Die Slowaken (bis zum 19. Jh. auch Slawaken; slowakisch Slováci; Singular männlich Slovák, weiblich Slovenka) sind eine westslawischeEthnie. Sie sind die Titularnation des mitteleuropäischenStaatesSlowakei, in der sie mit 83,5 % (2021) die Bevölkerungsmehrheit bilden, und werden in der slowakischen Verfassungspräambel von 1992 als Staatsvolk der Slowakei definiert.[1] Weltweit bekennen sich etwa 6 Millionen Menschen als Slowaken.
Die Selbstbezeichnung der westslawischen Slowaken (slowakisch: Slováci) leitet sich wie auch die der südslawischen Slowenen von der altslawischen Selbstbezeichnung aller Slawen (altslawisch: Sloveni) ab, dessen Wortstamm in der slowakischen Sprache bis heute in der weiblichen Form Slowakin (Sloven-ka), dem Adjektiv slowakisch (sloven-sky) und der Landesbezeichnung Slowakei (Sloven-sko) enthalten ist. Die männliche Form „Slovák“ entstand als Ergebnis einer Umgestaltung im 15. Jahrhundert, bei welcher sich die Ursprungsform „Sloven(in)“ zu „Slovák“ umformte (ähnlich wie im Falle der polnischen Form von „Polan“ zu „Polak“).[2]
Historiker sind sich jedoch uneinig darüber, ab welchem Zeitpunkt die Slowaken ihre Slawenität zu ihrem Ethnonym gewählt haben. Grundsätzlich werden in der Fachwelt folgende drei Konzepte diskutiert:
Die Slowaken waren ursprünglich Teil des westslawischen Stammes der Mährer. Diese Theorie stützt sich darauf, dass die Quellen des 9. Jahrhunderts außer den Mährern bzw. mährischen Slawen (Maravi, Sclavi Marahenses) von keinem weiteren slawischen Stamm auf diesem Gebiet berichten. Erst nach dem Ende des Mährerreiches und der Aufteilung der Mährer zwischen Böhmen und Ungarn hätten sich aus deren östlicher Hälfte innerhalb des Königreiches Ungarn die Slowaken entwickelt.[3]
Die Slowaken haben die Bezeichnung „Sloveni“ bereits bei der Differenzierung der Slawen und der Herausbildung einzelner slawischer Stämme als ihren Stammesnamen beibehalten.[4] Diese These wird vor allem von Historikern vertreten, die dem slowakischen Kulturverein Matica slovenská nahestehen.
Der ursprüngliche Stammesname der Slowaken im Frühmittelalter lautete „Nitraner“. Diese Bezeichnung wird für die slawische Bevölkerung Oberungarns in frühen ungarischen Chroniken verwendet (lateinisch: Nitrienses bzw. Nytrienses Sclavi). Das Ethnonym Sloven/Slowake hätten die Slowaken dann ab dem 12. Jahrhundert angenommen.[5] Hauptvertreter dieser These ist der slowakische Mediävist Ján Steinhübel.
Slowakisch gehört – ebenso wie Tschechisch, Polnisch, Kaschubisch und Sorbisch – zu den westslawischen Sprachen.
Durch die Nähe der Sprachen und die 70-jährige Verbindung beider Völker in der Tschechoslowakei verstehen Slowaken und Tschechen einander ziemlich problemlos, allerdings tut sich insbesondere die jüngere Generation in Tschechien, die nach der Trennung der Slowakei und Tschechiens sprachlich sozialisiert worden ist, schon deutlich schwerer.
Religionen
In der Slowakei gibt es 15 staatlich anerkannte Glaubensgemeinschaften. Die größte ist die römisch-katholische Kirche. Laut der Volkszählung von 2011 gehören ihr 62 % der Bevölkerung an. Im 16. und 17. Jahrhundert waren die Slowaken jedoch mehrheitlich Lutheraner. Weitere Gemeinschaften sind:
Es gibt auch 11.469 aktive Zeugen Jehovas in der Slowakei, deren Glauben in der Zeit der ČSSR verboten war. Im Jahre 2007 waren sie in 160 Gemeinden in der ganzen Slowakei tätig.
