Viseu (vormals Vizeu) (IPA [vi'zeu]) ist eine Stadt und zugleich Verwaltungssitz des gleichnamigen Distrikts im Zentrum Portugals am Rio Pavia. Die städtische Einwohnerzahl beträgt 99.551 (Stand: 19. April 2021), mit Vororten 395.000 (2008).
Der deutliche Bevölkerungsanstieg seit den 1950er Jahren ist im Wesentlichen auf die Zuwanderung von Familien infolge der Mechanisierung der Landwirtschaft sowie die Aufgabe bäuerlicher Kleinbetriebe („Höfesterben“) und den damit einhergehenden Verlust von Arbeitsplätzen auf dem Lande zurückzuführen.
Geschichte
Funde belegen eine Besiedlung seit der Castrokultur. Häuptling Viriathus (port.: Viriato) führte hier die Lusitaner erfolgreich im Widerstand gegen die vordringenden Römer im zweiten Jahrhundert v. Chr., bis diese durch eine List Viriathus töten und auch dieses Gebiet einnehmen konnten. Verschiedene Meilensteine hier kreuzender Römerstraßen sind erhalten geblieben. Nach dem Einfall der Sueben und Westgoten im 6. Jahrhundert n. Chr. wurde Viseu Bischofssitz.
Seit Anfang des 8. Jahrhunderts war die Region von Mauren bzw. von den Aftasiden aus Badajoz beherrscht und Viseu erhielt den Namen Bazu.[3] Im Zuge der Reconquista blieb auch Viseu umkämpft. 1027 war König Alfons V. (León) bei der Belagerung Viseus gefallen. Ferdinand I. (León) konnte die Region 1057 zusammen mit Lamego schließlich von den Arabern erobern.
Erste Stadtrechte (foral) erhielt Viseu im Jahr 1123 von Theresia von Kastilien (port.: Teresa). Nach der Unabhängigkeit des Königreich Portugals (1139) erneuerte ihr Sohn DomAfonso Henriques in seiner Funktion als erster portugiesischer König die Stadtrechte Viseus im Jahr 1187, was dessen Enkel, König D. Afonso II., im Jahr 1217 bestätigte.
Im Verlauf der Revolution von 1383 erlitt Viseu einige Zerstörungen, worauf König D. João I. den Ort anschließend neu befestigten ließ. Im Jahr 1513 erneuerte König D. Manuel I. im Zuge seiner Verwaltungsreformen die Stadtrechte Viseus.
Grão Vasco gründete Anfang des 16. Jahrhunderts die Malerschule von Viseu, wodurch Viseu als Stadt der Maler durch zahlreiche Meister des 16., 17. und 18. Jahrhunderts bekannt wurde.
Im 19. Jahrhundert wuchs die Stadt weiter, und das neue Rathaus wurde am neuen Rossio-Platz errichtet. Das Zentrum der Stadt verlagerte sich nun vom höher gelegenen alten Teil hinunter Richtung Fluss. Die heute zur Fußgängerzone umfunktionierte Geschäftsstraße Rua Direita verbindet die höher gelegenen Teile mit dem tiefer gelegenen Viertel.[4][5]
Kathedrale
Kirche Misericórdia
Altar der Kirche Misericórdia
Altstadt
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Im Umland Viseus sind verschiedene Antas und andere Megalithanlagen zu sehen. Verschiedene, teils thematisch sortierte Wanderwege sind im Kreis angelegt und führen durch die bergigen Wälder, teils auch bis in die historische Altstadt Viseus.
Zu den wichtigsten Museen der Stadt gehören das Museum für sakrale Kunst (Museu de Arte Sacra), das zwischen 2001 und 2003 von Eduardo Souto de Moura in einem historischen Gebäude neben der Kathedrale geschaffene Museu Grão Vasco, und das Kunstmuseum Museu de Almeida Moreira.
