Dieser Artikel behandelt den Ort im Engadin. Zu weiteren Orten dieses Namens siehe Sankt Moritz, zu gleichnamigen Orten im französischen Sprachraum siehe St-Maurice, zum namengebenden Heiligen siehe Mauritius (Heiliger), zu St.-Moritz-Kirchen siehe Mauritiuskirche.
Die Gemeinde St. Moritz besteht aus den zusammengefassten Ortsteilen St. Moritz-Dorf, St. Moritz-Bad, Suvretta und der einen Hälfte des zwei Kilometer entfernten Champfèr – die andere Hälfte von Champfèr gehört zu Silvaplana.
St. Moritz-Dorf (1822 m) liegt am steilen Nordufer des St. Moritzersees, das vom Inn durchflossene St. Moritz-Bad (1774 m) und Champfèr (1825 m) auf je einer Ebene südwestlich des St. Moritzersees.
In südwestlicher Richtung zwischen St. Moritz und Maloja liegt die Engadiner Seenplatte, die aus dem St. Moritzer-, Champfèrer-, Silvaplaner-, Hahnensee und Silsersee besteht. Die Höhendifferenz vom St. Moritzersee bis zum 15 Kilometer entfernten Malojapass beträgt nur knapp 50 Meter. Östlich von St. Moritz liegen der Stazerwald und die Charnadüra-Schlucht, durch die man auf die 50 Meter tiefer gelegene nächste grosse Ebene gelangt, die bis ins 20 Kilometer entfernte S-chanf nur 60 Höhenmeter Gefälle aufweist.
Der Hausberg, auf dem auch das 23 Anlagen umfassende Winterskigebiet liegt, heisst Corviglia und Piz Nair (3057 m) und liegt nördlich des Dorfes. Etwas weniger bekannt und weiter westlich, aber durch seine Höhe und Form imposanter ist der Piz Güglia/Julier (3380 m).
Klima
Für die Normalperiode 1991–2020 beträgt die Jahresmitteltemperatur 2,3 °C, wobei im Februar mit −8,4 °C die kältesten und im Juli mit 12,3 °C die wärmsten Monatsmitteltemperaturen gemessen werden. Die MeteoSchweiz-Wetterstation befindet sich 5 km Luftlinie entfernt in der Gemeinde Samedan und liegt auf einer Höhe von 1709 m ü. M.
In St. Moritz können Kaltluftseen gebildet werden, und folglich können vor allem im Winter Nächte sehr kalt sein. An 227 Tagen des Jahres sinkt die Temperatur unter 0 Grad. Selbst im Juli gibt es durchschnittlich bis zu zwei Frosttage. Sommertage wurden in der Normperiode 1991–2020 durchschnittlich nur 3,1 pro Jahr verzeichnet. Laut KöppensKlimaklassifikation gehört Samedan zum subarktischen Bereich (Dfc).
Die Datierung des Lärchenholzes der prähistorischen St. Mauritius-Quellfassung zeigte, dass die Heilquellen bereits in der Bronzezeit vor über 3400 Jahren bekannt waren. Die Anwesenheit der Römer in der Antike ist durch Funde belegt.
Mit der Eröffnung des ersten Hotels, des Kulm-Hotels, im Jahre 1856 begann die Entwicklung des Tourismus und des Wintersports in dem Ort.
Dank innovativen Einheimischen und Gästen konnte St. Moritz mehrfach als erste Gemeinde in der Schweiz technische Neuigkeiten präsentieren, so zum Beispiel das erste elektrische Licht (Weihnachten 1878), den ersten Motorflug in der Schweiz (1910) und den ersten Skilift (1935). Der später exilierte Prinz Nikolaus[8] aus dem Königreich Rumänien erwarb die vom Architekten Karl Koller entworfene Villa Marguns. Der Prinz war 1919 erstmals angereist.
St. Moritz liess um 1930 als erster Ort ein Symbol («Die Sonne von St. Moritz» des Zürcher Grafikers Walter Herdeg)[9] juristisch schützen, und seit 1986 ist der Schriftzug mit Signet (St. Moritz, TOP OF THE WORLD) markenrechtlich geschützt. Letzteres war eine Initiative von Hans Peter Danuser, dem langjährigen Kur- und Verkehrsdirektor (von 1978 bis 2008).
Seit 1. Januar 2019 ist der Sänger und Entertainer Christian Jott Jenny, der 2008 das Festival da Jazz in St. Moritz gegründet hat, Gemeindepräsident.
