Das Theater Lindenhof ist ein vom südwestdeutschen Land Baden-Württemberg, den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalbkreis sowie der Stadt Burladingen gefördertes Regionaltheater auf der Schwäbischen Alb. Es wurde 1981 im ländlich geprägten unter 1000 Einwohner zählenden Dorf Melchingen – seit der Gemeindereform von 1973 ein Stadtteil Burladingens – gegründet. Die Räumlichkeiten des Theaters sind auf dem Anwesen einer umgebauten Gaststätte – der vormaligen Linde – untergebracht. Das Theater Lindenhof führt jährlich rund 350 Veranstaltungen mit über 45.000 Zuschauern durch – davon etwa 230 in Melchingen und 120 in Städten und Gemeinden Baden-Württembergs sowie darüber hinausgehenden bundesweiten Gastspielorten.[1] Das Theater Lindenhof versteht sich als poetisch-kritisches Volkstheater mit Kernbezug zur Schwäbischen Alb.
Es hat Theaterpartnerschaften mit 21 baden-württembergischen Städten. Seiner Rechtsform nach ist das Theater Lindenhof seit dem 1. Januar 2011 eine Stiftung.[2]
Linde Melchingen (2023)Die in der Inneneinrichtung zur „Theaterscheune“ umgebaute Scheune des Anwesens Lindenhof bildet heute die Hauptspielstätte des Theaters. (2015)
Hervorgegangen aus einer ursprünglich in Reutlingen gegründeten freien Schultheatergruppe des linksalternativen Kulturspektrums wurde das Theater Lindenhof 1981 – zunächst als eingetragener Verein – in Melchingen mit der Produktion Semmer Kerle oder koine (sinngemäß eingedeutscht: Sind wir richtige Männer oder nicht) im umgebauten Gasthaus Linde eröffnet.
Überregional bekannt gewordene Aufführungen und Stücke
Eintrittskarte zu „Poliakoffs Eventkapelle“
Bundesweite Aufmerksamkeit erlangten die Theatermacher mit Freiluftinszenierungen über das Leben Friedrich Hölderlins und dem Theaterspaziergang Die Winterreise (Aufführungstitel: Melchinger Winterreise), den Peter Härtling – inspiriert von Franz SchubertsLiederzyklusWinterreise – für den Lindenhof schrieb, sowie der Inszenierung Eine Bahnfahrt und der Raum entschwindet (1999/2000). Im Wechsel mit dem Zimmertheater Tübingen und dem Landestheater Tübingen teilt sich das Theater Lindenhof die Verantwortung für die alljährliche Sommertheaterinszenierung in der etwa 24 km nördlich gelegenen Kreis- und Universitätsstadt Tübingen.
Einige Inszenierungen wurden vom SWR und von 3sat aufgezeichnet und anschließend im Fernsehen gesendet.
Bereits 1993 war das Theater Lindenhof mit dem VolksstückPolenweiher nach einer Vorlage des DramatikersThomas Strittmatter bei diesem Festival in Dresden vertreten. Ein weiterer Beitrag des Lindenhof-Ensembles für das vierte Festival Politik im Freien Theater erfolgte im November 1999 in Stuttgart mit der Melchinger Winterreise von Peter Härtling.
Beim internationalen Theaterfestival Theater der Welt, das 2005 in Stuttgart stattfand, steuerte das Theater Lindenhof mit dem Stück Schwabenblues von Felix Huby den einzigen deutschen Beitrag bei.
Im Mai 2013 kam es mit der Uraufführung des mit historischem Bezug zum Mössinger Generalstreik von 1933 verfassten Stückes Ein Dorf im Widerstand von Franz Xaver Ott in Mössingen zu einem weiteren überregional beachteten Highlight des Theater Lindenhof.[10][11] Die Umsetzung des bis Herbst des Jahres etwa 20 mal vor ausverkauftem Haus aufgeführten Bühnenwerks über die deutschlandweit erste kollektive Widerstandsaktion gegen den Nationalsozialismus an der Macht stand unter der Schirmherrschaft von Winfried Kretschmann, dem seit Mai 2011 amtierenden Ministerpräsidenten Baden-Württembergs. Neben dem Schauspielerensemble des Theater Lindenhof wirkten über 100 Laiendarsteller aus der Bürgerschaft Mössingens mit. Abgesehen von den in der alten Pausa, einer ehemaligen Mössinger Fabrikhalle aufgeführten Vorstellungen war das Stück im Juni 2013 auch ein Programmbeitrag bei den renommierten Ruhrfestspielen in Recklinghausen.[12] (vgl. auch Unterabschnitt im Artikel zum Mössinger Generalstreik)
Preise und Auszeichnungen
Im Laufe seines Bestehens erhielt das Theater Lindenhof als solches, bzw. auch einzelne Inszenierungen oder Ensemble-Mitglieder des Theaters folgende Preise und Auszeichnungen:[13]
1992: Theaterpreis der Stuttgarter Zeitung für die Inszenierung des Dramas Woyzeck nach Georg Büchner
1992: Erster Preis bei den Kleintheatertagen des Landes Baden-Württemberg in Tübingen für das Stück Polenweiher
1993: Darstellerpreis des Festivals Politik im Freien Theater für herausragende schauspielerische Leistung an das Lindenhof-Ensemble-Mitglied Dietlinde Elsässer für ihre Rolle als Hungerbühlerin im Volksstück Polenweiher
Thomas Vogel in Zusammenarbeit mit Bärbel G. Renner: „Komm! Ins Offene, Freund!“ – Theater Lindenhof, Melchingen; Verlag Klöpfer und Meyer, Tübingen, 1997, ISBN 3-931402-11-8
Burkhard Riegels-Windhauer: Es sind die Menschen! – fotografische Porträts der Schauspieler des Theaters Lindenhof; artur.Verlag Kirchentellinsfurt, 2010, ISBN 978-3-9813648-0-4
Gesa Ingendahl (Hrsg.): Was für ein Theater! 12 Einblicke in das Theater Lindenhof. Tübinger Vereinigung für Volkskunde, Tübingen 2021, ISBN 978-3-947227-07-5 (zum Projekt siehe auch Artikel in Schwäbische Heimat, 72. Jg. 2021, Heft 2, S. 82–87)
Wolfgang Alber: 40 Jahre Theater Lindenhof. Raum für Beheimatung, aber auch Resonanzraum für globale Themen, für lokale Stoffe und Konfliktfelder. In: Schwäbische Heimat, 72. Jg. 2021, Heft 2, S. 88–91 (online)
↑diese und andere Angaben des Abschnitts vgl. mit der Chronik des Theater Lindenhof (Unterseite von www.theater-lindenhof.de, abgerufen am 16. März 2013)
↑Ein Dorf im Widerstand, Hinweise zum Inhalt des Theaterstücks, der Besetzung und Kooperationspartnern auf der Webpräsenz des Theater Lindenhof (theater-lindenhof.de)