Aus dem Mittelalter ist die Kathedrale Sé de Viseu erhalten geblieben, die trotz zahlreicher An- und Umbauten noch Teile ihrer romanischen Portale und den Südturm behalten hat. Weitere bedeutende Baudenkmälern sind die römisch-lusitanischen Festungsreste Cava de Viriato[6] und das Theater Teatro Viriato (ehemals Teatro Boa União) aus dem 19. Jahrhundert,[7] neben einer Vielzahl Sakralbauten und historischer öffentlicher und privater Gebäude. Die restaurierte Altstadt rund um den zentralen Rathausplatz Rossio gilt als sehenswert.[8][9]Kutschen stehen zu Erkundungsfahrten der verkehrsberuhigten Innenstadt zur Verfügung.[10]
Seit 2017 findet jährlich im Herbst das Vistacurta-Filmfestival statt.
Mit der Gebietsreform im September 2013 wurden mehrere Gemeinden zu neuen Gemeinden zusammengefasst, sodass sich die Zahl der Gemeinden von zuvor 34 auf 25 verringerte.[11]
Der Neue Flughafen Viseu, bis 2015 Flugplatz Viseu, wurde bis Ende 2014 für etwa 30 Mio. € renoviert und alle Sicherheitstests der Kategorie 3 wurden durchgeführt und bestanden. Laut der Stadt Viseu beim portugiesischen Fernsehsender RTP soll der Flughafen ab Anfang 2015 für nationale und internationale Flüge mit De Havilland DHC-8-200 und ATR 42 genutzt werden. Der Flughafen liegt rund 10 Kilometer nördlich von Viseu entfernt. Er wird auch von der Portugiesischen Armee als Flugschulstandort mit einer Lockheed C-130 und von Sport- und Privatflugzeugen genutzt.
Mit Schließung der Linie Linha do Dão für den Personenverkehr 1988, und der Schließung des Ramal de Viseu als Verbindung zur Linha do Vouga 1990 verlor die Stadt ihre Anbindung an das Eisenbahnnetz des Landes. Die Planungen für ein europäisches Netz aus Hochgeschwindigkeitsstrecken sahen Viseu als einen Haltepunkt der Strecke Salamanca-Aveiro vor, jedoch sind angesichts der Haushaltsprobleme Portugals und Spaniens in Folge der anhaltenden Banken- und Finanzkrise keine weiteren Planungsschritte bekannt geworden.
Viseu ist in das landesweite Busnetz der Rede Expressos eingebunden. Weitere Unternehmen bieten ebenfalls überregionale Busverbindungen vom zentralen Busbahnhof aus an.
Öffentlicher Nahverkehr
Die elektrische StandseilbahnFunicular de Viseu wurde 2009 eröffnet. Sie bringt Fahrgäste kostenlos von der tiefer gelegenen historischen Stadtmitte am Flussufer zum 400 Meter hoch gelegenen Kirchplatz an der Kathedrale. Sie verläuft über die als Fußgängerzone eingerichtete Geschäftsstraße Rua Direita und verkehrt im Halbstundentakt.[14]
In der historischen Innenstadt verkehren elektrische Kleinbusse auf zwei blau gekennzeichneten Linien (port.: Linha azul),[15] während weitere 22 Buslinien den Nahverkehr im Gesamtgebiet von Stadt und Kreis sicherstellen. Betreiber der Seilbahn und aller 24 Buslinien sind die städtischen Verkehrsbetriebe Serviço de Transportes Urbanos de Viseu (STUV), die die Konzession der Linienbusse an das Verkehrsunternehmen Empresa Berrelhas de Camionagem, Lda. aus Viseu vergeben hat.[16][17]
Wirtschaft
An Industrie sind Textilindustrie, Möbelherstellung und metallverarbeitende Betriebe zu nennen, darunter Zulieferbetriebe der Automobilindustrie. Im nahen Mangualde unterhält PSA Peugeot Citroën ein Werk. Auch die portugiesische Martifer Group ist hier ein bedeutender Arbeitgeber. Mit der Visabeira hat zudem eine der bedeutendsten Unternehmensgruppen des Landes hier ihren Sitz.
An landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist besonders der Wein (Dão) bekannt. Als Oberzentrum sorgt hier, neben Behörden und Verwaltung, der Handel für wirtschaftliche Impulse. Eine Reihe Shopping Center sind hier entstanden, darunter das Fórum Viseu in der Innenstadt, und das etwas außerhalb gelegene, achtstöckige Palácio do Gelo Shopping. Zudem hat der Fremdenverkehr an Bedeutung gewonnen.