Obwohl sich die Bevölkerung zwischen 1803 und 1870 von 183 auf 400 Personen mehr als verdoppelt hatte, war St. Moritz bis 1880 ein kleines Dorf. Innerhalb dreier Jahrzehnte folgte ein Bevölkerungswachstum von 394 (1880) auf 3'197 Einwohner (1910; +711 %). Infolge eines Rückgangs des Fremdenverkehrs sank die Bevölkerung in den 1910er-Jahren bedeutend und wuchs daraufhin bis 1930 auf einen neuen Höchststand von 3'968 Personen an. 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, wurden nur noch 2'418 Einwohner gezählt. Zwischen 1950 und 1980 folgte ein weiterer starker Bevölkerungsschub von 2'558 auf 5'900 Personen (+131 %). Seit diesem Höchststand sinkt die Einwohnerzahl erneut (1980–2005: −13 %).
Herkunft und Nationalität
Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit (Volkszählung)
Von den Ende 2005 5'121 Bewohnern waren 3'382 (= 66 %) Schweizer Staatsangehörige. Die letzte Volkszählung zeigte den internationalen Charakter der Einwohnerschaft und ergab folgendes Bild: Insgesamt zählte man damals nebst den 3'527 Schweizern 2'062 Ausländer (= 37 %).
Religionen und Konfessionen
St. Moritz nahm erst 1577 die Reformation an, später als die meisten anderen Engadiner Gemeinden. Heute ist die Gemeinde infolge starker Zuwanderung aus Südeuropa (vor allem Italien und Portugal) konfessionell gemischt. Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2000 gab es 3137 Katholiken (56 %), 1736 Protestanten (31 %), 124 Orthodoxe (2 %), 351 Konfessionslose (6 %) und kleine Minderheiten an Muslimen und Juden (43 respektive 16 Personen). 165 Einwohner machten keine Angabe zu ihrem Glaubensbekenntnis.
Sprachen
Die ursprüngliche Sprache Puter, ein Idiom des Bündnerromanischen, wurde schon 1880 nur noch von 50,2 % der Einwohnerschaft gesprochen. Verdrängt wurde es nicht nur vom Deutschen, sondern auch vom Italienischen. 1900 hatte Italienisch eine relative Mehrheit (mit 31 %), ebenso 1910. Mittlerweile dominiert Deutsch deutlich, gefolgt von Italienisch. Das Romanische verlor hingegen kontinuierlich an Boden: 1941 gaben noch 20 % und 1970 8 % der Einwohner Romanisch als Muttersprache an. Nur 13 % der Bevölkerung konnten sich im Jahr 2000 auf Romanisch verständigen – der mit Abstand tiefste Wert aller Oberengadiner Gemeinden. Die Tabelle zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte.
Nach Deutsch und Italienisch ist Portugiesisch mit 7 % Bevölkerungsanteil die dritthäufigste Sprache. Seit dem Einstellen der romanischen Zeitung Fögl Ladin erscheint die Engadiner Post zweisprachig als Engadiner Post / Posta Ladina.
Der Gemeinderat bildet zusammen mit der Gemeindeversammlung die Legislative der Gemeinde St. Moritz. Er besteht aus 17 Mitgliedern und wird alle vier Jahre vom Volk im Majorzverfahren neu gewählt. In der Legislaturperiode 2019–2022 haben nach einer Nachwahl am 19. Juli 2020 infolge eines Rücktritts die Parteien folgende Sitzstärken: FDP 7 Sitze, CVP 5 Sitze, Parteilose 3 Sitze, SVP und Gruppe der Unabhängigen je 1 Sitz.[11]
Exekutive
Der Gemeindevorstand bildet die Exekutive von St. Moritz. Es handelt sich um eine fünfköpfige Kollegialbehörde, die alle vier Jahre vom Volk im Majorzverfahren neu gewählt wird. Sie besteht aus dem Gemeindepräsidenten und vier Departementsvorstehern.
Wahrzeichen von St. Moritz-Dorf ist der Schiefe Turm,[12] ein Rest der im 19. Jahrhundert abgebrochenen Mauritiuskirche aus der Zeit um 1500.
Das Segantini Museum beherbergt eine grosse Sammlung von Werken des Künstlers Giovanni Segantini. Eine mehrtägige Wanderung namens Senda Segantini verbindet Stationen aus dem Leben des Malers.[13]
Im Engadiner Museum sind kulturhistorische und volkskundliche Sammlungen ausgestellt. Es ist in einem von Nicolaus Hartmann im Engadiner Stil entworfenen Gebäude untergebracht.
