Paula Beer wuchs in Mainz als einziges Kind eines Künstlerpaares auf.[3] Im Alter von acht Jahren nahm sie an einem Theaterkurs teil, der ihr eigenen Angaben zufolge die Freude an der Schauspielerei vermittelte: „Ich hatte große Angst davor, aber einmal auf der Bühne, hatte ich ein Gefühl der Fülle“, so Beer.[2] Nachdem die Familie 2007 nach Berlin umgezogen war, besuchte sie eine Montessori-Schule. Weitere Schauspiel- und Tanzerfahrungen sammelte sie ab dem zwölften Lebensjahr mit dem Jugendensemble des Berliner Friedrichstadtpalasts, dem sie vier Jahre angehörte.[3][4] 2013 absolvierte sie ihr Abitur[5] und zog im Anschluss nach Paris.[3]
Debüt im Film
Im Jahr 2009 wurde Beer als 14-jährige Schülerin an ihrer Berliner Schule von einer Schauspielagentin angesprochen und zum Casting für Chris Kraus’ Spielfilm Poll (2010) eingeladen. Obwohl Beer über wenig Schauspielerfahrung verfügte, setzte sie sich gegen mehr als 2500 Kandidatinnen durch und erhielt die Hauptrolle.[6] In dem Historiendrama war Beer als vierzehnjährige Halbwaise Oda zu sehen, die im Sommer 1914 auf das titelgebende Landgut ihrer aristokratischen Familie ins Baltikum reist.
Dort widmet sich ihr Vater (gespielt von Edgar Selge) bizarren anatomischen Studien, während sich Oda in einen verwundeten estnischen Anarchisten (Tambet Tuisk) verliebt, den sie heimlich gesund pflegt. Obwohl Chris Kraus angab, dass Beer – wie andere Kandidatinnen – nicht unbedingt die Beste in Sachen Technik oder Schnelligkeit gewesen sei, lobte er ihr großes Talent und ihre Herangehensweise an die Rolle, die sich an die Biografie seiner Großtante Oda Schaefer anlehnt.[7] Aufgrund der Authentizität hatte er auf der Besetzung einer gleichaltrigen Schauspielerin bestanden.[7] Beer erhielt vor den Dreharbeiten, die im Sommer 2009 an der südestnischen Ostseeküste stattfanden, Schauspielunterricht und schrieb ein Tagebuch aus der Sicht ihrer Rolle, das später auch im Film Verwendung fand. Poll brachte Beer großes Kritikerlob ein.[8][9][10]
Für die Darstellung der Luzi erhielt sie eine Nominierung für den Österreichischen Filmpreis. Ebenfalls auf der Berlinale wurde Volker Schlöndorffs französisch-deutsche Koproduktion Diplomatie gezeigt, in dem sie ursprünglich an der Seite von Niels Arestrup und André Dussollier gedreht hatte. Der Part der Ingrid fiel aber dem Schnitt zum Opfer.
Dennoch gab Beer an, viel von Schlöndorff, Arestrup und Dussollier gelernt zu haben.[2] Auch blieb sie eigenen Angaben zufolge in Paris, um ihr Französisch zu verbessern.[11]
2015 gab Beer ihr Fernsehdebüt neben Sven Gielnik und Joachim Król in Kai WesselsPampa Blues. In der Verfilmung des gleichnamigen Jugendromans von Rolf Lappert war sie als forsche Lena zu sehen, die sich als Reporterin ausgibt, um unter den verschrobenen Einwohnern eines schwäbischen Provinzkaffs ihren leiblichen Vater zu finden. Im selben Jahr porträtierte Beer in Theresa von Eltz’ 4 Könige gemeinsam mit Jella Haase, Jannis Niewöhner und Moritz Leu vier Jugendliche, die freiwillig das Weihnachtsfest in der Psychiatrie verbringen. Beer übernahm den Part der Alex, die von den Besitzansprüchen ihrer depressiven Mutter erdrückt wird. Die Fachkritik lobte das Spiel der vier Jungdarsteller[12] und 4 Könige wurde bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises mit dem Filmpreis in Bronze in der Kategorie „Bester Spielfilm“ ausgezeichnet. Im Sommer 2015 besuchte Beer einen Schauspielkurs der Drama Summer School der LondonerGuildhall School of Music and Drama.[13]
2016 folgte die Veröffentlichung von François Ozons Kinofilm Frantz, der eine Einladung in den Wettbewerb der 73. Internationalen Filmfestspiele von Venedig erhielt und Beer den Marcello-Mastroianni-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin einbrachte.[14] In dem größtenteils in Schwarzweißbildern konzipierten Melodram ist Beer als Verlobte eines im Ersten Weltkrieg an der französischen Front gefallenen deutschen Soldaten zu sehen, die im Jahr 1919 in Quedlinburg einem mysteriösen französischen Ex-Soldaten (dargestellt von Pierre Niney) begegnet. Beer hatte nach ihrer Verpflichtung für Frantz sechs Wochen Zeit gehabt, den Part der Anna auf Deutsch und Französisch einzustudieren. Beim Dreh unterstützten sich Beer und Spielpartner Niney gegenseitig bei Problemen in der jeweils fremden Sprache.[11] Ozon bemerkte an Beer, die im Film zwischen deutscher und französischer Sprache hin- und herwechselt, etwas Schelmisches und sehr Melancholisches. Er lobte ihr schauspielerisches Spektrum, ihre Glaubwürdigkeit und Fotogenität: „Sie war erst zwanzig Jahre alt, aber ihr Spiel zeugte von großer Reife. Sie konnte sowohl die Unschuld eines Mädchens verkörpern, als auch die Kraft einer Frau“, so Ozon über Beer.[15] Der Film zog Vergleiche mit der jungen Romy Schneider nach sich, und nach den Dreharbeiten an Frantz verbrachte Beer einen Monat in Marseille, um weiter ihr Französisch zu verbessern.[2]
2017 erhielt Beer für ihre Leistung in Frantz Nominierungen für die französischen Filmpreise César und Prix Lumières, jeweils als Beste Nachwuchsdarstellerin, sowie für den Europäischen Filmpreis als Beste Darstellerin.
↑Vita bei agentur-lambsdorff.de (abgerufen am 29. August 2016).
↑„La Biennale di Venezia – Official Awards of the 73rd Venice Film Festival“. Abgerufen am 10. September 2016 (labiennale.org (Memento vom 16. September 2016 im Internet Archive)).
↑Info-Faltblatt zum Kinostart von Frantz, X Verleih.
↑Carolin Ströbele: Christian Schwochow: „Dein Selbstwert lässt sich in Zahlen ausdrücken“. Hrsg.: Die Zeit. 21. Februar 2018 (zeit.de [abgerufen am 4. März 2018]).