Isländische und Angelsächsische von R. Rask, Professor der Literärgeschichte und Unterbibliothekar. Aus dem Dänischen übersetzt, und mit einem Vorwort über die Wichtigkeit des Sprachenstudiums für eine gründliche Forschung im Gebiet der Rechts- und Staatswissenschaften begleitet von Dr. F. D. Buss, Professor der Rechts- und Staatswissenschaften an der Hochschule in Freiburg. Freiburg im Breisgau 1834.
Dansk Retskrivingslære, Kopenhagen 1826
Über das Alter und die Echtheit der Zend-Sprache und des Zend-Avesta, und Herstellung des Zend-Alphabets. Erlangen 1826
Italiænsk Formlære, 1827
Den gamle Ægyptiske Tidsregning, Kopenhagen 1827
Vejledning til Akra-Sproget på Kysten Ginea, 1828
Den ældste hebraiske Tidsregning indtil Moses efter Kilderne på ny bearbejdet og forsynft med et Kart over Paradis, Kopenhagen 1828
A Grammar of the Danish language for the use of Englishmen, 1830
Breve fra og til Rasmus Rask. Briefwechsel, herausgegeben von Louis Hjelmslev im Auftrag des Rask-Örsted Fond. Munksgaard, Kopenhagen 1941.
George A. Miller: Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik. Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5, S. 24 und 303.
↑Rasmus Kristian Rask: Traktatu d’ un Linguaz universale (Abhandlung über eine allgemeine Sprache/Traktato pri generala lingvo). Teil II aus der Handschrift „Optegnelser til en Pasigraphie“ (1823). Aus dem Nachlass herausgegeben und kommentiert von Alicja Sakaguchi. Lang, Frankfurt/M. / Berlin / Bern u. a. 1996.
↑Frank Fürbeth, Pierre Krügel, Ernst Erich Metzner, Olaf Müller: Zur Geschichte und Problematik der Nationalphilologien in Europa: 150 Jahre Erste Germanistenversammlung in Frankfurt am Main (1846–1996). Walter de Gruyter, Berlin 1999, ISBN 3-11-092899-X, S. 172 f.
↑Zur Geschichte und Problematik der Nationalphilologien in Europa: 150 Jahre Erste Germanistenversammlung in Frankfurt am Main (1846–1996). Walter de Gruyter, Berlin 1999, ISBN 3-11-092899-X, S. 173
↑George A. Miller: Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik. 1996, S. 24 (zitiert).