Panoramabild über St. Moritz-Bad und den St. Moritzersee, von der Corviglia aus gesehen
Verkehr
Bahnverkehr
Im Jahr 1904 erhielt St. Moritz mit der von Thusis im Norden kommenden Albulabahn eine Anbindung an das Netz der Rhätischen Bahn (RhB). 1909 folgte die Inbetriebnahme der Berninabahn, die St. Moritz mit Tirano in Italien verbindet. Von Bever an der Albulabahn aus gibt es mit der Engadinerlinie seit 1913 eine Verbindung nach Scuol.
Für den lokalen Verkehr im Engadin haben sich die Rhätische Bahn, PostAuto Schweiz, Engadin Bus und der Ortsbus St. Moritz zum Verbund engadin mobil zusammengeschlossen.[30]
Flughafen
Für den Individualverkehr steht neben den gut ausgebauten Alpenpässen auch der Engadin Airport im fünf Kilometer entfernten Samedan zur Verfügung.
Standseilbahnen
Mit der Corvigliabahn wird seit 1928 der St. Moritzer Hausberg Corviglia erschlossen. Die erste, gut 400 m lange Sektion, die Chantarellabahn, wurde bereits 1913 eröffnet und diente ursprünglich auch der Erschliessung der Villen unterhalb des Hotels Chantarella. Die drei entsprechenden Haltestellen wurden vor Jahrzehnten aufgehoben.
Ehemalige Strassenbahn
Von 1896 bis 1932 verkehrte zwischen St. Moritz-Bad und St. Moritz-Dorf die Strassenbahn St. Moritz.
Die Skischule St. Moritz, The red legends, wurde als erste Skischule der Schweiz von Giovanni Testa und Freunden 1929 in St. Moritz gegründet und gilt heute als die grösste Skischule der Schweiz.[32] Sie beschäftigt rund 350 ausgebildete Schneesportlehrer aus über 14 Nationen.[33] Giovanni Testa leitete die Skischule St. Moritz während 12 Jahren. Einer seiner Nachfolger wurde der Olympiasieger im Slalom der Olympischen Winterspiele von 1948 in St. Moritz Edy Reinalter.[34]
Bob und Skeleton
Der Skeleton-Sport hat in St. Moritz seine Wurzeln. In der Wintersaison 1884/1885 wurde der berühmte St Moritz Tobogganing Club gegründet. Die Cresta Run genannte Bahn wird von dem britischen Privatklub betrieben und jeden Winter von neuem aufgebaut.
1889 wurde der erste Bob in St. Moritz gebaut, und 1892 fand das erste Bobrennen in St. Moritz statt. Auch die Olympia Bob Run genannte Natureisbahn wird jedes Jahr zur Wintersaison neu aufgebaut. 2013 fanden hier die Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaften statt.
Seinem Ruf als mondäner Tourismusort wird St. Moritz auch mit einem Angebot an exotischen Sportarten wie dem Tobogganing, Cricket on Ice und den Pferderennen sowie Polo auf Schnee gerecht.
Die Bar Devil’s Place des Hotels Waldhaus am See bietet laut Guinness-Buch der Rekorde mit über 2500 Sorten die grösste Auswahl an Whiskys der Welt an.[38]
Mario Florin: Bündner Belle Epoque. Das Fotoatelier Lienhard & Salzborn in Chur und St. Moritz. Chur 2004, ISBN 3-9521724-8-0.
Heini Hofmann: Gesundheitsmythos St. Moritz. Sauerwasser, Gebirgssonne, Höhenklima. 3. Auflage. Gammeter Druck und Verlag, St. Moritz 2017, ISBN 978-3-9524798-0-3 (1. Auflage 2011).
Monika Oberhänsli: St. Moritz – Mauritiusquelle Die bronzezeitliche Quellfassung. Somedia, Chur 2017, ISBN 978-3-906064-92-5.
Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden III. Die Talschaften Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin. (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 11). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1940. DNB760079625.
St. Moritz auf der Plattform ETHorama (interaktive Karte und digitalisierte Dokumente, die einen direkten Bezug zur Schweiz haben und geografisch mit einem bestimmten Ort verbunden sind; deutsch)
↑Deutschschweizer sprechen den Ortsnamen mit Betonung auf dem «i» aus, entsprechend der Betonung des ursprünglichen romanischen Namens. Deutsche hingegen verwenden mehrheitlich die Aussprache [ˌsaŋktˈmoːʀits], also mit Betonung auf dem «o», das zudem gelängt wird.
↑Diana Mandache: Exil şi rivalități. Principele Nicolae (= Filip-Lucian Iorga [Hrsg.]: Colecție Istorie cu blazon). Editurii Corint Books, Bucureşti 2024, ISBN 978-6-06088483-5, S.57.