Sie kam als Tochter des Kaufmanns Julius Martin Leeuwerik und dessen Frau Luise, geb. Sokolowski, in Essen zur Welt und besuchte dort die Viktoriaschule[2] und in Münster das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium.[3] Später arbeitete sie als Stenotypistin und nahm privaten Schauspielunterricht.
Ihren Durchbruch hatte Leuwerik 1953, als sie in vier Produktionen im Kino präsent war. Neben dem MelodramaEin Herz spielt falsch, in dem sie erstmals mit O. W. Fischer zu sehen war, spielte sie die Hauptrolle in der Komödie Muß man sich gleich scheiden lassen?, der LiteraturverfilmungKönigliche Hoheit nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Mann und der Familiensaga Geliebtes Leben, die die Entwicklung einer Frau über verschiedene Dekaden hinweg schildert. Für ihre darstellerische Leistung in diesem Film wurde sie 1954 mit dem Filmband in Silber als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Die Schauspielerin wirkte zu diesem Zeitpunkt ihrer Karriere so oft in Kostümfilmen wie Geliebtes Leben und Ludwig II mit O. W. Fischer mit, dass ihre Auftritte in Krinoline und Reifrock bald zu einer Art Markenzeichen wurden. Häufig stand sie auch für Adaptionen literarischer Stoffe wie Theodor FontanesEffi Briest, der unter dem Titel Rosen im Herbst mit Leuwerik in der Hauptrolle verfilmt wurde, sowie in der Titelrolle von Dorothea Angermann nach dem gleichnamigen Schauspiel von Gerhart Hauptmann vor der Kamera.
Ruth Leuweriks Karriere, die Mitte der 1950er Jahre etwas an Schwung verloren hatte, erhielt dank der äußerst populären Filme Die Trapp-Familie und Die Trapp-Familie in Amerika von Wolfgang Liebeneiner um die Baronin Maria Augusta von Trapp neuen Auftrieb. Ebenfalls unter der Regie von Liebeneiner entstand das Kriegsgefangenendrama Taiga, in dem sie eine couragierte Ärztin in einem Kriegsgefangenenlager in Sibirien spielt. Ein Teil ihrer Beliebtheit gerade bei weiblichen Kinobesuchern lag wohl auch darin begründet, dass Leuwerik häufig unabhängige, beruflich erfolgreiche Frauen mit eigenen Ideen und Vorstellungen vom Leben darstellte, wie in der Komödie Die ideale Frau aus dem Jahr 1959.
Mit Beginn der 1960er Jahre begann ihre Popularität jedoch zu schwinden: In Liebling der Götter über das Leben des UFA-Stars Renate Müller wusste Leuwerik zwar schauspielerisch zu überzeugen; die ambitionierte Filmbiographie blieb jedoch, was die Einspielergebnisse anbelangt, hinter den Erwartungen zurück. Die Käutner-Verfilmung Die Rote von 1962 nach dem gleichnamigen Roman von Alfred Andersch vermochte hingegen weder Kritiker noch Publikum zu begeistern. Nach der Neuverfilmung Das Haus in Montevideo an der Seite von Heinz Rühmann zog sich Leuwerik 1963 für mehrere Jahre von der Leinwand zurück. Sie trat jedoch gelegentlich in Fernsehproduktionen auf, etwa in Franz Peter Wirths Fernsehmehrteiler Die Buddenbrooks, in dem sie die Konsulin Betsy Buddenbrook verkörperte. 1978 wurde sie für ihr langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film mit dem Filmband in Gold geehrt.
Anlässlich ihres 80. Geburtstags im Jahr 2004 widmete ihr das Filmmuseum Berlin eine große Werkschau unter dem Titel Die ideale Frau – Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre. Ihr Werk wurde dabei folgendermaßen gewürdigt:
„In ihren Filmrollen verstand sie es, gegen alte Stereotypen ein modernes Selbstverständnis zu verkörpern – anders als es das weit verbreitete Vorurteil über ‚Opas Kino‘ der Ära Adenauer will.“[5]
1949 war Ruth Leuwerik kurze Zeit mit dem Schauspieler Herbert Fleischmann verheiratet und von 1965 bis 1967 mit dem Sänger Dietrich Fischer-Dieskau. Bis zu ihrem Tod lebte sie mit ihrem dritten Ehemann, dem Augenarzt Heinz Purper (1920–2016), zurückgezogen in München-Nymphenburg (Zuccalistraße 31).
Dort starb sie am 12. Januar 2016 im Alter von 91 Jahren. An der Trauerfeier in der evangelischen Stephanus-Kirche in Nymphenburg nahmen neben der Familie auch der Schauspieler Rolf Kuhsiek, der Kulturreferent Hans-Georg Küppers und Thomas Goppel teil.[6] Sie fand ihre letzte Ruhestätte auf dem Nymphenburger Friedhof im Münchener StadtbezirkNeuhausen-Nymphenburg.[7]
2020: Im September 2020 hat der Münchner Stadtrat, zu Ehren Leuweriks, die Benennung einer Ruth-Leuwerik-Straße in München beschlossen.[9]
Literatur
Klaus Belli: Ruth Leuwerik (= Film-Porträts, Band 2). Olzog, München / Köln 1957, DNB451562569.
Walter Grieder: Ruth Leuwerik. Große Karriere mit kleinen Hindernissen. Landschäftler / Böhringer, Liestal / Wunsiedel 1962, DNB451659643.
Peter Mänz, Nils Warnecke (Hrsg.): Die ideale Frau. Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre. Anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Filmmuseum Berlin, 29. April bis 15. August 2004. Henschel, Berlin 2004[10], ISBN 3-89487-482-1.
Christoph Dompke: Ruth Leuwerik in: „Und Jimmy ging zum Regenbogen“ (1971), S. 131, in: Alte Frauen in schlechten Filmen: vom Ende großer Filmkarrieren. Erweiterte und vollständig überarbeitete Neuausgabe, Männerschwarm, Hamburg 2012 (frühere Ausgabe: Weil doch was blieb, 1998), ISBN 978-3-86300-114-8.
Jonathan Schilling: Mehr als Heimatfilm. Ruth Leuwerik, „Die Trapp-Familie“ und der Publikumsgeschmack der Adenauer-Zeit. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jg. 71 (2023), S. 75–109.
Jonathan Schilling: Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung im Film der Nachkriegszeit. Die Auseinandersetzungen um Liebling der Götter (1960) als Beispiel, in: Historisches Jahrbuch, 143. Jg., 2023, S. 330–353.