Grasse erstreckt sich im Hügelland der Südausläufer der Seealpen auf durchschnittlich 306 m über dem Meeresspiegel (Höhenlage zwischen 80 und über 1.061 m), ungefähr 20 Kilometer nördlich von Cannes an der Côte d’Azur. Hier passiert in Richtung Digne-les-Bains die ehemalige Route nationale 85, die sogenannte Route Napoléon (Napoleon-Straße), die der Strecke folgt, die Napoleon 1815 nach seiner Rückkehr von Elba auf seinem Marsch nach Paris einschlug.
Im 19. Jahrhundert wurde Grasse Kurort, verlor jedoch seine Bedeutung im 20. Jahrhundert wieder an die bevorzugten Küstenstädte.
Die rassistischen Ausschreitungen im Herbst 1973 in Grasse machten international Schlagzeilen, unter anderem in der Wochenzeitung Die Zeit,[1] sie finden sich aber auch in der Literatur wieder, etwa im Artikel La flambée raciste de 1973 en France[2] oder dem Roman Marseille.73 von Dominique Manotti.
Bevölkerungsentwicklung
Jahr
1962
1968
1975
1982
1990
1999
2006
2017
Einwohner
26.258
30.907
34.579
37.673
41.388
43.874
48.801
50.396
Quellen: Cassini und INSEE
Wappen
Beschreibung (Blasonierung): In Blau ein rückschauendes goldnimbiertes silbernes Agnus Dei, mit dem erhobenen linken Vorderbein eine geschulterte, mit einem Kreuz abschließende rote Stange mit einem silbernen, in zwei Zipfel endenden Banner mit rotem Kreuz (Siegesfahne) haltend, begleitet von zwei in den Oberecken und eine mittig im Schildfuß gelegten roten Scheiben.
Im Mittelalter war Grasse eine Stadtrepublik mit alter Gewerbetradition, insbesondere das Gerberhandwerk war sehr verbreitet. 1580 kam der Alchimist und Apotheker Francesco Tombarelli nach Grasse und eröffnete ein Laboratorium zur Herstellung von Düften, womit Grasse zum Gründerzentrum der europäischen Parfümindustrie wurde. Als gegen 1600 die Mode aufkam, Handschuhe zu parfümieren, konzentrierte man sich auf die Destillation von Duftstoffen. Seit dem 17. Jahrhundert haben sich die Parfümeure aus Grasse auf die Extraktion von Blütensaft spezialisiert, besonders für Orangenblüten und Jasmin. Aus dem Nebenerwerb wurde das Hauptgeschäft, und das ist bis heute so geblieben.
Die früher charakteristischen Blumenplantagen um Grasse sind heute rar geworden, da Blüten meist aus Billiganbauländern wie Marokko, Bulgarien, Indien oder der Türkei importiert werden. Die in der Parfümindustrie gewonnenen Duftstoffe werden außer für Parfüm für Kosmetik, Spülmittel, Waschpulver und für Lebensmittelgeschmacksstoffe verwendet. 2004 waren in Grasse ca. 4.000 Personen in der Parfümindustrie beschäftigt. Jährlich wurden 10.000 Tonnen Blüten verarbeitet.
Heute (Stand: 2010) werden in Grasse besonders internationale wirtschaftliche Beziehungen gepflegt. Die in Grasse behandelten Rohstoffe werden aus vielen Teilen der Welt importiert und hier qualitativ verfeinert. Ungefähr 30 Parfümfabriken in und um Grasse verschicken ihre Produkte danach in die ganze Welt.
Ansässige Unternehmen
Die bekanntesten Parfümfabriken, die kostenlose Führungen in mehreren Sprachen durch ihre historischen Produktionsstätten anbieten, sind die Parfümerien Fragonard, Galimard, Molinard, Fleuron de Grasse und Guy Bouchara. Der Duftstoff- und Aromenhersteller Robertet ist börsennotiert und Bestandteil des französischen CAC-Small-Index.
Gärten: Grasse ist für seine Gärten bekannt, die in früheren Zeiten noch umfangreicher waren. Einer der bekanntesten ist der Pflanzengarten Jardin des Plantes. Dieser Garten verdankt seine Bekanntheit der Schwester Napoleons, die sich im Winter dort zu erholen pflegte. Der Garten bietet einen guten Überblick über die Altstadt und das Meer.
