Dusty Springfield wurde am 16. April 1939 in Hampstead, London unter dem Namen Mary Isabel Catherine Bernadette O'Brien geboren.[1] Sie kam als zweites Kind ihrer irischstämmigen Mutter Catherine Anne Ryle (1900–1974) zur Welt. Ihr Vater war der aus Britisch-Indien stammende Buchhalter und Steuerberater Gerard Anthony O’Brien (1904–1979). Dusty Springfield stammte aus einer musikalischen Familie und zeigte früh Interesse an Gesang und Musikinstrumenten. Ihr älterer Bruder, Dion (1934–2022), wurde unter dem Künstlernamen Tom Springfield vor allem als Komponist und Musikproduzent bekannt.
Von 1958 bis 1960 gehörte sie neben Riss Chantelle (bürgerlicher Name: Iris Long) und Lynne Abrams unter dem Künstlernamen „Shan“ der GirlgroupThe Lana Sisters an, die acht Singles bei Fontana Records veröffentlichten. Keine der Singles war kommerziell erfolgreich.[2] Von 1960 bis 1963 gehörte sie zusammen mit ihrem Bruder Tom zum Folk-Trio The Springfields,[3] das einige Hits in Großbritannien und den USA hatte.[4]
Durchbruch und Karriere
Am 8. November 1963 erschien Dusty Springfields erste Solo-Single, I Only Want to Be with You (Philips UK Single BF 1292), die Anfang 1964 auf Platz vier der britischen Charts gelangte. Es folgte eine Reihe von Hit-Singles: Stay Awhile 1964 (UK, höchste Notierung Platz 13), Wishin’ and Hopin’ 1964 (US Platz 6), I Just Don’t Know What to Do with Myself 1964 (UK Platz 3), Losing You 1964 (UK Platz 9), In the Middle of Nowhere 1965 (UK Platz 8), Some of Your Lovin’ 1965 (UK Platz 8), You Don’t Have to Say You Love Me 1966 (UK Platz 1, US Platz 4), Goin’ Back 1966 (UK Platz 10), All I See Is You 1966 (UK Platz 10), I Close My Eyes and Count to Ten 1968 (UK Platz 4) und Son of a Preacher Man 1968 (UK Platz 9, US Platz 10).[4] Auf vielen ihrer frühen Aufnahmen wurde Springfield von den Breakaways als Background-Chor unterstützt.
1963 und 1964 moderierte Springfield die ersten Folgen der britischen TV-Musikendung Ready Steady Go und interviewte darin unter anderem die Beatles. Im Rahmen dieser Show initiierte sie im April 1965 das Special Ready Steady Go Special ’65 – The Sounds of Motown, in dem sie Künstlern des Motown-Labels in Großbritannien eine Plattform bot, darunter Musiker, die in den USA bereits etabliert, in Europa aber noch unbekannt waren, etwa The Supremes, Martha & the Vandellas, Marvin Gaye und Stevie Wonder.
Am 18. Dezember 1964 wurde Dusty Springfield in Südafrika des Landes verwiesen, nachdem sie fünf von insgesamt sieben geplanten Auftritten in Kapstadt und Johannesburg absolviert hatte. Sie hatte sich geweigert, gemäß den Apartheidsgesetzen vor einem nach Rassen getrennten Publikum aufzutreten.
In den folgenden Jahren moderierte Springfield mehrere Musiksendungen im britischen Fernsehen, in denen sie eigene Songs vorstellte, doch auch ihre Lieblingslieder sang und Gäste empfing. Dies waren Dusty (BBC 1966/67), It Must Be Dusty (ATV 1968) und Decidedly Dusty (BBC 1969). Zudem war sie in Sketches und Comedy-Auftritten zu sehen, z. B. mit Des O’Connor in Messing About On the River und 1972 mit Engelbert und Jonathan Winters in The Wacky World of Jonathan Winters.
Neben hochplatzierten Singles veröffentlichte Springfield eine Reihe kommerziell erfolgreicher und künstlerisch vielfach gelobter Langspielplatten, darunter A Girl Called Dusty (1964) und Ev’rything’s Coming Up Dusty (1965). Die Platten Where Am I Going? (1967) und Dusty in Memphis (1969) waren kommerzielle Misserfolge, gelten heute jedoch als Klassiker. Es kam zu Live-Auftritten mit Jimi Hendrix, Tom Jones und Engelbert. 1969/1970 trat sie in der Liberace-Show, der Andy-Williams- und der Johnny-Cash-Show auf. Dabei präsentierte sie sich in einem Stil, der nachhaltig ihr Image prägte: schlanke lange Abendkleider, lange Fingernägel, viel Mascara und Schmuck, auftoupiertes blondes Haar oder Perücken und eine dramatische, aber grazile Gestik.
