Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg hat jeder Wähler nur eine Stimme, mit der sowohl der Direktkandidat als auch die Gesamtzahl der Sitze einer Partei im Landtag ermittelt werden.[6] Dabei gibt es keine Landes- oder Bezirkslisten, stattdessen werden zur Herstellung des Verhältnisausgleichs unterlegenen Wahlkreisbewerbern Zweitmandate zugeteilt.
Die Vergabe der Zweitmandate erfolgte bisher auf der Ebene der Regierungsbezirke in der Reihenfolge der absoluten Stimmenzahlen. Bedingt durch die überdurchschnittliche Größe des Wahlkreises war es im Wahlkreis Nürtingen für Bewerber der kleineren Parteien daher vergleichsweise leicht, ein Landtagsmandat zu erringen. Das begünstigte die Entwicklung zu einem Prominentenwahlkreis. Mit dem SPD-Landesvorsitzenden Nils Schmid, dem grünen Fraktionsvorsitzenden Winfried Kretschmann und dem früheren FDP-Fraktionsvorsitzenden Ulrich Noll sind hier derzeit gleich drei Parteien mit Spitzenpolitikern auf Landesebene vertreten. Durch die zur Wahl 2011 vorgenommene Änderung, nach der künftig der Stimmenanteil für die Zuteilung der Zweitmandate maßgeblich ist, war der erneute Gewinn eines Nürtinger Zweitmandates für die SPD unwahrscheinlich. Nils Schmid kandidierte daher zur Landtagswahl 2011 im für die SPD sicheren Wahlkreis Reutlingen.[7]
Den Wahlkreis Nürtingen vertraten seit 1976 folgende Abgeordnete im Landtag:
Zur Landtagswahl 1984 stellten die Grünen aufgrund eines Fristversäumnisses keine Kandidaten in den drei Wahlkreisen des Landkreises Esslingen auf. Dadurch wurde in Verbindung mit der Zweitmandatsregel indirekt der Landtagseinzug des FDP-Kandidaten Bergmann begünstigt.
Zur Landtagswahl 1992 kandidierte im Wahlkreis Nürtingen der als „Remstal-Rebell“ bekannte Bürgerrechtler Helmut Palmer als parteiloser Einzelbewerber und trug so entscheidend dazu bei, dass keine der drei kleineren Parteien ein Zweitmandat erringen konnte. Leidtragender war vor allem Winfried Kretschmann (Grüne), der sein Mandat trotz Stimmenzuwachses mit 207 Stimmen Rückstand auf Reinhard Hackl (Böblingen) verlor. Bei der Wahl 1980 hatte Kretschmann selbst sein Mandat allerdings mit nur 29 Stimmen Vorsprung auf Willi Hoss (Stuttgart I) gewonnen.[8]