Auf den Blumenfeldern der Domaine de Manon wurden von den Parfümspezialisten die Pflanzen für die örtliche Parfümherstellung angebaut. Diese Blumenfelder liegen in einem Weiler außerhalb von Grasse, zehn Minuten von der Innenstadt entfernt.
Marinemuseum: Das Museum aus dem 18. Jahrhundert ist François-Joseph Paul Graf von Grasse (1722–1788) gewidmet, einem großen Seefahrer jener Zeit. Im Haus sind über 30 Schiffsmodelle ausgestellt.
Internationales Museum der Parfümerie (Musée internationale de la Parfumerie): Das Parfümeriemuseum befindet sich ebenfalls in einem original möblierten Haus des 18. Jahrhunderts und zeigt eine Porzellansammlung sowie eine große Kollektion von Parfümflakons; es wurde Ende 2008 nach vierjähriger Umbauzeit wiedereröffnet.
Museum für provenzalische Kunst und Geschichte (Musée d’Art et d’Histoire de la Provence): Das Museum wurde in einem der elegantesten Adelssitze des 18. Jahrhunderts von Grasse eingerichtet, dem alten Herrenhaus der Marquise von Clapiers Cabris, der Schwester Mirabeaus. Zusammen mit seiner Möblierung vermittelt die Ausstellung von Steingut, Gemälden, Kostümen, Krippenfiguren und anderem einen Eindruck vom täglichen Leben in der östlichen Provence, von der Vorgeschichte bis zu den 1950er Jahren.
Freizeit und Tourismus
Führungen Altstadt: Das Tourismusbüro bietet (für Gruppen ganzjährig) Führungen durch die Altstadt mit verschiedenen Themen an.
Führungen Parfümfabriken: Die Parfümfabriken (siehe oben) bieten ganzjährig kostenlose mehrsprachige Führungen an.
Expo Rose: die Ausstellung ‚Expo Rose‘ zeigt jährlich Mitte Mai 40.000 verschiedene Rosen und daraus gefertigte Produkte. Zudem werden die meist frequentierten Straßen der Stadt mit Rosenduft besprüht.
Jasmin-Fest (Fête du Jasmin): Das Jasmin-Fest ist ein Volksfest zu Beginn der Jasminblütenernte. Es findet jährlich Anfang August statt.
Kulinarische Spezialitäten
Spezialitäten für Grasse und Umgebung sind:
Lou Fassum (Chou farci), eine Kohlpastete
Les beignets de fleurs de courge, frittierte Kürbisblüten im Teigmantel, die als Dessert Teil des dreizehngängigen Weihnachtsmenüs sind
Le Fougassette, ein Hefekuchen mit Orangengeschmack
Verkehr
Zur Verfügung steht ein Bussystem, das einen Rundkurs in Grasse selbst sowie diverse Verbindungen zu anliegenden Dörfern und Städten, zum Beispiel Cannes und Nizza, anbietet. Ferner besteht ein Bahnhof an der Bahnstrecke Cannes–Grasse.
Bildung
In der Stadt befindet sich ein Campus der Ingenieurschule ECAM-EPMI.
Hans Arp (1886–1966), deutsch-französischer Maler, Bildhauer und Dichter, fand zusammen mit seiner Frau Sophie Taeuber in Grasse von 1940 bis 1942 Zuflucht vor den Nazis
Kay Boyle (1902–1992), amerikanische Journalistin und Schriftstellerin, lebte und arbeitete 1926 zusammen mit Ernest Walsh, dem Herausgeber von „This Quarter“, in Grasse, bis Letzterer ein Jahr später verstarb
Iwan Bunin (1870–1953), russischer Schriftsteller und Nobelpreisträger, verbrachte mehrere Jahre seines Exils (1939–1945) in Grasse, wo er seine Sammlung von Liebesgeschichten „Dunkle Aleen“ schrieb
Augustin Grimaldi (1482–1532), Bischof von Grasse, später Fürst von Monaco
Ferdinand Springer (1907–1998), deutscher Maler und Grafiker, lebte, arbeitete und starb in Grasse
Sophie Taeuber-Arp (1889–1943), Schweizer Malerin, Bildhauerin und Tänzerin, verbrachte mit ihrem Mann Hans Arp, auf der Flucht vor den Nazis, in Grasse ihre letzten Lebensjahre