Die offizielle Zahl der Muslime in der Slowakei ist nicht bekannt, da der Islam keine eigenständige Kategorie bei der Volkszählung 2011 war. Die Zahl der Gläubigen wird von der ansässigen Stiftung auf 5000 geschätzt.[10]
13,4 % der Bevölkerung sind konfessionslos und 10,6 % geben keine Angabe. Unter den Sonstigen befinden sich unter anderem Juden, die vor dem Krieg zahlreiche Gemeinden hatten. Heute existieren wieder mehrere Gemeinden, zwei in Bratislava (800 Mitglieder), eine in Košice (700 Mitglieder) sowie in den Städten Prešov, Nové Zámky, Komárno, Dunajská Streda, Galanta, Nitra und Trnava. Während der Tschechoslowakei gab es in der Slowakei kein jüdisches Leben mehr. Viele Jahre hatten jüdische Gemeinden keine religiösen Oberhäupter. Erst nach der Samtenen Revolution kamen der heutige Oberrabbiner der Slowakei, Baruch Myers aus den USA, und Goldstein aus Israel, die heute die Gemeinden in Bratislava und Košice leiten.
Roland Schönfeld: Slowakei: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2000, ISBN 3-7917-1723-5.
Anton Špiesz, Dušan Čaplovič: Illustrated History of Slovakia. A Struggle for Sovereinity in Central Europe. Bolchazy-Carducci Publishers, 2004.
Mikuláš Teich, Dušan Kováč, Martin D. Brown (Hrsg.): Slovakia in History. Cambridge University Press 2011, ISBN 978-0-521-80253-6.
Spezialstudien
Lubomír E. Havlík: Kronika o Velké Moravě [= Chronik über Großmähren]. 3. Ausgabe, Jota, Brünn 2013, ISBN 978-80-85617-06-1. [tschechisch]
Eduard Krekovič: Kto sme a odkedy sme tu? [= Wer sind wir und seit wann sind wir hier?]. In: Eduard Krekovič, Elena Mannová, Eva Krekovičová (Hrsg.): Mýty naše slovenské [= Unsere slowakischen Mythen]. 2. Ausgabe, Premedia Group, Bratislava 2013, ISBN 978-80-8159-026-9. S. 19–23. [slowakisch]
Titus Kolník: Sloveni – starí Slovaci – Slováci [= Sloveni – Altslowaken – Slowaken]. In: Richard Marsina, Peter Mulík (Hrsg.): Etnogenéza Slovákov. Kto sme a aké je naše meno [= Ethnogenese der Slowaken. Wer wir sind und wie unser Name lautet]. Matica slovenská, 2011, ISBN 978-80-8128-023-8. S. 24–32. [slowakisch]
Matúš Kučera: Postavy veľkomoravskej histórie [= Gestalten der großmährischen Geschichte]. 4. Ausgabe, Perfekt, Bratislava 2013, ISBN 978-80-8046-632-9. [slowakisch]
Richard Marsina: Ethnogenesis of Slovaks. In: Human Affairs, 7, 1997, 1, S. 15–23.
Richard Marsina: K problematike etnogenézy Slovákov a ich pomenovania [= Zur Problematik der Ethnogenese der Slowaken und ihrer Benennung]. In: Richard Marsina, Peter Mulík (Hrsg.): Etnogenéza Slovákov. Kto sme a aké je naše meno [= Ethnogenese der Slowaken. Wer wir sind und wie unser Name lautet]. Matica slovenská, 2011, ISBN 978-80-8128-023-8. S. 14–23. [slowakisch]
Ján Steinhübel: Odkedy môžeme hovoriť o Slovensku a Slovákoch [= Ab wann wir von einer Slowakei und Slowaken sprechen können]. In: Eduard Krekovič, Elena Mannová, Eva Krekovičová (Hrsg.): Mýty naše slovenské [= Unsere slowakischen Mythen]. 2. Ausgabe, Premedia Group, Bratislava 2013, ISBN 978-80-8159-026-9. S. 24–29. [slowakisch]
↑Hilde Weiss, Christoph Reinprecht: Demokratischer Patriotismus oder ethnischer Nationalismus in Ostmitteleuropa? Wien/ Köln/ Weimar/ Böhlau 1998, S. 43.
↑Eine Übersicht über die offizielle und geschätzte Anzahl der Slowaken findet sich hier (Memento vom 31. Oktober 2008 im Internet Archive) (MS Word; 124 kB).