Immer wieder zog es Springfield in die USA. Auch wegen des Interesses der britischen Boulevardpresse an ihrem Privatleben (sie hatte sich früh zu ihrer Bisexualität bekannt) suchte sie Distanz zu ihrer Heimat England.[7][8]
Besonders faszinierte sie der Soul der Motown-Musiker von den Supremes über Mary Wells bis hin zu Dionne Warwick. Als eine der wenigen europäischen Sängerinnen gelang es ihr ohne Anstrengung, ein Soul-Timbre in ihre eigenen Interpretationen einzubringen.
1968 nahm sie in Memphis bei Chips Moman eine vielfach gelobte Langspielplatte auf, Dusty in Memphis, die vier Lieder des Songschreiberduos Carole King und Gerry Goffin enthielt, unter anderem das hochdramatisch interpretierte No Easy Way Down. Besonders erfolgreich wurde das Lied Son of a Preacher Man, das in den USA wie auch in Europa in die Top Ten aufstieg und heute als Springfield-Klassiker gilt. 1969 nahm sie in den Sigma Sound Studios in Philadelphia die LP A Brand New Me auf.
Im Jahr 1972 ließ sich Dusty Springfield dauerhaft in Los Angeles nieder. Noch mehr als zuvor wandte sie sich stimmungsintensiven Balladen zu und betätigte sich zudem als Background-Sängerin anderer Interpreten. 1978, 1979 und 1982 erschienen weitere Alben von ihr.
Comeback und späte Jahre
Im Jahr 1987 gelang Springfield in Zusammenarbeit mit den Pet Shop Boys ein neuerlicher Erfolg. Das Duett What Have I Done to Deserve This erreichte sowohl in der englischen als auch in der amerikanischen Hitparade den zweiten Platz, in Deutschland Platz vier.
Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre gelangen ihr weitere Erfolge wie Nothing Has Been Proved (DE Platz 52, UK Platz 16), In Private (DE Platz 4, UK Platz 14), Reputation (DE Platz 29, UK Platz 38) – alles Auskopplungen aus dem Album Reputation (DE Platz 21, UK Platz 18). In Private und Nothing Has Been Proved waren erneut Kompositionen der Pet Shop Boys, die insgesamt die Hälfte des Albums produzierten und für das gesamte Album als Executive Producer wirkten. Der Titel Nothing Has Been Proved fand Verwendung in dem Film Scandal, der die Profumo-Affäre der 1960er Jahre verarbeitete.
1993 erreichte Springfield abermals die britischen Charts, diesmal Platz 75 mit Heart and Soul, ein Duett mit Cilla Black. 1995 sang sie im Duett mit Daryl Hall den Titelsong des Spielfilms Während Du schliefst, Wherever Would I Be. Er stieg sowohl in die britischen als auch die deutschen Charts auf und stammte aus ihrem letzten Album, A Very Fine Love.
Als Springfield am 2. März 1999 sechs Wochen vor ihrem 60. Geburtstag in Henley-on-Thames, Oxfordshire an Brustkrebs starb, schrieb die New York Times, dass die Welt „die beste Popsängerin, die Großbritannien je hervorgebracht hat“ verloren habe. Am selben Tag wurde sie von der englischen Königin geehrt. Zehn Tage nach ihrem Tod wurde Dusty Springfield in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.[9] Nach der Einäscherung wurde ihre Asche in Henley-on-Thames und vor den irischenCliffs of Moher verstreut. Eine Grabstelle befindet sich an der Pfarrkirche Saint Mary the Virgin in Henley-on-Thames.[10]
Sonstiges
Son of a Preacher Man war ursprünglich Aretha Franklin angeboten worden, die es wegen des anrüchigen Texts zunächst ablehnte. Quentin Tarantino wählte das Lied für den Soundtrack des Films Pulp Fiction. Lisa Fitz veröffentlichte 1971 unter dem Pseudonym Lisa Bauer eine inhaltlich uminterpretierte deutsche Version mit dem Titel Song vom Hilfsarbeiter. Eine weitere deutsche Version wurde 1994 von Sina (getextet von Polo Hofer) veröffentlicht, die sich textlich näher am Original orientierte.
1998 verwendete Guy Ritchie Springfields Lied Spooky (1970) in seinem Film Bube, Dame, König, grAS. Im Jahr 2007 unterlegte die dänische Biermarke Carlsberg einen Werbespot mit demselben Stück.
Springfields erste Lebensgefährtin war in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre die US-amerikanische Singer-SongwriterinNorma Tanega. Zusammen mit Tanega schrieb Springfield mehrere Lieder.
Die US-amerikanische Sängerin Shelby Lynne veröffentlichte 2008 das Album Just a Little Lovin’ als Tribut an Dusty Springfield und arbeitete hierfür mit Springfields ehemaligem Produzenten Phil Ramone zusammen.