Der Sohn des Arztes Otto Schadewaldt (1843–1899) wollte ursprünglich Bildhauer werden, studierte aber ab 1919 in BerlinKlassische Philologie, Archäologie und Germanistik bei Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff und Werner Jaeger.[2] Nach Promotion (1924) und Habilitation (1927) war Schadewaldt ab 1927 Dozent an der Friedrich-Wilhelms-Universität. 1928 wurde er als Professor an die Universität Königsberg berufen und wechselte 1929 an die Universität Freiburg, wo er 1933 unter dem Einfluss Martin Heideggers, mit dem er auch befreundet war, vorübergehend dessen Rektorat und die nationalsozialistisch orientierte Hochschulpolitik als Dekan unterstützte. Er erklärte aber bereits im Frühjahr 1934 seinen Rücktritt als Dekan und wechselte als Nachfolger Erich Bethes im Herbst an die Universität Leipzig. Schadewaldt war Mitherausgeber der philologischen Fachzeitschrift Hermes von 1933 bis 1944 und der Zeitschrift Die Antike, die einem breiteren Publikum die Erkenntnisse über die Antike nahebringen sollte, von 1937 bis 1944. 1941 ging er zurück an die Berliner Universität, wo er den Lehrstuhl für klassische Philologie innehatte. Seit 1942 stand Schadewaldt als Mitglied der Mittwochsgesellschaft in Verbindung mit Männern des Widerstandes.
1942 wurde er in die Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin aufgenommen. In der Akademie hatte Schadewaldt bis 1950 folgende Funktionen: Er war Mitglied des Instituts für Griechisch-Römische Altertumskunde und leitete dort die Unternehmen Polybios-Lexikon, die Inscriptiones Graecae sowie das Corpus Medicorum Graecorum; außerdem war er in der Akademie Mitglied der Deutschen Kommission und des Goethe-Wörterbuchs, dessen Initiator und Herausgeber er war, und der Kommission für spätantike Religionsgeschichte.
Wolfgang Schadewaldt gilt als einer der bedeutendsten deutschen Altphilologen und wirkungsvollsten Vermittler antiker griechischer Literatur im 20. Jahrhundert. Egil A. Wyller bezeichnete ihn als „Meister derer, die da wissen.“[4] In seinen Werken beschäftigte sich Schadewaldt mit allen Gattungen der altgriechischen Dichtung, dem Epos, der Lyrik, dem Drama und daneben auch mit der Philosophie und der Geschichtsschreibung. Schadewaldt markierte einen Höhepunkt in der Homerforschung. Außer in zahlreichen Einzelwerken liegen seine Analysen zu all diesen Themenfeldern gesammelt vor in der auf sechs Bände angelegten Ausgabe seiner Tübinger Vorlesungen, die er zwischen 1950 und 1972 hielt.
Einer breiteren Öffentlichkeit ist Schadewaldt bekannt als Übersetzer von Homers Ilias und Odyssee, die, neben den Übertragungen von Johann Heinrich Voß, als die besten Übersetzungen beider Epen ins Deutsche angesehen werden. Im Unterschied zu Voß verzichtete Schadewaldt bei seiner Übersetzung auf den Hexameter, was er wie folgt begründete:
„Das Griechische in der alten Sprache des Epos, hat eine große Anzahl sehr langer Wörter, die schon im späteren Griechisch, vor allem aber im Deutschen, viel kürzere Wörter neben sich haben. (…) Der deutsche Übersetzer des Hexameters ist deswegen in der Regel früher mit dem Vers fertig und genötigt, um den Vers auf die gleiche Länge wie im Griechischen zu bringen, ihn zu zerdehnen und zu strecken. Entweder muß er im Deutschen Füllsel hinzufügen, die nicht dastehen, oder sich auf andere Weise helfen.“[5]
Schadewaldt übertrug die Odyssee (1957) in Prosa, seine 1975 posthum erschienene Übersetzung der Ilias hingegen benutzt freie Rhythmen. Durch den Verzicht auf die strenge Form des Hexameters gelang es Schadewaldt, dem Wortsinn Homers, der Satzstellung und auch der Lakonik des Originals sehr nahe zu kommen. Neben den Werken Homers übersetzte Schadewaldt u. a. auch Dramen von Aischylos, Sophokles sowie die Carmina Burana. Die herausragende Übersetzungsleistung verband Schadewaldt mit dem Theatermacher Hansgünther Heyme, der die Aufführung der Werke in Köln realisierte.
Mitgliedschaften und Ehrungen
1934: Mitglied der Akademie der gemeinnützigen Wissenschaften zu Erfurt
Sophokles König Ödipus, Übertragen und Herausgegeben, mit Nachwort; und drei Aufsätzen: Der König Ödipus des Sophokles in neuerer Deutung mit Wirkungsgeschichte und Literaturhinweisen; Shakespeares König Lear und Sophokles König Ödipus; Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist und Sophokles König Ödipus; Insel Taschenbuch 15, ISBN 3-458-31715-5.
Monografien
Monolog und Selbstgespräch (1926)
Iliasstudien (1938, 2. Aufl. 1943, 3. Aufl. 1966)
Von Homers Welt und Werk (1945, 4. Aufl. 1965) Digitalisat
Die Heimkehr des Odysseus (1946)
Legende von Homer dem fahrenden Sänger (1942, 1959)
Sophokles und das Leid (1948)
Sappho. Welt und Dichtung. Dasein in der Liebe (1950)
Griechische Sternsagen (1956)
Hellas und Hesperien. Gesammelte Schriften zur Antike und zur neueren Literatur (1960)
Goethe-Studien. Natur und Altertum (1963)
Einzelne Pindar-Oden (1972)
Tübinger Vorlesungen
Band 1: Die Anfänge der Philosophie bei den Griechen, Hg. von Ingeborg Schudoma, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1978
Band 2: Die Anfänge der Geschichtsschreibung bei den Griechen, Hg. von Ingeborg Schudoma, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1982
Band 3: Die frühgriechische Lyrik, Hg. von Ingeborg Schudoma, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1989
Band 4: Die griechische Tragödie, Hg. von Ingeborg Schudoma, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1991